Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




12. Januar 2011
Thomas Vorwerk
für satt.org


  The Green Hornet (R: Michel Gondry)
The Green Hornet (R: Michel Gondry)
The Green Hornet (R: Michel Gondry)
Bildmaterial © 2010 Sony Pictures Releasing GmbH
The Green Hornet (R: Michel Gondry)
The Green Hornet (R: Michel Gondry)
The Green Hornet (R: Michel Gondry)


The Green Hornet
(R: Michel Gondry)

USA 2011, Buch: Seth Rogen, Evan Goldberg, Vorlage (Radioshow): George W. Trendle, Kamera: John Schwartzman, Schnitt: Michael Tronick, Musik: James Newton Howard, Production Design: Owen Paterson, mit Seth Rogen (Britt Reid / The Green Hornet), Jay Chou (Kato), Christoph Waltz (Benjamin Chudnofsky), Cameron Diaz (Lenore Case), Tom Wilkinson (John Reid), Edward James Olmos (Axford), David Harbour (Scanlon), Edward Furlong (Tupper), Jamie Harris (Popeye), Joshua Chandler Erenberg (Young Britt), Analeigh Tipton (Ana Lee), 119 Min., Kinostart: 13. Januar 2011

Michel Gondrys Drehbücher zu seinen letzten beiden Spielfilmen The Science of Sleep und Be Kind Rewind waren zwar voller spinnerter Ideen, aber die eigentlichen Plots standen in keinem Verhältnis zu seinen früheren Regiearbeiten Human Nature und Eternal Sunshine of the Spotless Mind, zu denen noch Charlie Kaufman die bahnbrechenden Drehbücher lieferte. Zu The Green Hornet soll Gondry schon vor einiger Zeit einen Drehbuchentwurf geliefert haben, doch verfilmen durfte er nun das Skript von Seth Rogen und Evan Goldberg, den vermeintlichen Drehbuch-Masterminds hinter Pineapple Express (das war jetzt schon nicht mehr ironisch, sondern klar sarkastisch).

The Green Hornet ist sozusagen die teurere, jugendfreiere Version von Pineapple Express. Es geht zwar nicht um Drogen, aber erneut um eine ungleiche Männerfreundschaft, bei der Seth Rogen mit ernstzunehmenden Gangstern konkurrieren will, dabei aber trotz Tölpelhaftigkeit und moralisch dubiosem Standpunkt (»Friss meinen Fuß!« ruft er hier einem Schlägertypen zu, während er ihm ins Gesicht tritt) als Identifikationsfigur herhalten soll. Das ist hier zwar nicht ganz so grenzwertig wie in Observe and Report, aber man hat doch das Gefühl, dass abgesehen von 13-jährigen Jungs längst nicht jeder nachvollziehen kann, warum der Titelheld hier auch die Hauptfigur sein muss. Britt Reid ist ein verwöhnter Millionärserbe, der wirkt wie Dirk Bach als James Bond: Etwas moppelig, etwas dusselig, dauernd mit scharfen Frauen um ihn herum, doch man bezweifelt, dass er weiß, was er damit anfangen soll (sowohl die Heteroliebschaften als auch die homoerotisch aufgeladene Männerfreundschaft werden hier jugendfrei »angerissen«, in Sachen Brutalität hingegen versuchte man wohl bei der anvisierten Altersfreigabe ab 12 lieber zu klotzen als zu kleckern).

Dann stirbt auch noch sein spaß-resistenter Vater (Tom Wilkinson), und statt sich um die väterliche Zeitung zu kümmern, entdeckt Britt seinen weitaus cooleren »Diener« Kato (Jay Chou, ein Mega-Popstar in Taiwan und Asien), der nicht nur perfekten Kaffee kocht, sondern wie sein Vorbild aus der Green Hornet-Fernsehserie Bruce Lee Kampfkünste beherrscht - und noch nebenbei wie Q mehrere kugelsichere Autos mit allerlei Sonderausstattungen zusammenbastelt. Britt erklärt Kato kurzerhand zu seinem namenlosen Sidekick und legt sich mit der Unterwelt an - wobei Kato ihm mehrfach das Leben rettet, dafür aber wenig Gegenliebe erntet.

Außerdem gibt es da noch eine Sekretärin (Cameron Diaz) und einen Unterwelt-Boss (Christoph Waltz), die auf die eine oder andere Art aufs Kreuz gelegt werden sollen - was sich aber als schwieriger als gedacht erweist.

Wenn man Britt Reid in einer Rückblende als Kind sieht, sieht er ein bißchen aus wie der junge Gondry - und es ist außer Frage, dass sich hier zwei Kindsköpfe getroffen haben, die sicher viel Spaß beim Multi-Millionen-Dollar-Dreh hatten. Nur leider überträgt sich dieser Spaß nicht unbedingt auf den Kinozuschauer. Hin und wieder gibt es geniale Momente, sie es vom komödiantischen Timing (»Ich schmeiß’ die Scheibe ein und du schießt ...« --- »Jeder für sich!«) oder von der Inszenierung her (die Split-Screen-Sequenz). Aber es gibt weitaus mehr Sparwitze (die Synchronfassung mit allerlei »Arschgeigen«, »Vollhonks« und dem obligatorischen »Scheiß’ die Wand an« mag hier auch einiges verbockt haben), sinnlose Actionsequenzen und schlichte Angebereien als wirkliche Aha-Momente. Christoph Waltz hat zu Beginn einen wunderbaren Auftritt (»Du bist alt, du bist langweilig, du bist noch nicht mal gruselig!«), wird dann aber immer mehr zur Witzfigur, die angesichts der fehlenden Konsequenzen für unser Helden-Team auch nie wirklich bedrohlich wirkt. Britt und Kato kabbeln sich ein bisschen, trennen sich dann, und schließlich folgt der große Verrat ... keine Entwicklung, die man nicht jedes Jahr in fünfzig anderen Filmen sehen kann. Doch immer, wenn man den Film schon abhaken will, kommt wieder dieses kleine geniale Glitzern wie bei dem MacGuffin, der dem Film und seinem Titelhelden auf den Leib geschneidert ist (ein USB-Stick, der wie eine japanische Delikatesse aussieht).

Das Fazit zum Film ist dann auch ein Zitat daraus: »So bedauerlich diese Sache auch ist - das kann ja mal passieren.« Ich gebe Gondry noch nicht auf.