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7. September 2017 | Thomas Vorwerk für satt.org | ||||
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It comes at Night
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Vorführungen beim Fantasy Filmfest:
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USA 2017, Buch: Trey Edward Shults, Kamera: Drew Daniels, Schnitt: Trey Edward Shults, Matthew Hannam, Musik: Brian McOmber, Production Design: Karen Murphy, Art Direction: Naomi Munro, mit Joel Edgerton (Paul), Kelvin Harrison jr. (Travis), Carmen Ejogo (Sarah), Christopher Abbott (Will), Riley Keough (Kim), David Pendleton (Bud), Griffin Robert Faulkner (Andrew), 94 Min., Kinostart: 18. Januar 2018
Die Besetzung des Elternpaars im Fokus dieser Geschichte ist schon mal ein kleiner Geniestreich: Joel Edgerton (zuletzt u.a. in: Loving) und Carmen Ejogo (zuletzt u.a. in: Born to be Blue) geben einem hier durch ihre Wiederholungstaten das (durchaus stimmige) Gefühl, dass Ehen von Partnern mit unterschiedlichen Hauttönen inzwischen (die anderen beiden Filme beschreiben historische - und dadurch problembelastete - Präzedenzfälle) etwas ganz normales sind. In der Filmwelt von It comes at Night interessiert sich für dieses Detail niemand auch nur die geringste Spur. Und das ist auch gut so.
Dass man beim Marketing des Films Carmen Ejogo auffällig stiefmütterlich behandelt und stattdessen Riley Keough (Mad Max: Fury Road, American Honey, Logan Lucky), ein angesagtes kaukasisches Model, das im Film erst auftaucht, als der schon halb vorbei ist, macht diese Fortschrittlichkeit leider schon wieder ein wenig zunichte - aber meinetwegen sei der aufstrebenden Newcomerin die Aufmerksamkeit gegönnt, immerhin bereichert sie den Film um einen sehr interessanten Handlungsstrang.
© 2017 Universum Film GmbH
It comes at Night legt zwar großen Wert auf das Gruselmoment (viele Szenen in der Dunkelheit, bei denen man dann oft das eigentlich erschreckende gar nicht unbedingt sieht), aber der Film steht und fällt mit dem, was er über die Probleme der Gesellschaft erzählt. Die Geschichte an sich hat man schon öfters gesehen, gerade in Old-School-Filmen von George A. Romero: Eine eigentümliche Krankheit wütet unter der Menschheit, aber die Veränderung der Überlebenden und Überlebenswilligen wiegt schwerer als die drohende Ausrottung der Menschheit.
So wie man in jedem Romero-Zombie-Film die Brutalität der verbliebenen Menschen über die eigentliche Gefahr der Zombies stellt (von seinen Crazies oder Richard Mathesons I am Legend gar nicht zu sprechen), so wird dieser Aspekt hier noch deutlicher, weil man die eigentliche Bedrohung fast minimalistisch ausspart und sich ganz auf den Paranoia-Aspekt konzentriert.
Gleich zu Beginn des Films gibt es eine sehr emotionale Szene, bei der die allein in einem verschotteten Waldhaus lebenden Paul (Edgerton), Sarah (Ejogo) mit ihrem Sohn Travis (Kelvin Harrison jr.) den infizierten Großvater Bud (David Pendleton) erschießen, verbrennen und verscharren.
© 2017 Universum Film GmbH
Über den Ausbruch oder die Merkmale der Krankheit erfährt man fast nichts. Keine gruseligen Fernsehnachrichten, keine leerstehenden Ortschaften mit verstreuten Leichen. Alles spielt sich im (oftmals dunklen) Wald ab und das gesamte Schauspielensemble des Films schafft nicht mal den Sprung in die Zweistelligkeit. Dadurch wirkt das Ganze ein wenig wie die minimalistische Kammerspiel-Fassung von The Road, wobei man den Zustand der ungezeigten Menschheit einfach glauben kann oder das Nichtglauben zur Handlung dazuaddieren kann.
Everything he said could be a lie.
Die These, dass ein Großteil der Geschichte sich in der Einbildung einer der Figuren (vermutlich Paul oder Travis) abspielt, ist naheliegend. Okay, man sieht, dass es dem Großvater zu Beginn nicht besonders gut ging, und ein Treffen mit anderen Überlebenden fällt lebensbedrohlich aus, aber vom Zuschauer zu erwarten, einfach jede Aussage von teilweise wenig verlässlichen Figuren für bare Münze zu nehmen ... das stellt den Film ein wenig auf wacklige Füße.
© 2017 Universum Film GmbH
Man muss sich einfach auf die Geschichte einlassen. Auf das dezidiert langsame Erzähltempo, auf die Tendenz, lieber weniger als mehr zu erklären, und letztlich ganz besonders auf die Erzählfigur des Travis, der im Gegensatz zu den zwei glücklichen Ehepaaren und dem kleineren Andrew mitten in der Pubertät steckt und sich dabei ganz auf die einzige weibliche Figur in seinem Umfeld konzentriert, die nicht seine Mutter ist.
Der hormongesteuerte pubertäre Blick auf die nur wenige Jahre ältere Kim (Riley Keough), der hier Hand in Hand mit der Angst vor der Infektion geht, erinnerte mich sehr an Charles Burns' Black Hole (eine Aids-Analogie unter Heranwachsenden) und war für mich das Interessanteste am Film.
Doch It comes at Night gefällt sich sehr darin, verschiedene Themenkomplexe unterschiedlich kurz anzureißen, sich aber der Erwartungshaltung des Publikums vehement zu verschließen. Das kann manchmal immens spannend sein, aber funktionierte diesmal nur eingeschränkt für mich.
© 2017 Universum Film GmbH
Im Gespräch mit einer Kollegin nach dem Film fand ich deren Interpretationsansatz, der sich um Travis und seine Faszination für den Tod drehte (etwas zu plakativ über einen Bruegel-Druck umgesetzt), ganz interessant, was meinen Blick auf den Film etwas versöhnlicher gestaltete - aber auch wenn der Film sehr interessant ist (was bei Horrorfilmen schon mal ein sehr positives Merkmal ist), so wurde ich doch nie wirklich warm mit der Prämisse, dem Aufbau und dem Verlauf.
Metaphorik ist ja oft eine tolle Sache, aber die blutrote Tür am Ende des Korridors war mir um einige Schichten zu dick aufgetragen. Und die Entfremdung zwischen Travis und seinem Vater, dessen persönlicher Wahn und Travis' Alpträume erfahren für meinen Geschmack nicht die gebührende »Aufklärung« im Film, der für mich sowohl auf der Handlungs- als auch auf der metaphorischen Ebene einfach eine befriedigende Geschlossenheit vermissen lässt.
Ich nehme zwar an, dass Regisseur Shults den Kontrast zwischen den Innenwelten von Travis und dem gerade in seiner Harmonie erschreckenden Endbild ganz konkret beabsichtigt hat, aber für mich bleibt der Film - gerade durch sein Ende - zwiespältig.
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