Wo Seeadler schnäbeln
& der Marmorkarpfen ditscht
Sport-Fischer Verein »Nord-West« e.V.
Das Wort Sport leitet sich vom englischen Wort disport (Zeitvertreib) und dem französischem Wort desport (ebenfalls Zeitvertreib) ab. Zugrunde liegt beiden Worten das lateinische disportare (sich auseinander tragen, sich zerstreuen).
Die ersten Sportfischerclubs wurden, natürlich, vor über 100 Jahren in England gegründet.
Beim Sportfischerverein »Nord-West« wird der Zerstreuung eine ganz besondere Bedeutung beigemessen.
Der »nicht förderungswürdige Verein«, wie der Vorsitzende Herr Littmann bemerkt, wurde im Jahre 1947 als AV Tiergarten, das AV stand für Angelverein, gegründet. Er war eine reine Neugründung, die ausnahmslos männlichen Gründungsmitglieder kamen aus Moabit und fanden sich jede Woche am Stichkanal ein, wo sich heute der Berliner Großmarkt befindet.
Dort stand auch eine Vereinshütte, sie gab den Anglern Schutz vor Wind und Wetter und wurde von den Mitglieder eigenhändig errichtet.
1953 kam es zur dramatischen Spaltung des Vereins, die Hälfte der Mitglieder wollte ein besseres Angelgebiet, wenigstens etwas Schilf sollte sein, der schnurgerade Kanal war ihnen zu langweilig geworden.
So wurde der Sport-Fischer Verein »Nord-West« e.V. von zehn Mitgliedern gegründet.
Heute hat er etwa 25 Mitglieder, die ihren Sport vorwiegend in Kladow, gegenüber der Insel Kälberwerder unweit der Pfaueninsel, ausüben.
Der Altersdurchschnitt ist ein hoher, er liegt heute bei etwa 60 Jahren, das Angeln ist eben ein kontemplativer Sport. Ein Nachwuchsproblem sieht man beim SFV N-W nicht, kommt Zeit, kommt Neumitglied.
Früher führte der Verein Partnerschaftsangeln durch, heute steigen die Männer allein ins Boot, es sei denn, es findet ein Anglerverein-Wettkampf statt.
Seit etwa zehn Jahren finden dieser sportliche Wettkämpfe zwischen dem SFV N-W, dem AV Wedding, dem WV Heiligensee und dem Hechtsprung Groß-Glienicke statt.
Im alljährlich wiederkehrenden Hin-und Rückkämpfen wird hier der Sieger ermittelt.
Und das geht so:
Alle Mitglieder der Vereine haben selbstverständlich ein kleines Boot mit einem 5-20 PS starkem Motor.
Man trifft sich im allgemeinen um sechs Uhr in der früh, dann gibt es ein Frühstück, ausgerichtet vom jeweiligen Gastgeber, die Gastfreundschaft ist den Angelsportlern ein wichtiges Anliegen.
Nach dem Frühstück gibt der Umweltwart des Gastvereins die von der Wasserpolizei genehmigte Strecke bekannt. Der Umweltwart hieß bis vor kurzem noch Sportwart und muss sich nun aus wichtigen Gründen seit fünf Jahren Umweltwart nennen und nennen lassen.
Als nächstes werden die Besatzungen ausgelost, ebenso das zu befischende Gebiet.
Nun steigt jeweils ein Gastangler in das Boot eines gastgebenden Anglers. Die Boote legen ab, jeder Angler darf genau eine Rute benutzen, egal was für eine. Es wird den Weißfischen nachgestellt, die da heißen Plötze, Blei, Güster oder Rapfen.
Pünktlich elf Uhr finden sich alle Boote am Steg ein, der Fisch wird ausgepackt, gewogen, die Siegermannschaft bestimmt. Ein Preis wird vergeben, danach wird gefeiert.
Das Vereinsleben beim SFV N-W ist als rege zu titulieren, umweltbewusst sind die Sportfischer auch, jede Laube verfügt über Solarzellen zur Stromerzeugung, des weiteren kümmert sich der Verein um den Uferbewuchs, Naturpflege ist ihnen das A und O.
Gern geangelt werden Aal, Zander, Hecht und Karpfen.
Die Beute wird solidarisch geteilt, » …allen soll es gut gehen, keiner soll sich schlecht behandelt fühlen!«, sagt der Vorsitzende. Der begann vor 32 Jahren als Jugendwart beim Verein und ist heutzutage dafür verantwortlich « …dass wir im Verein in geordneten Verhältnissen unsere gesunde Lebensweise genießen können und die Kameradschaft pflegen können.«
Der Kormoran ist ihnen kein Feind, entgegen vieler Vorurteile, jedoch ist sein beißender Kot nicht erwünscht auf Laube und Boot. Ab und an zieht der Seeadler seine Kreise über ihren Köpfen, »wer die Natur kennt, muss sie lieben«, sagt Herr Littmann.
Jedes Mitglied beim SFV N-W absolvierte eine Sportfischerprüfung, danach darf man aufs Boot zum »Hegefischen«. Hegefischen heißt Abfischen der Weißfische, die in unseren Gewässern die Überhand gewonnen haben. Der 30 Kilo schwere Marmorkarpfen wird eher selten gefangen. Doch wenn er sich zeigt, dann:
»Ein Boot. Ein Mann. 30 Grad Wärme. Glatter See. Plötzlich kommen zehn, fünfzehn Biester hoch und glotzen ….«