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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




18. November 2019
Thomas Vorwerk
für satt.org


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Mittwoch, der 30. Oktober /
6. November / 13. November
(Woche 44-46)


Grundsätzliche Infos zu dieser Rubrik findet Ihr wie üblich auf unserer Erklärseite!



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13. November 2019 (Woche 46)
(Magere Komplettlieferung)


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  Folklords #25

Folklords #1 (of 5)

Writer: Matt Kindt; Artist & Cover: Matt Smith; Colorist: Chirs O'Halloran; Letterer: Jim Campbell; Boom Studios; $ 3,99

Die Prämisse dieses Heftes (oder dieser Serie) ist nicht komplett neu, aber immer noch erfrischend genug. Woe es unzählige Geschichten gibt, in denen meist ein Kind oder heranwachsender aus einer Welt, die der unseren stark gleicht, in eine Fantasie-Welt überwechselt (all die Lost Girls-Kinderbuchklassiker, The Magicians, Stephen Kings Bücher um The Dark Tower und The Talisman), wird hier einfach mal der Spieß umgedreht.

Ansel, der in einer typisch mittelalterlichen Fantasy-Welt lebt, hat nächtliche Visionen von einer Welt voller wunderhafter Dinge:

»There are buildings as tall as mountains. There are ships that fly through the air. Carriages that move without horses.«

In dieser Welt würde er gern leben, und so, wie sich in unserer Welt Menschen für LARPs als Wikingerkönige und was nicht alles verkleiden, hat Ansel sich auf irgendeine Art einen Anzug zurecht geschneidert, mit dem er vermutlich nicht mal auf der Wall Street schief angesehen würde. Unter den Dorfbewohnern, die seine Nachbarn, Freunde und Familienmitglieder sind, fällt er in diesem Aufzug allerdings so unangenehm auf wie ein vierter Daumen.

In einem bestimmten Alter machen sich die Jugendlichen hier jeweils auf, um auf einen quest zu gehen, so was wie die Suche nach dem Heiligen Gral, auch, wenn die Jungspunde hier unterschiedlich viel Fanatsie zusammenstottern, wenn sie ihr persönliches Ziel bei einem traditionellen Ritual proklamieren, ehe sie dann ganze Männer (oder Frauen) werden können.

Hierbei geht dann aber einiges schief, was den Comic gleich noch eine Spur interessanter macht, denn die sogenannten librarians, unter denen man sich normalerweise wissbegierige Sesselpupser vorstellen würde, erweisen sich als die Kontrollinstanz einer Art Polizeistaat, gegen den vorerst niemand aufzubegehren traut, und sie schreiben einfach mal die Regeln neu...

Folklords #1

© 2019 Matt Kindt & Matthew T. Smith. All rights reserved.

Wie gut, dass Ansel sich eh nicht an irgendwelche Regeln halten wollte, und so beginnt sein großes Abenteuer auf der Suche nach den bisher nicht wirklich verdeutlichten Folklords, bei der offensichtlich auch zwei Gleichaltrige eine Rolle spielen werden.

Autor Matt Kindt scheint einigermaßen bekannt zu sein (da habe ich noch was nachzuholen), ich kenne ihn bisher nur von den Ether-Miniserien, die ihn aber bereits als talentiert ausweisen. Zeichner Matt Smith, dessen &Oelig;uvre ich auch noch erkunden muss, könnte sich mit seinem klaren Strich in meinem Comickünstler-Pantheon etwa zwischen Jeff Smith (Bone) und Paul Smith (Leave it to Chance) einordnen. Habe aber keinen Schimmer, warum mir dazu nur Smiths einfallen.


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Genug gefaselt, will noch zu Edeka.

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Weitere gesammelte gelesene Neuerscheinungen aus Woche 46:
Black Hammer / Justice League: Hammer of Justice! #5 (of 5), Dollar Comics: Blackest Night #1, The Dollhouse Family #1, Edgar Allan Poe's Snifter of Terror Season 2 #2, Event Leviathan #6 (of 6), Fallen Angels #1, Family Tree #1, Far Sector #1, Ghosted in L.A. #5, Marvel Tales: Doctor Strange #1, Morbius the Living Vampire #1, Punisher: Soviet #1, Tales from the Dark Multiverse: Blackest Night #1, The Tomb of Dracula #10** [Facsimile Edition], Usagi Yojimbo #6 & X-Men #2*
*Zitat der Woche: »I shoulda brought a bigger gun.«
**Bonuszitat der Woche: »Ah, but first -- I thirst!«

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6. November 2019 (Woche 45)
(Komplettlieferung)



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  Spider-Man & Venom: Double Trouble #1

Spider-Man
& Venom:
Double Trouble
#1 (of 4)

Writer: Mariko Tamaki; Artist, Cover & Colorist: Gurihiru; Letterer: VC's Travis Lanham; Marvel Comics; $ 3,99

Auf Mariko Tamaki halte ich große Stücke, seit ich vor zehn Jahren einige Seiten »Auszug« aus dem mit ihrer Cousine Jillian zusammen erstellten Skim in Best American Comics 2009 entdeckte. Von diesem Team folgte später noch das mehrfach preisgekrönte This One Summer (auch auf Deutsch erschienen, kann mich nur nicht an den Titel erinnern), ehe die beiden unabhängig voneinander ihre Karriere fortführten. Jillian hat mit Supermutant Magic Academy, einer narrativ losen Sammlung von verspielten Einzelstrips, mein Herz angerührt, Mariko wurde Mainstream-Comic-Autorin, schrieb etwa Supergirl: Being Super (mit der damals noch recht unbekannten Joëlle Jones, die mittlerweile Catwoman größtenteils übernahm, dann folgte für Mariko unter anderem ein unter dem Titel Hulk erscheinender Run mit She-Hulk, sie durfte X-23 schreiben - und allein in diesem Jahr hat sie seit Beginn meiner TVOD-Phase für Harley Quinn: Breaking Glass verantwortlich gezeichnet und momentan als Co-Autorin Archie übernommen (nach der Lovestory mit Sabrina wird eine weitere »Liaison« mit Katy Keene ab Heft 710 beginnen).

Warum dieser lange Karriererückblick? Weil Mariko Tamaki sich inzwischen so beständig bewiesen hat, dass man ihr auch mal männliche Titelfiguren überlässt. Und das Ergebnis diesen Mutes: Das Heft war bereits am Erstverkaufstag vergriffen, ein second printing ist angekündigt.

Dabei entspricht Double Trouble so gar nicht dem Standard von Comics um »Schurkenheld« Venom, der normalerweise eher blutig unterwegs ist (vgl. auch das ausklingensde Absolute Carnage-Crossover-Event).

Tamaki, die häufig über die Abenteuer von Teenagern berichtet und das coming-of-age-Genre gut beherrscht, bietet hier eine (bisher) kindgerechte Version der Titelfiguren, bei der man sich am weitesten vom Erfahrungshintergrund des Zielpublikums entfernt, wenn man erklärt, dass Spidey und Venom eine gemeinsame WG bewohnen - was immerhin schon die Anwandlungen eines selbstverantwortlichen, »erwachsenen« Lebenstil umreißt.

Wobei sich aber eine WG mit Venom im günstigsten Fall (wenn man also keine Leiche in der Badewanne findet) wie eine durchgedrehte Folge der Muppet Show ausnimmt.

Spider-Man & Venom: Double Trouble #1

© 2019 Marvel

Die naheliegende Lektion, die Spider-Man hier erlernen muss: Lass Dich nicht von vermeintlichen Freunden ausnutzen! Denn Venom schnabuliert ihm seine Mahlzeiten weg, zahlt die Miete nicht und nimmt sich dann gegen Ende des ersten Heftes (ich verzichte auf diesen Spoiler) mal eine Freiheit heraus, die klar über die Rechte von Mitbewohnern hinausgeht - aber auch metaphorisch für die entgleisende Situation steht.

Während der Pubertät durchdringen viele Leser dies noch nicht, aber »kindgerechte« Comics müssen nicht weniger Spaß machen als andere - ganz im Gegenteil. Zwar spürt man in Double Trouble alle Nase, dass die Story sich eher so auf dem Level einer animierten TV-Serie wie Teen Titans Go! abspielt (unter anderem zieht Spider-Man auch zuhause sein Kostüm nicht aus und schwingt darin sogar zum Einkaufen), es geht nicht um Leben und Tod, sondern eher um unsachgemäße Hausmüllentsorgung, Mundraub in großem Stil (Vanilleeis) oder durchgedrehte Zimmerpflanzen, aber der cartoony Zeichenstil von Gurihiru (parallel für Superman smashes the Klan zuständig) macht einfach Freude, und Tamaki gibt ihm ausreichend Raum, sich auszutoben, wenn etwa eine Doppelseite wie ein Brettspiel ausgeführt wird oder nicht geringe Teile des Heftes so ausgelegt sind, dass man die captions zur bekannten Spider-Man-Melodie mitsingen kann.

Inwiefern bei Einhaltung des Tonfalls eine halbwegs ernstzunehmende Geschichte entstehen wird - oder ob alles eher wie eine Sitcom für Drittklässler ablaufen wird, wird sich zeigen. Aber Double Trouble bietet das, was ich momentan in US-Mainstream-Comics der großen zwei Verlage leider öfters vermisse: Eine Menge Spaß!

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  The Magicians #1

The Magicians
#1 (of 5)

Writer: Lilah Sturges; Artist: Pius Bak; The Magicians created by: Lev Grossman; Cover: Qistina Khalidah; Colorist: Gabiel Cassata; Letterer: Mike Fiorentino; Designer: Tom Muller; Archaia (Boom Entertainment); $ 3,99

Mit Verspätung wurde auch ich ein Harry Potter-Leser, und auch, wenn mein Interesse am Genre fantasy eher eingeschränkt ist, las ich danach auch Band 1 von Artemis Fowl (hat mich nicht so weggerockt) sowie die wirklich genialen Romane von Patrick Rothfuss und die interressanten The Magicians-Bände von Lev Grossman, die jeweils clever statt kleptomanisch auf bestimmten Prämissen (insbesondere dem Jahrgangs-Aspekt an einer Zauberschule) aufbauten.

Bei The Magicians muss ich zugeben, dass ich die formalen Ideen interessanter fand als die eigentlichen Figuren. Im Grunde war das eine Art Harry Potter für ältere Leser, die auch nicht vor beispielsweise Philip Roth Halt machen würden. Und das dann noch mit einer auf modern getrimmten 68er-Mentalität. (Mein Lieblingsbuch von Lev Grossman ist trotzdem Codex, was ehe die tagline »Dan Brown done right!« verdient.)

Mittlerweile gab es ein paar Fernsehstaffeln, die auf The Magicians aufbauen (mich interessieren nur wenige Fernsehserien, die auf irgendwelchen Büchern basieren, weil die narrativen Prinzipien des ediums halt gänzlich anders funktionieren, als wenn ein einsamer Autor sich für fünf Monate in sein Kämmerchen einschließt - sobald irgendwo im Internet ein Hype für eine Figur oder ein shitstorm um eine andere Figur aufbraust, habe ich das Gefühl, dass der writing room sich zu sehr nach dem Massengeschmack richtet). Und nun folgt nach einer Graphic Novel um die Figur Alice eine eigene Comicserie.

Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich die Magicians-Bücher gelesen habe, aber ich erinnere mich an keine der in der Comicserie vorkommenden Figuren (vermutlich sollte zumindest das Lehrpersonal Übereinstimmungen aufweisen). (Nachdem ich nachschlagen musste, auf wie viele Hefte die Serie ausgelegt hat, habe ich feststellen müssen, dass zumindest Dean Fogg, der Dekan von Brakebills, meine grauen Zellen hätte vibrieren lassen müssen - aber ich habe jetzt auch keine Lust, den Satz im Nachhinein umzuschreiben. Ich stehe bekanntlich zu meiner Unwissenheit.

Umso mehr habe ich mich aber in den letzten Monaten zum Experten für Einstiegshefte gemausert, und auch, wenn ich ums Verrecken selbst kein gelungenes Einstiegsheft schreiben könnte, weiß ich doch, wann etwa die Vorstellung von sechs unterschiedlichen Figuren mit ihren Abneigungen und Anknüpfungspunkten funktioniert - und wo nicht. In Fernsehserien funktioniert das ja ähnlich, aber da habe ich nicht in den letzten fünf Monaten 40 Pilotfolgen gesehen, während meine Expertise bei Comicserien aktuell weit darüber hinausgeht.

The Magicians #1

© 2019 Lev Grossman. All rights reserved.

Hier geht es darum, dass die zaunbereischule Brakebills erstmals sogenannte hedge magicians zum dritten Jahrgang zulässt, was zunächst einmal Proteste und Animositäten auslöst, ehe sich herausstellt, dass ein neu zusammengestellter Kurs aus je drei herkömmlich geschulten Magiern und drei Autodidakten eine ganz andere Aufgabe erfüllen soll (denn die Serie hat ja nur fünf Hefte, da muss man zu Potte kommen.

Inwiefern Creator Grossman jetzt hier wirklich involviert war oder nur seinen Namen für die Tantiemen hergab, kann ich nicht einschätzen, aber Autorin Lilah Sturges (ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass Lilah ein Frauenname ist) gelingt es in den Seiten eines einzigen Comicheftes vorzüglich, nicht nur das generelle Konzept der Serie so vorzustellen, dass man auch ohne Vorwissen einsteigen kann - vor allem freut man sich darauf, wie sich diese sechs Figuren zusammenraufen werden - oder eben nicht, denn bei den Magicians ist selten alles Friede, Freude, Eierkuchen.

An die etwas seltsamen Panelränder von Pius Bak muss ich mich noch gewöhnen, aber der Zeichner beherrscht das Storytelling und kommt schnell zur Sache, verliert sich nicht in unnötigen Details.

Mein Lieblingsmoment des ersten Heftes ist medienimmanent ganz auf den Comic eingestellt, denn dabei spielt eine Sprechblase in solche einer Art eine Role, wie ich es zuvor noch nicht erlebt habe. Allein dafür schon ist The Magicians einer der scheinenden Momente einer Comicswoche, die glücklicherweise nicht so düster daherkommt wie die beiden davor und dahinter.


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  New Mutants #1

New Mutants #1

Writer: Jonathan Hickman, Ed Brisson; Artist & Cover: Rob Reis; Letterer: VC's Travis Lanham; Design: Tom Muller; Marvel Comics; $ 4,99

Ich habe das Age of X-Man trotz des Antiklimax immer noch in guter Erinnerung, während mir beim Hickman-Hype vergleichsweise schnell mein Euphorismus versandete. Ich habe jetzt die ersten sieben Hefte der neuen Einzelserien durch, doch glaube nicht einmal, dass ich bei den in der TVOD-Berichterstattung fehlenden drei Serien (Excalibur, X-Force und Fallen Angels bei Heft Heft 3 oder 4 noch etwas nachliefern werde, weil der ursprüngliche Zauber immer stärker verloren geht.

Repräsentativ dafür das hinterhältige Attentat in X-Force #1, dessen Opfer ich eine Woche später bereits wieder vergessen hatte, so wenig interessieren mich diese 9-11-Terrorschläge mit dem Marketingziel, die Comic-Community wachzurütteln - nur, weil Dinge geschehen, die man bereits für gegeben hingenommen hat.

Ein dezidierter Fan der New Mutants war ich nie, aber weil Bill Sienkiewicz dort einst die visuellen Parameter des Genres erstmalig revolutionierte, habe ich immerhin einen soft spot im Herzen und kennen die Figuren so einigermaßen. Allerdings war das Special von Claremont / Sienkiewicz, das schon zu TVOD-Zeiten erschien, eine ziemliche Enttäsuchung für mich.

New Mutants #1

© 2019 Marvel

Rob Reis als neue artist, der sich auch um die Farbgebung selbst kümmert, orientiert sich durchaus am Look der Sinekiewicz-Hefte aus den 1980ern, lässt aber auch den uniformed look des X-Men-Reboot geschickt mit einfließen. Die suchtähnliche Anziehungskraft eines Stoffs, den ich hier nicht verraten will, hat mich zudem an die Alltagsverbundenheit von Peter David erinnert, der in seinem ersten X-Factor-Heft einst den gesamten Konflikt der Geschicht daran aufhängte, dass ein Glas Mayonnaise sich nicht öffnen ließ.

Ich gebe zu, ich interessiere mich für die New Mutants auch eine Spur mehr, weil ich auf dem Cover zur #3 schon erhascht habe, dass Glob Herman und Armor wohl auch mit ins Team eingebunden werden, und zwar offenar in den Heften, die Ed Brisson als einer der zwei Autoren schreibt - also der selbe Kerl, der wohl stark dafür sorgte, dass Nextgen meine Lieblingsserie innerhalb des Age of X-Man wurde - und bei den Uncanny X-Men ist er als Co-Autor auch nicht unangenehm aufgefallen.

Ich weiß durchaus zu schätzen, was Jonathan Hickman hier als world builder geleistet hat, aber es ist ähnlich wie bei Ryan Sooks character design für Legion of Super-Heroes (etwas weiter unten) oder selbigem von Patrick Gleason für Young Justice (darin hatte ich mich im kurzlebigen DC Nation blitzschnell schockverliebt): Was nützt es, wenn die pre-production super-spanend ist, wenn man das im Endprodukt nurmehr erahnen kann?

Was in allen sechs neuen Serien unübersehbar ist: die Anbindung an die anderen fünf Serien. Seltsamerweise fand ich das in Age of X-Man noch hochinteressant, weil die Serien deutlicher für sich selbst stehen konnten, während es mich hier etwas nervt. Nicht zuletzt natürlich auch, weil der konzentrierte Output von 12 Heften im Monat mir einfach überzogen erscheint - insbesondere, wenn man nicht von vornherei die Chance hat, mitzubekommen, dass der ganze Spuk dann nach fünf Heften vorbei ist. Für mich steht einfach der Unterhaltungs- (oder meinethalben auch künstlerische) Wert der Serien (noch) in keinem vertretbaren Verhältnis zu der ganzen Geldschneiderei. Und ich bezweifle auch, dass die gesammelten Fanboys dieses Projekt so lange finanziell tragen können, wollen und werden, wie es Marvel lieb wäre.

Das ist zwar ein Beispiel aus einem anderen Metier, aber wir erinnern uns ja noch, wie Disneyes schaffte, mit seinen Star Wars-Filmen den Markt zu übersättigen. Zugegeben, X-Men-Hefte gibt es schon eine längere Zeit immer mehr als wirklich notwendig - und irgendwie waren das außerhalb der invstor's bubble in den Neunzigern nie wirkliche Ladenhüter, aber für mich ist die ganze Kiste eher an Abtörner, wo - und ich wiederhole mich zum vierzehnten Mal - Age of X-Man wirklich ein invigorator war, ein Erlebnis, das mein Interesse an US-Mainstream-Comics wiederbelebte.

Verglichen damit ist auch New Mutants höchstens so eine Apparatur, die einen komatösen Patienten künstlich am Leben hält...

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  Legion of Super-Heroes #1

Legion of
Super-Heroes #1

Writer: Brian Michael Bendis; Penciller & Cover: Ryan Sook; Inkers: Ryan Sook & Wade von Grawbadger; Colorists: Jordie Bellaire; Letterer: Dave Sharpe; DC Comics; $ 3,99

Brian Michael Bendis ist einer der vielbeschäftigten und beliebten Mainstreamautoren, deren Output in diesem Jahr ich etwas genauer betrachtet habe. Ziemlich spannend und oft gelungen ist dabei das Zusammenwirken über mehrere Serien hinweg. Beispielsweise hat er in Naomi in sechs Ausgaben (zusammen mit Co-Autor David F. Walker und dem großartigen Newcomer-Künstler Jamal Campbell) eine beeindruckende Origin-Story geliefert, die für viel Wirbel gesorgt hat, ehe Naomi für gefühlt zwei Monate von der Bildfläche verschwand und dann in anderen von Bendis betreuten Serien wieder auftauchte, ehe sie in Young Justice, einer Serie, die - so mein persönlicher Eindruck, ich habe da keine Verkaufszahlen studiert oder so - noch nicht auf Anhieb funkte, integriert wird und vermutlich für Aufmerksamkeit und neue Leser sorgen wird. Die dann auch bei Interesse die inzwischen fertigen Trade Paperbacks nachkaufen können

Bei der Legion of Super-Heroes läuft es ähnlich. Es gibt die zweiteilige Einsteigerserie Legion of Superheroes: Millennium, die aufgrund ihres übergreifenden Einblicks in ein Jahrtausend DC-Geschichte auch Leser interessieren könnten, die sich nich per se für die LSH interessieren. Dann tauchten abermals einige Legionnaires in Bendis' gutlaufenden Mainstream-Serien wie Action Comics auf, mit dem an die klassischen Silver-Age-Anfänge der Legion anknüpfenden Kniff, dass der neue Superboy (diesmal der Sohn Supermans, nicht seine Smallville-Vergangenheits-Version) als Ehrenmitglied ins 32. Jahrhundert eingeladen wird.

Somit haben wir neben der - aus meiner Perspektive - eher eingeschränkt bekannten Rose / Thorn eine zweite Figur, die stellvertretend für die Lesenden mit »frischen Augen« die Legionaires und ihre Zeit kennenlernt.

Bei der LSH kenne ich mich in der klassischen Phase und bei dem Output Ende der 1980er bis Mitte der 1990er (Keith Giffens LSH, L.E.G.I.O.N. und Legionnaires ganz gut aus, an die zukünftigen Versionen von Gotham und Metropolis kann ich mich daher nicht erinnern (aber ich bin auch nur ein Mensch und vergesse Dinge). Bendis baut hier auf seiner Millenium-Prämisse auf... und er impliziert durch Hinweise im 31. Jahrhundert auf den »originalen« Batman und Superman, dass man über Batman Beyond hinaus vielleicht weitere Einblicke in die Geschichte der »zukünftigen« DC-Geschichte erhaschen könnte. Ob diese vage angedeuteten Versprechen auch eingehalten werden, wird sich zeigen. So oder so scheint es mir kein besonderes Risiko, davon auszugehen, dass es, falls es aus unerfindlichen Gründen dazu kommen sollte, dass im 27. Jahrhundert noch Menschen auf der Erde leben, und die auch weiterhin Comics lesen, man von Batman und Superman einen Reboot gegeben haben wird ud diese Figuren vielleicht nicht mehr Bruce und Clark heißen. Vielleicht ja sogar Jon und Damian oder irgendetwas, wovon wir noch nichts ahnen. Und selbst, falls man sich Jahrhunderte lang an die Gründungsmythen des Verlags klammern sollte, dürfte Gevatter Bendis vermutlich nicht einmal das 22. Jahrhundert erleben - und wenn dann einer rumjammert, geht es ihm am Sarg vorbei.

Bendis' LSH-Reboot war neben Jonathan Hickmans X-Men eine der größten (weitreichenden) Hoffnungen für dieses Comicjahr. Leider konnte sich mein Enthusiasmus in beiden Fällen nicht lange aufrechterhalten. Ich bin weit davon entfernt, bereits aufzugeben, aber gerade auch bei Bendis habe ich schon cleverere Entscheidungen miterlebt. Ich glaube, sein Problem ist (und ich meine das nicht als inhärente Einschränkung seiner Fähigkeiten, sondern was die ihm anvertrauten Aufgaben und seine ambitionsreichen Ansätze angeht), dass er zu viel versucht und einfach auch nur ein Mensch ist.

Als er in Action Comics Red Cloud einführte und man über die Identität der neuen Schurkenfigur rätselte (das ging schon letztes Jahr los), fand ich das immens spannend. Dann kam aber die Leviathan-Kiste dazu, eine weitere Bendis-Serie - und gleichzeitig die ganze Year of the Villain-Sache, da erkannte ich für mich, dass es sehr schwierig sein muss, hier als Autor (und Benids war ja eines der masterminds den Überblick zu behalten. Trotz einer Bereitschaft, die deutlich über mein Zeit- und finanzielles Budget hinausging, konnte ich ja nicht einmal als Leser den roten Faden im Auge behalten. Und dabei implizit dem Leser unterzujubeln, dass der schuld sein könnte, weil er einfach nicht genug DC-Hefte kauft (und auch noch liest), finde ich schon vermessen bis eine Frechheit. Denn umfassende Crossover-Events, bei denen man monatelang gefühlt jede Woche fünf bis zehn Hefte lesen muss (bei Marvel ist das keinen Deut besser), sind nicht einmal ansatzweise interessanter, als sich mit neuen, abgeschlossenen Geschichten zu befassen, die man auch verstehen kann, ohne beispielsweise Hefte »mit« zu lesen, deren Hauptfiguren einen einfach nicht so ansprechen

Nun zum konkreten Heft (wird ja auch mal Zeit). Das Beste an der neuen LSH ist das umfassende neue Design der Figuren. Auch, wenn das im ersten Heft nur eingeschränkt greift, denn bei teilweise 20 bis 33 Figuren in einem Panel (zugegeben, ich spreche größtenteils von Splash-Pages) ist es natürlich schwierig, all diese Figuren mit unterschiedlichen Helden- und Privatnamen, Kräften und Herkunftsplaneten ausgiebig vorzustellen. Bendis benutzt hier zwei über die Standardnarration hinausgehende Praktiken, die für mich unterschiedlich gut funktionieren.

Zum einen gibt es im Verlauf des Heftes immer wieder wie Titellogos eingebrachte Namen bestimmter Figuren, die nach dem Motto »Dies ist ein Job für ... « mit großr visueller Fanfare hübsch über einer in heroischer Pose Modell stehenden Figur eingeblendet werden. Deutlich überzeugender sind aber die »Frichtman tags« eine Art nicht-virtuelle Namenseinblendungen, wie man sie von Facebook-Fotos kennt, angereichert mit wichtigen Informationen wie dem Heldennamen, dem Herkunftsplaneten oder den gegebenen Superkräften. Im Grunde das selbe wie die »Who's Who«- Karteikarten, wie ich sie aus den deutschen LSH-»Superbänden« etc. kenne, nur etwas subtiler eingesetzt.

Legion of Super-Heroes #1

© 2019 DC Comics

Bendis scheint hier auch konkret darauf hingewiesen zu haben, dass man nicht immer den kompletten Namen gut lesen kann, denn diese Infos sind ja nicht für den Leser gedacht, sondern über die zahlreichen Mitglieder der LSH, die sich offenbar auch nicht immer jedes Detail merken können.

Leider gibt es über diese gelungenen Ansätze hinaus wenig, was mich für die Serie einnimmt - und ich bin ja bereits mit dem LSH-Virus infiziert, also kein kompletter Neueinsteiger. Ob die Verehrung für Bendis ausreichen wird, diese Serie zu einem Renner zu machen, muss ich deutlich bezweifeln. Nebenbei habe ich auch Event Leviathan »zuende« gelesen und war dort ebenfalls deutlich underwhelmed.

Der eigentliche Konflikt des Einstiegsheftes (so läppisch, dass ich mich nicht darauf einlasen möchte) oder auch nur der Kennenlerneffekt über Superboy und Rose, die in etwa vier Panels auftaucht - und in einem davon spricht lassen jedenfalls zu wünschen übrig.

Aktuell bin ich übrigens in einer Phase meiner Comicsucht, in der ich doch stark darüber nachdenke, inwiefern der konzentrierte Mittwoch-Konsum wirkich sinnvoll ist oder ob ich mich doch lieber auf die Schätze der Vergangenheit konzentrieren soll, wo ich mich mehr auf die Mundpropaganda als auf den marketing hype verlassen kann.


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  Yondu #1

Yondu #1
(of 5)

Writers: Zac Thompson & Lonnie Nadler; Artist: John McCrea; Cover: Andrea Sorrentino; Colorist: Jordie Bellaire; Letterer: Steve Wands; Design: Louis Prandi; Marvel Comics; $ 3,99

Es gibt verdammt wenige Comicfiguren, die mir durch Comicverfilmungen vertrauter sind als durch das Originalmaterial. Wenn überhaupt handelt es sich hier vorbei vor allem um Independent-Schöpfungen oder abgeschlossene kurze Veröffentlichungen, bei denen ein Großteil der Welt vielleicht nicht mal mitbekommen hat, dass es Comic-Vorbilder gibt. Also zum Beispiel Monkeybone, Road to Perdition, The History of Violence, Oldboy, Men in Black, Cowboys and Aliens oder (zum Zeitpunkt der ersten Verfilmung) The Mask. Meinethalben könnte ich auch noch St. Trinian's, De Bloedbriuloft oder The Surrogates nennen, aber man kommt dabei schnell in irgendwelche unbekannte exotische Nischen.

Bei Guardians of the Galaxy, einem Multimillionen-Dollar-Blockbuster, dem recht schnell ein Sequel folgte (von der Einbindung der Figuren in anderen Marvel-Filmen ganz zu schweigen) kannte ich zum Zeitpunkt des ersten Films weder die erste Serie aus den 1970ern noch das erfolgreiche Comeback aus diesem Jahrtausend. Und selbst einige Zeit später, wo ich zumindest behaupten kann, einige Comics mit Groot, Nebula und Konsorten nachgeholt zu haben, wäre mir der Name Yondu ohne seine auffällige Hautfarbe nicht vertraut gewesen - während mir die Auftritte von Michael Rooker in den entsprechenden Filmen durchaus vertraut sind - nicht zuletzt auch, weil Michael Rooker mir seit Henry: Prortrait of a Serial Killer ein Begriff ist und er einer der immer wieder eingesetzten Lieblingsschauspieler von James Gunn ist, der selbst bei kleinen Auftritten wie in Slithers oder Super immer wieder einen Eindruck gemacht hat.

Und auf seinen sehr emotionalen Auftritt in Guardians of the Galaxy 2 trifft das doppelt und dreifach zu.

Nun also die Miniserie zu diesem liebenswerten Schurken, den man durchaus in einer Kategorie mit Lobo oder Han Solo (zu seinen frühen Zeiten) sehen kann. Oder, aufgrund des Zeichner John McCrea, dessen Strich mir hier gleich wieder viel vertrauter erschien als bei Dead Eyes, auch bei der DC-Figur Hitman, für die McCrea, wenn ich mich nicht ganz irre, sogar zusammen mit Garth Ennis den Schöpfer-Credit innehat.

Als Autoren kamen hier die Masterminds hinter dem Age of X-Man-Event, Thompson und Nadler, zum Einsatz, und sie fühlen sich in diesem Genre offenbar sehr zu Hause. Yondu Udonta, der sich ohne Scham als Verfechter der »Self-Actualization« bezeichnen würde, also die Aneignung fremder Besitztümer als seine wichtige Rolle in der Gesellschaft ansieht, wird gleich zu Beginn auch bei einem Diebstahl entdeckt, lässt sich aber nicht ohne weiteres verhaften, sondern sucht die Flucht, um dabei festzustellen, dass sich seine Schiffscrew offenbar gegenseitig massakriert hat und großzügigerweise im Kreis der verbleibenden Leichen ein kostbares und mächtiges Schmuckstück hinterlassen hat, das Yondu in einem Satz mit den berühmten Infinity Stones einordnet: »The Herald's Urn«. Entsprechend seine Einschätzung der Gesamtlage:

»Once word's out, everyone in the flarkin' galaxy's gonna be lookin' for this...«

Yondu #1

© 2019 Marvel.

Mit der für Zeichner McCrea typischen robusten Hinterfotzigkeit baut man jetzt auf dieser Prämisse auf und Yondu trifft auf einen vermeintlich moralisch gefestigteren Vertreter seiner Spezies, der infamerweise nicht auf seinen eigenen Profit aus ist und deswegen ausgeschaltet werden muss... und am Horizont der Geschichte sieht man auch noch einen ruchlosen und brutalen Oberschurken, der sich ebenfalls auf Yondus Spuren begibt. Genug Querelen für einen actionreichen und bisher sehr unterhaltsamen Fünfteiler. Wer die Widerborstigkeit von Autoren wie Ennis oder Alan Grant mag und den Machismo von Zeichnern wie Simon Bisley, der wird hier auf seine Kosten kommen.


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Weitere gesammelte gelesene Neuerscheinungen aus Woche 45:
Addams Family: The Bodies Issue (one-shot), Batman #82, Berserker Unbound #4, The Immortal Hulk #26, The Magnificent Ms. Marvel #9, Space Bandits #5* & X-Force #1
*Zitat der Woche: »Two robbers. Both female. One of the biggest hauls in the history of crime. We have no idea where they're hiding now, but I gather finding criminals is what you and the boy do best, sir.« - »Will you take the case?«

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30. Oktober 2019 (Woche 44)
(Restlieferung)


Montag, den 4. November, kurz vor 7 Uhr:

Habe jetzt den Ehrgeiz entwickelt, dieses Jahr 100 TVOD-Kritiken zu erstellen - und zwar zu Heften, die mit allen 26 Buchstaben des Alphabets beginnen.


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  Batman Annual #4

Batman Annual #4

Writer: Tom King; Artists: Jorge Fornés & Mike Norton, Cover: Jorge Fornés; Colorist: Dave Stewart; Letterer: Clayton Cowles; DC Comics; $ 4,99

I realized rather late that Tom King would end his run on Batman with issue #85. For the last months I repeatedly wanted to review one of his Batman issues but was repeatedly underwhelmed. The »City of Bane« storyline may be an ultimate showdown orchestrated delicately with all that »Year of the Villain«-jive, but the highpoints of the King run were at other, earlier points.

I especially liked the issues drawn by Mikel Janín and Jorge Fornés, but there were other single issues that were made for eternity. I absolutely adored #37, the »Double Date« by Clay Mann. Or the slightly off-topic Batman / Elmer Fudd Special that took an absurdist concept and made it into a tongue-in-cheek film-noir contemplation. The dialogue-free action rollercoaster »All the way down« by Fornés and Lee Weeks brings me back to one of the artists that made this annual almost as good as Batman: Year One (which the annual strongly alludes to in matters of tone and style) or some of the best yarns by Darwyn Cooke, a comic book master I miss more often than most of my deceased blood relations.

The premise of a diary of Batman's faithful butler Alfred (who supposedly died somewhere around the Bane shenanigans, but I didn't see his body or a funeral so far) is all about celebrating the diversity of Batman's adventures. No matter if he saves a dog, helps an old lady across the street, proves himself als scientist or sleuth ... or if he fights against dragons, dinosaurs and otherworldly monsters.

This issue is also without dialogue, but instead there's a lot of captions that sometimes seem from a very personal Alfred P.O.V., but in the end bring ahead King's concept of the neverending plethora of Batman adventures. It really could have been some kind of calendar with a Batman tale for every day of a year.

Batman Annual #4

© 2019 DC Comics. All rights reserved.

Mike Norton, the second artist of this book (you may know him from Grumble or as writer of Battlepug) jumps only in when the tempo of the diverse Batman tales has already been notched up to single panels instigating little facets of everything we love about this nocturnal character - and his main scribe for the last few years.

Norton shows himself to be almost equal to Fornés, but can't really compare five-page-stories with single panels. Both artists delight and this annual has to feel of a light-hearted fond farewell that Tom King probably won't have enough space in the remaining regular issues of Batman.

Batman Annual #4

© 2019 DC Comics. All rights reserved.

I really like these single issues with a nostalgic old-school look at beloved comic characters that give a good overview over the whole history of such characters. This is the best example for such a masterpiece of comic book storytelling since Amazing Spider-Man #801 by Dan Slott & Marcos Martin (an issue I won in a comic shop lottery and hold dear to my heart).

I almost forgot to mention something: there's one aspect I don't liek about Batman Annual 4, and it shows that every bit may play an important role in the creation of a comic. The font letterer Clayton Cowles uses here also reminds me of Batman: Year One and the work of Todd Klein. The only problem is: the profession of a letterer nowadays has changed a lot, often computers are used. And computers have their problems with cursive fonts. The »r« in the captions really bugs me a lot (especially in words like »April«, »horse« [see above] or »rooftop«) - It's all about the letter following after the r and this may even be a special German thing (our Schreibschrift may differ in such details from yours), but it diminshes the whole work for me. Sorry, I have to say it like it is!


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  Savage Avengers Annual #1

Savage Avengers
Annual #1

Writer: Gerry Duggan; Artist: Ron Garney, Cover: Mike Deodato Jr.; Colorist: Matt Milla; Letterer: VC's Travis Lanham; Marvel Comics; $ 4,99

Das dritte TVOD in Folge, in der ein Comic besprochen wird, den Gerry Duggan (Dead Eyes, Marauders) geschrieben hat. Das wirkt so, als hätte ich eine besondere Vorliebe entwickelt, ist aber eher die seltsame Geschichte eines Lückenbüßers.

Ich lege mir schon immer nach dem Studium des Previews zurecht, worüber ich zum Teil in acht Wochen oder so berichten sollte (da hat man auch noch ein bisschen Zeit, alte Hefte einer Serie nachzuholen, auch wenn das bei mir nur selten klappt), und meistens schaue ich voller Hoffnung und Zuversicht voraus auf zukünftige NCBDs. In Woche 46 hat dies nur leider mal wieder gar nicht gefruchtet und als ich bereits alles durchhatte, was ganz interessant sein könnte (und natürlich die neuen Ausgaben von Serien, die sich für mich schon bewährt hatten, über die ich aber nicht alle drei Monate neu schreiben will), durchforstete ich einige (vergleichsweise) alte Hefte, die noch ungelesen herumlagen.

Und obwohl ich bei den Savage Avengers ein wenig den Anschluss verloren hatte, dachte ich mir »So ein Annual kann man ja im Normalfall losgelöst von der Serie lesen, ohne gleich überfordert zu werden«. Dieser Eindruck wurde bestätigt durch den Einstiegsabsatz zum Thema »Was zuvor geschah«:

»Recently, Conan the Barbarian found himself on present-day Earth. He knows little of this world, but nothing scares a barbarian...«

Das klingt wirklich nicht so, als müsse man zuvor fünf alte Paperbacks durchstöbern, um den Anschluss zu finden (ein Aspekt, den ich im heutigen Superhelden-Mainstream ziemlich nervig finde).

Die Story beginnt damit, dass ein first-person-narrator (die Esme heißt, aber auch namenlos hätte bleiben können, wodurch sie noch repräsentativer geblieben wäre) vom Menschenhandel in Südamerika berichtet, vom Schicksal unzähliger Frauen, die im Dschungel in irgendwelche Transporter gezerrt werden und dann in Nagelstudios und Bordellen ausgebeutet werden. Über diesen Einstieg wird ein neues Team von ungewöhnlichlichen Superhelden etabliert, wobei Conan und Hellstrom erst mal aneinander geraten, bevor sie merken, dass sie auf der selben Seite stehen.

Conan ist ja nicht der größte Kämpfer für Frauenrechte und gerät auch in diese Geschichte, weil er sich in einem Bordell über den Service beschwert (Gerry Duggans Einstellung zur Prostitution scheint sich eher nach den Standpunkten seiner Comicfiguren zu richten), ehe er die männlichen Aufpasser in meiser Laune zusammendrescht.

Aus dem Kampf gegen ein verwerfliches Verbrechen wird hier eher wenig gemacht (das Zielpublikum der Serie will vermutlich eher Action), aber was mich immens amüsiert hat war das Zusammenspiel zwischen Conan und der dritten Streiterin für das Recht, Black Widow.

Savage Avengers Annual #1

© 2019 Marvel

Natashas augenblickliche Entgegnung auf Conans Feststellung ist zwar nicht besonders ermuternd (»Nope.«), aber allein das Potential dieser seltsamen Paarung und die dreieinhalb Dialogfetzen zu dem Thema können dieses Heft bereits über den Durchschnitt herausheben.

Die eigentliche Story erschöpft sich zwar in plain Action (bin nicht strikt dagegen, erwarte aber mehr), die Etablierung eines Conangegners, der offenbar im Schatten von weitverbreiteten Verbrechensmerkmalen die Strippen zieht - und einem »Teil-Happy-End«, das wenig überzeugend wirkt.

Zeichner und Kolorist haben einen teilweise hingeschludert wirkenden Stil, der aber ganz gut funktioniert. Und das war's dann auch bereits wieder, aber ich habe meine acht Comics beisammen und kann mich auf folgende Wochen vorbereiten.


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Weitere gesammelte gelesene Neuerscheinungen aus Woche 44:
Basketful of Heads #1, DCeased #6 (of 6), Dollar Comics: Swamp Thing #1, Excalibur #1, The Last God #1, The Little Mermaid #1, Marvel Zombies: Resurrection #1*, Red Goblin: Red Death #1, The Sandman Universe Presents: Hellblazer #1, Star Pig #4, Star Trek: Year Five #7, Tales from the Dark Multiverse: The Death of Superman #1 & True Believers: X-Men: Moira MacTaggert #1.
*Zitat der Woche: »Place gives me the ... the somethin's. This ain't sanitary.«
**Bonuszitat der Woche: »Ned, right? Ned Tobolowski.«

Okay, das muss ich vielleicht kurz erklären. Der Name dieser nervtötenden Nebenfigur ist für Typen, die wie ich zu viele Filme schauen, durchaus interessant, eine Hommage. Denn in Groundhog Day (auf Deutsch Und täglich grüßt das Murmeltier) gibt es diesen Versicherungsvertreter Ned Ryerson, der von Stephen Tobolowsky gespielt wird. Und als Insider-Gag, den vielleicht jeder Zehntausendste versteht, fand ich das durchaus unterhaltsam.


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Für die nächste Ausgabe Anfang Dezember sind anvisiert:

Rezensionen zu Deadpool #1, John Constantine: Hellblazer #1, Olympia #1 oder The Question: The Deaths of Vic Sage #1 (of 4) (das ist wie üblich nur die Vorauswahl).