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September 2005 | Thomas Vorwerk für satt.org | ||
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Red EyeNach dem außerordentlich misslungenen Cursed kommt nun - keine zwei Monate später - bereits der nächste Wes Craven-Film in die deutschen Kinos, und zur Abwechslung ist es mal kein Horrorfilm, sondern "nur" ein Thriller. Lisa Reisert (Rachel McAdams aus Mean Girls und Wedding Crashers, die meiner Ansicht nach sehr schnell zu einem Superstar werden könnte) versteht ihren Job als Rezeptionistin eines großen Hotels. Sie versteht ihren Job so gut, daß sie sogar während ihrer freien Tage von Untergebenen um Tips für prekäre Situationen gebeten wird - und sie hat immer eine Antwort parat, zumindest im Berufsleben. Das Private bleibt dabei mitunter auf der Strecke, doch wenn es sich mal ergibt, daß ein sympathischer und gutaussehender junger Mann (Cillian Murphy aus 28 Days Later und Girl with a Pearl Earring) ihr schon auf dem Flughafen auffällt und später sogar ihr Sitznachbar ist (nach einer wahren Horrorshow von potentiellen Sitznachbarn), so ist sie auch einem kleinen Flirt nicht abgeneigt. Doch daß dieser "Jackson T. Rippner" so zielsicher ahnt, welchen Cocktail sie wohl bestellen wird, liegt einzig daran, daß er sie bereits seit einigen Wochen beobachtet und sie während des Flugs als Beihelferin für einen Mord benötigt. Als Druckmittel lauert ein weiterer Killer vor der Wohnung von Lisas Vater (Brian Cox), und wenn sie nicht kooperiert, wird sie zumindest zur Waise, weitere (tödliche) Strafmaßnahmen erscheinen wahrscheinlich. Ein moralisches Dilemma: Sie soll nur mal bei ihrer doch so folgsamen Untergebenen anrufen, um einen bekannten Politiker in ein anderes Zimmer zu überweisen, und schon wären ihre Probleme vorbei. Doch - Lisa macht ihren Job gut, kennt den Politiker (und seine Familie) persönlich und lässt nicht so mir nichts dir nichts ihre Gäste über die Klinge springen, sondern lässt nichts unversucht, dem gewieften Killer seinen Job zu erschweren. Red Eye verbindet die klaustrophobische Situation von Phone Booth mit der Mittäterschaft von Collateral und kann durchaus mit diesen beiden gelungenen Thrillern mithalten. Cillian Murphys verhaltenes Spiel bricht immer dann in gezielte, minutiöse Gewalt um, wenn man am wenigsten damit rechnet - als Bösewicht also Tom Cruise zumindest ebenbürtig. Und wie es sich für einen Wes Craven-Film gehört, findet sich in der Rolle des unfreiwilligen Helden eine Frau, die ihrem Gegner vielleicht physisch, aber nicht intellektuell unterlegen ist. Obwohl der Showdown von Red Eye sich nicht auf das Innere des Flugzeugs beschränkt (der Killer lauert ja immer noch vor der Wohnung des Vaters), macht Craven nicht den Fehler, sich zum Schluss auf eine Materialschlacht einzulassen wie in Filmen wie Speed oder eben Phone Booth. Zwar ist der terroristische Anschlag klar von 9/11 inspiriert (und wirft ein ungutes Bild auf den ach so unschuldigen jungen Angler im Dreamworks-Vorspann), doch nicht nur ist es hier nicht der Job von Lisa, auch noch eine Handvoll Terroristen dingfest zu machen, auch ist der Showdown zwar nervenzerreißend spannend, aber angenehm down-to-earth. Wenn Lisa von einem Killer mit einem Messer verfolgt wird und die Treppe hoch rennt, erinnert man sich natürlich an die Genre-Gesetze, wie sie in Scream formuliert werden - Doch diesmal bedarf es keiner Jungfrau, sondern einer Berufstätigen, die sich auf ihre persönlichen Stärken beruft, um den Bösewicht niederzustrecken. Und damit lässt sich Craven fast auf eine Stufe mit Hitchcock stellen, der dieses Prinzip in Rear Window wohl zur Vollendung geführt hat. |
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