Teen Titans go!
to the Movies
(Peter Rida Michail
& Aaron Horvath)
USA 2018, Buch: Michael Jelenic, Aaron Horvath, Schöpfer vorkommender Figuren: Marv Wolfman, George Pérez, Arnold Drake, Jerry Siegel, Joe Shuster, Bob Kane, Bill Finger, William Moulton Marston, Schnitt: Nick Kenway, Musik: Jared Farber, Production Design: Dan Hipp, Art Direction: Gerald de Jesus, Rafael Hurtado, mit den Originalstimmen von: Scott Menville (Robin), Greg Cipes (Beast Boy), Khary Payton (Cyborg), Tara Strong (Raven), Hynden Walch (Starfire), Will Arnett (Slade), Kristen Bell (Jade Wilson), Greg Davies (Inflated Destroyer), Nicolas Cage (Superman), Jimmy Kimmel (Batman), Michael Bolton (Tiger), Stan Lee (Himself), Patton Oswalt (Atom), Wil Wheaton (Flash), Lil Yachty (Green Lantern), Halsey (Wonder Woman), Eric Bauza (Aquaman), Phil Morris (Red Carpet Announcer / Doomsday Device), Dave Stone (Challengers of the Unknown), Fred Tatasciore (Jor-El), James Arnold Taylor (Fake Slade Actor), Joey Cappabianca (Plastic Man), Kal-El Cage (Young Bruce Wayne), 85 Min., Kinostart: 16. August 2018
Seit 2013 gibt es schon die überdrehten Abenteuer der Teen Titans (das »go!« ist Programm) als Fernseh-Halbstünder. Die absichtlich humoristisch ausgeprägten DC Youngster auf Cartoon Network basieren auf der 1980er-Besetzung der Superhelden-Gruppe (damals in Heftform von Marv Wolfman und George Pérez). Sam Register, der Chef von Warner Bros. Animation (ein Fan der Comics), meint, dass die Teen Titans von damals (es gab das Team auch schon in anderer Besetzung in den 1960ern) wie die Superhelden-Fassung von John Hughes' The Breakfast Club sei. Zumindest bei den weiblichen Figuren kann man dies voll nachvollziehen: die eine (Starfire) rennt herum wie ein Cheerleader (und ist eine Prinzessin von einem anderen Planeten), die andere (Raven) versteckt sich introvertiert unter einer dunklen Kapuze.
Inwiefern man Beast Boy, Robin und vor allem Cyborg mit Emilio Estevez, Judd Nelson und Anthony Michael Hall gleichsetzen kann, ist da schon fraglicher. Esteves als Robin bietet sich an, aber Beast Boy ist längst nicht so schüchtern wie Anthony Michael Hall, und selbst, wenn man die Hautfarbe mal ausklammert, wäre Cyborg vielleicht gern so ein bad boy wie Judd Nelson, aber die bunten Helden aus dem Kinderprogramm sind verglichen mit den mainstreamtauglichen hübsch designten »rebellischen Individualisten« schon noch eine ganze Ecke lebensbejahender - und etwas alberner dabei.
Starfire und Beast Boy reden auch etwas anders. Starfire schiebt gerne mal am falschen Platz ein »the« dazwischen (sie kommt halt von einem anderen Planeten: »This is not the you« oder »He is the back!«), und Beast Boy entspricht mit seiner »animalischen« Natur bestimmten Klischees und hat einen Slang-Einschlag mit fehlerhaften Grammatik (»The Challengers of the Unknown?! No one will miss them - they's unknown!«). Abgesehen von dem leicht politisch unkorrekten Nachgeschmack sind diese Sprachfehler aber generell liebenswert und bringen für kindliche Zuschauer ein Identifikationsplus - so wie Urmel aus dem Eis und seine »Mupfel«.
© 2018 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved.
Aus meiner Sicht naheliegende Vergleichsfilme (bzw. -serien) zu Teen Titans go! to the Movies wären Spongebob Squarepants (für den Zuckerschock-Animationstil), Scott Pilgrim (für das Tempo und die Musikbeschallung), James Kochalkas Superf***ers (für den (prä)pubertären Humor, wenn auch hier für Zuschauer, die sich von den Eltern erst noch erklären lassen müssen, wo die Babys herkommen) - und das Ganze dann halt im DC Universum (selbst wenn Stan Lee hier mehr screen time hat als in zwei bis drei Marvel-Filmen zusammen).
Wer wie Sam Register mit einer gewissen Nostalgie auf die 1980er zurückblickt (und zumindest einen vagen Durchblick bei DC Comics hat), kommt aber auch voll auf seine Kosten. Nicht nur scheint die Handlung in dieser Zeit zu spielen (mit hantiert alle Nase lang mit Video- und Musikcassetten herum und ein weltweites Streamingangebot wirkt letztlich wie eine düstere Zukunftsvision, die es zu verhindern gilt), die meisten Anspielungen beziehen sich auch auf diese Zeit. So gibt es zwar Seitenhiebe auf DC-Filme dieses Jahrtausends (Green Lantern, Aquaman und Batman v Superman: Dawn of Justice), aber Supermans Handy spielt das alte Thema von John Williams, Batman wird von Danny Elfman untermalt und neben einer überdeutlichen Referenz an Back to the Future (inkl. Huey Lewis & the News) benutzt man im Soundtrack auch noch Take on me von a-ha. Wenn der Hauptbösewicht Slade (ich kenne ihn als Deathstroke the Terminator, aber diesen bedingt kindertauglichen Namen verschweigt man einfach und reduziert die Figur trotz der gefährlichen Bewaffnung auf den Vornamen) seine Superkraft »mind manipulation« mehrfach reichlich überkandidelt ankündigt (diese wiederholt vorgeführte Macht erweist sich als einer der besten Gags des Films, weil Dreijährige sie fast so schnell durchschauen wie 30jährige), steht sie in einem großen Schriftzug über ihm, als hätte Jay Stephens superbunt die 1960er Batman-Serie (Bang! Pow!) ins Kinderprogramm übernommen.
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Überhaupt, wer humorvolle Independent-Comics der 1990er mag, der wird in den immer mal wieder veränderten Zeichenstilen an vermeintliche Stars wie John Porcellino oder Ron Rege jr. erinnert werden. Der Umstand, dass es Superhelden (auch die von DC) in unzähligen Zeichenstilen gibt, gibt hier immer wieder Anlass für kleine Ausflüge in unterschiedliche Zeichenwelten, wenn man sich auch nie mit jener »Comicrealität« abgibt, in der Starfire zum leichtbeschürzten Pin-Up-Girl wird.
Die eigentliche Handlung des Films ist das Element, das am ehesten auf ein junges Publikum zugeschnitten ist. Ist Filmruhm wirklich wichtiger als Freundschaft? Bei allem Pathos und der hochemotionalen Musik, wenn Robin mal für zehn Minuten die Prioritäten durcheinander gebracht zu haben scheint, wird dies aber immer wieder ironisch gebrochen. Besonders schön etwa, wenn Robin gegen Schluss noch mal die Moral der Geschichte in einer kleinen Rede zusammenfassen will, die anderen Figuren aber lauthals nach den »Credits! Credits! Credits!« verlangen, weil das Geseire nun wirklich niemand hören will.
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Im Zusammenhang mit der böse parodierten Filmbranche (satt endlich einen Robin-Film zu drehen, kündigt man für die nächsten drei Jahre Filme über Alfred, das Batmobile und den Utility Belt an) gibt es auch Schelte für die superlangen CGI-Showdowns der Superheldenfilme, aber Teen Titans go! to the Movies kann auch nicht darauf verzichten, etwa dreimal einen noch mal größeren Kampf (u.a. gegen einen Riesenroboter und die gesammelte fremdgesteuerte Superheldenschar) hintendranzusetzen. Der Unterschied ist nur, dass man diese Superlative nie wirklich ernst nehmen kann. Wenn etwa Beast Boy und Cyborg aus großer Höhe in den sicheren Tod zu fallen scheinen, wirkt dies auf mich wie eine Parodie auf die gern von Naturwissenschaftlern kritisierte entsprechende Szene aus dem ersten Superman-Film. Man weiß, die beiden werden im allerletzten Moment gerettet werden, man zieht diesen nur bis zur vollkommenen Verzerrung in die Länge. Was aber nicht heißen soll, dass mancher Vierjährige sich nicht dennoch sorgen wird.
Wer noch jeden Morgen Fruit Loops oder Choco Pops isst, wird sich vermutlich tatsächlich um die Handlung des Films scheren, wer eher zu Kaffee und Croissants umgestiegen ist, wird sich am Gagfeuerwerk erfreuen. Und nach einiger Zeit sogar die zunächst nervigen Songs abfeiern (besonders Upbeat inspirational song about life mit Michael Bolton).
Vielleicht der beste (zumindest der unterhaltsamste und fanboy-tauglichste) DC-Kinofilm seit Jahrzehnten - mal ohne die düstere Traumabewältigung...
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Meine kleinen Lieblingsmomente am Rande:
- Ein kleines Filmplakat zum Film What's up Doc?: Die hellblaue Titelfigur hat Ohren, die an Bugs Bunny erinnern, aber das typische Atom-Symbol von Doc Manhattan (Watchmen) auf der Stirn.
- Ein anderes Plakat preist den Film Aqua-Manatee an (siehe Bild oben, unter dem dritten Rad des Golfmobils).
- In einer Traumsequenz, die deutlich auf eine Kernszene von The Lion King anspielt, hat Superman plötzlich ein typisches Disney-Gesicht, das ich aber nicht sofort zweifelsfrei zuordnen konnte (Aladdin oder so).
- Die »Challengers of the Unknown« und Atom sind im Film die großen Märtyrer à la Crafty (Animal Man #5) und Kenny (teilweise mit Frank-Miller-Referenz).
- Bei einer Zeitreise wollen die Titans bekannte Origin-Szenen verhindern, weil die Wahrscheinlichkeit für einen Film stark steigen würde, wenn sie die einzigen Superhelden auf der Welt wären. Neben bekannten DC-Figuren sieht man hier auch ein Quartett von verhinderten Superhelden, die nichts mit DC zu tun haben.
- Zur Überprüfung der Wirkung der Zeitreiseaktivitäten holt man jeweils ein Comicheft aus der Tasche (zum Beispiel Wonder Woman #72 mit dem inzwischen klassischen Brian-Bolland-Cover, aber auch 70er-Jahre-Neal-Adams-Zeug) und wie in Back to the Future Martys Geschwister auf dem Familienschnappschuss verschwinden hier die Superhelden vom Cover (warum die Hefte indes dennoch existieren, ist eines der schönsten Zeitparadoxe überhaupt - der Widerspruch ist natürlich absichtlich).
- Die besonders »coole« Musikdarbietung auf einem fremden Planeten.
- Robin hat mal einen William-Shatner-Moment, in dem er plötzlich und unerwartet oben ohne zu sehen ist.
- Der Moment, wo man entdeckt, dass der gerade verkloppte Superschurke nur ein Schauspieler ist (der dann den Fehler macht, seinen Namen zu erwähnen).
- Die Kinopremiere, zu der nur Superhelden geladen wurden (»You're not on the list!«), ist zum Film mit dem vielversprechenden Titel Batman again.
Vergleichsweise obskure und / oder mir ans Herz gewachsene DC-Figuren, die irgendwann mal im Film auftauchen:
Animal Man, Booster Gold, Challengers of the Unknown, Deadman, Hawkwoman, Jonah Hex, Metamorpho, Plastic Man, Swamp Thing, Zatanna
(Animal Man, Metamorpho und Zatanna kann man verpassen, wenn man im falschen Moment blinzelt).