Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen





7. Januar 2012
 

Lieblingscomics 2012

In wahlloser Reihenfolge die Listen von Sven Jachmann (satt.org und freier Publizist), Klaus Schikowski (Comixene und freier Publizist), Thomas Vorwerk (satt.org), Gerd Ruprecht (Comic-Freunde Aachen), Nana Wallraff (les(e)bar Uni Köln) und Felix Giesa (satt.org).


◊ ◊ ◊

David Mazzuccheli – Asterios Polyp

Sven Jachmann

◊ ◊ ◊

Naoki Urusawa – Pluto

Klaus Schikowski

Beste Comics des Jahres

  • Manuele Fior – 5000 km in der Sekunde (avant-Verlag)
  • Bastien Vivés – Polina (Reprodukt)
    Der junge Italiener Fior und der junge Franzose Vivés gehören zu den vielversprechendsten Talenten, die der Comic derzeit hat. Und sie erreichen mit ihren Werken eine bemerkenswerte Meisterschaft. Während bei Fior die Liebe, verpasste Chancen und die Reflektion über Heimat im Vordergrund steht, beschreibt Vivés die Ausbildung einer Balletttänzerin und den steinigen Weg eine eigene künstlerische Stimme zu finden. Beide Bücher beschreiben einen längeren Zeitraum und ihnen ist gemeinsam, die Schlüsselszenen des Lebens auszusparen und von den Folgen zu berichten. Beide sind voller Melancholie und Lebensfreude, intelligent und anrührend, beide sind der Beleg für modernes Erzählen in Comicform. Großartig.

Bester Krimi des Jahres

  • Naoki Urusawa – Pluto (Carlsen Manga)
    Mit acht Bänden ist der Science Fiction-Thriller abgeschlossen und erneut hat Urusawa sich nach Monster und 20th Century Boys selbst übertroffen. Die Geschichte um getötete Roboter und den klassischen Manga-Charakter Astro Boy besticht durch spannende Erzählweise, Traditionsbewusstsein und durch unaufdringliche Fragen nach künstlicher Intelligenz und Emotionen. Elektrisierend.

Bester Nachdruck von alten Strips

  • Floyd Gottfredson – Mickey Mouse Band 1 + 2 (Fantagraphics)
    Die alten Comicstrips aus den 1930ern, als Mickey Mouse noch ein Draufgänger war und riskante Abenteuer erlebte, werden in einer prächtigen querformatigen Hardcoverausgabe herausgegeben. Aber noch beeindruckender sind die begeleitenden redaktionellen Beiträge amerikanischer Comic-Historiker. So müssen Comicnachdrucke aufbereitet werden. Erhellend.

Lustigster Comic

  • Leo Leowald – Stopptanz (Reprodukt)
    Es reicht eine Auswahl an Kapitelüberschriften: »Stuhllegenden«, »Die bizarre Welt der Gräser«, »Beim Pitter«, »Fahrschule zum Schafott«. Deutsche Comicblogerlegende spürt mit einfachen Mitteln der deutschen Sprache und dem Leben im Allgemeinen nach. Gewitzt.

Peinlichster Lieblingscomic

  • Jef Nys – Kinderherrschaft, Band 3 der Serie: Jommeke (stainlessArt)
    Professor Gobelijn erfindet einen Trank, der Kinder klug macht und Erwachsene auf den Stand von Kleinkindern bringt. Ja, auch ich fühlte mich in das Alter von sechs Jahren zurückversetzt, als die Figuren noch Peter + Alexander hießen und Comics noch nicht während des Lesens kritisch hinterfragt wurden. Seufz.

Schlimmstes Leseerlebnis

  • Ganz allein – Chabouté (Carlsen Verlag)
    Graphic Novel mit 16 Seiten Möwenanflug auf Leuchtturm, dann folgt eine furchtbar langatmige Geschichte über einen Einzelgänger, der sich die Welt anhand von Lexikoneinträgen vorstellt. Man kann die Geduld des Zeichners bewundern, man kann es aber auch die langweiligste Graphic Novel des Jahres nennen. Prätentiös.

Größte Enttäuschung

  • Craig Thompson – Habibi (Reprodukt)
    Stellen Sie sich vor, Sie werden von wunderbaren Gerüchen in ein arabisches Restaurant gelockt, die Speisen sehen auch mehr als vielversprechend aus, aber nach dem Essen stellt sich ein unangenehmes Völlegefühl ein. Der amerikanische Koch hat es mit den Zutaten nur allzu gut gemeint ... Viele Ideen ergeben leider noch lange keine gute Erzählung. Überschätzt.
◊ ◊ ◊

Mister Wonderful (Daniel Clowes)

Thomas Vorwerk

  1. Mister Wonderful (Daniel Clowes)
  2. The Complete Peanuts 79-82 (Charles M. Schulz, Design: Seth)
  3. Habibi (Craig Thompson)
  4. Celluloid (Dave McKean)
  5. Freeway (Mark Kalesniko)
  6. Paying for it (Chester Brown)
  7. League of Extraordinary Gentlemen Century 1969 (Alan Moore, Kevin O’Neill)
  8. Mutts / www.muttscomics.com (Patrick McDonnell)
  9. americanelf.com (James Kochalka)
  10. Didi & Stulle [9: Der Auftrag d. Kanzlerin, 10: Bei d. Olympischen Spielen] (Fil)
  11. Scenes from an Impending Marriage (Adrian Tomine)
  12. Go the Fuck to Sleep (Adam Mansbach, Ricardo Cortés)
  13. X-Factor (Peter David, Valentine De Landro u.v.a.)
  14. Verschiedene Donald-Comics, entweder von Don Rosa oder übersetzt von Gerd Syllwasschy in TGDD
◊ ◊ ◊

Bastien Vivès – Polina

Gerd Ruprecht

  • Alexis Chabert – Bourbon Street 1: Les Fantomes de Cornélius
  • Luigi Critone – Je, François Villon : 1. Mais où sont les neiges d’antan ?
  • Tommy Lee Edwards – Turf
  • Rick Geary – The Lives of Sacco and Vanzetti
  • Luc Jacamon – Le Tueur 9: Concurrence deloyale
  • Jason – L’île aux cent mille morts
  • Manu Larcenet – Blast 2
  • Cyril Pedrosa – Portugal
  • Gabriel Rodriguez – Locke & Key 6: Clockworks
  • Tonay Sandoval – Doomboy
  • Seth – The Great Northern Brotherhood of Canadian Cartoonists
  • Jean-Louis Tripp – Magasin Général 7: Charlston
  • Naoki Urasawa – Billy Bat 6
  • Sylvain Vallée – Il était une fois en France 5 : Le petit juge de Melun
  • Bastien Vivès – Polina
◊ ◊ ◊

Nana Wallraff

Bilderbücher/illustrierte Kinderbücher 2011
  • Angelo, Silvana de und Antonio Marinoni: Der Duft der Dinge. Die Geschichte eines Diebes (Gerstenberg)
  • Crowther, Kitty: Annie (Carlsen)
  • Crowther, Kitty: Der Besuch vom kleinen Tod (Carlsen)
  • Elliott, David (Text) und Timothy Basil Ering (Ill.): Finn tobt! (Klett Kinderbuch)
  • Friz, Paolo: ICH knack die Nuss (Atlantis)
  • Grimm, Jacob und Wilhelm und Benjamin Lacombe (Ill.): Schneewittchen (Jacoby & Stuart)
  • Grimm, Jacob und Wilhelm und Lorenzo Mattotti (Ill.): Hänsel und Gretel (Carlsen)
  • Heidelbach, Nikolaus: Wenn ich groß bin, werde ich Seehund (Beltz & Gelberg)
  • Schubiger, Jürg (Text) und Rotraut Susanne Berner (Bilder): Als der Tod zu uns kam (Peter Hammer)
  • Tan, Shaun: Eric (Carlsen)
◊ ◊ ◊

Martina Lenzin – rpm

Felix Giesa

Elf Titel, die in Erinnerung geblieben sind, aufgereiht in der Abfolge, wie sie mir eingefallen sind. Ist das wertend zu verstehen oder als Abbild meiner Denke? Egal, hier meine Jahresbesten plus ein Titel, dessen Ausscheiden aus dem Reigen wohl erst dieses Jahr wirklich bemerkt werden wird.

  • Jeff Lemire und Travel Foreman – Animal Man (DC)
    Beste neue Serie im vergangenen Jahr; gelungene The 52-Titel bei DC waren auch Batwoman, Swamp Thing und Frankeinstein
  • Birgit Weyhe – Reigen (avant)
    Leider erst kurz vor Ende des Jahres erschienen und daher wohl etwas untergegangen, kann man nur hoffen, dass Birgit Weyhes Reigen in diesem Jahr einiges an Aufmerksamkeit widerfahren wird. Denn ihre Geschichte einer transnationalen Wanderschaft einer goldenen Taufkette ist nicht weniger als genial und, ähnlich wie Das Jahrhundert einer Ratte, eine Genealogie des langen 20. Jahrhunderts, von den Schützengräben des Ersten Weltkrieges bis heute.
  • Jeff Lemire – Sweet Tooth (Vertigo)
    Beste Ongoing-Serie; besonders die gemeinsam mit Matt Kindt erstellte dreiteilige Storyline, »The Taxidermist«, war ein Highlight.
  • Grant Morrison und Sean Murphy – Joe the Barbarian (Vertigo)
    Eine Abenteuergeschichte, eine Kindheitsgeschichte, eine Geschichte für Jugendliche – kurz Morrison at ist best!
  • Bastien Vivès – Polina (Reprodukt)
  • Lorenzo Mattotti – Hänsel & Gretel (Carlsen)
  • Takako Shimura – Wandering Son (Fantagraphics)
    Bester Manga und wieder einmal ein Manga, der zeigt, dass es auch Manga neben der klischeebeladenen Massenware gibt. Eine einfühlsame Kindheitsgeschichte, liebevoll und wohltuend verwirrend in ihren verzwickten Familienstrukturen.
  • Wittek et al. – Kochonsel Fraktur (Edition Rostfrass)
    Bestes Trash Erlebnis des beendeten Jahres und die leise Hoffnung, dass es irgendwann einmal mit Panik Elektro weitergehen wird!
  • Martina Lenzin – rpm (Reprodukt)
    Martina Lenzin ist, das konnte man schon in Two Fast Colour sehen, eine vielversprechende Comiczeichnerin, deren filigranen Zeichnungen wunderbar die Leichtigkeit, aber auch die Vergänglichkeit des Aufbruchs einer Subkultur und ihres Soundtracks in Bildern wiederzugeben vermag.
  • Aisha Franz – Alien (Reprodukt)
    Alien, das kann man getrost sagen, ist eines der stärksten Comicdebüts der letzten Jahre. Interessanterweise wird in vielen Titeln meiner Liste über Kindheit, Kindsein erzählt – glücklicherweise auch bei Aisha Franz nicht als Nabelschau.
  • Carl Norac und Stéphane Poulin – Im Land der verlorenen Erinnerung (Jacoby & Stuart)
    Eine gelungene Erzählung über Ausgrenzung und gesellschaftliche Konflikte, die sicher auch breitere Wahrnehmung erfahren hätte, wenn man nur den Bildern getraut hätte. Der etwas misslungene Text tut dem Band überhaupt nicht gut.
  • Mome (Fantagraphics)
    Bester und wichtigster eingestellter Titel. Wie bedeutsam die Anthologie war, fiel jedes Jahr in den Best American Comics-Anthologien auf: Viele der dort versammelten Comics waren aus Mome.