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Bildmaterial © Paramount Pictures International
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Dinner für Spinner
(R: Jay Roach)
Originaltitel: Dinner for Schmucks, USA 2010, Buch: David Guion, Michael Handelman, Drehbuch der Vorlage Le diner de cons: Francis Veber, Kamera: Jim Denault, Schnitt: Alan Baumgarten, Jon Poll, Musik: Theodore Shapiro, mit Paul Rudd (Tim), Steve Carell (Barry), Stephanie Szostak (Julie), Lucy Punch (Darla), Jemaine Clement (Kieran), Bruce Greenwood (Lance Fender), Zach Galifianakis (Therman), David Walliams (Mueller), Lucy Davenport (Birgit Mueller), Ron Livingston (Caldwell), Larry Wilmore (Williams), Kristen Schaal (Susana), P.J. Byrne (Davenport), Andrea Savage (Robin), Nick Kroll (Josh), Randall Park (Henderson), Christopher O’Dowd (Marco - Blind Swordsman), Patrick Fischler (Vincenzo - Vulture Lover), Jeff Dunham (Lewis - Ventriloquist), Octavia Spencer (Madame Nora - Pet Psychic), Rick Overton (Chuck - Beard Champion), 114 Min., Kinostart: 23. September 2010
Jay Roach ist der Regisseur von Meet the Parents und Meet the Fockers und der drei Austin-Powers-Filme. Somit ein ausgewiesener Komödienspezialist. Sein neuester Film ist ein Remake von Francis Vebers Le diner de cons, und ohne der Kenntnis der Vorlage habe ich darauf getippt, dass dort Gerard Depardieu und Pierre Richard die Rollen von Paul Rudd und Steve Carell innehatten. Was einerseits komplett falsch war (das Original stammt von 1998), aber andererseits auch ein Körnchen Wahrheit offenbarte, denn Francis Veber hatte gleich mehrere Filme dieses erfolgreichen Teams inszeniert und geschrieben. Veber, der Dinner for Schmucks auch mitproduzierte, hatte von seinem letzten Depardieu/Richard-Film 1989 bereits selbst ein amerikanisches Remake gedreht: Three Fugitives (dt.: Das Bankentrio), in dem die beiden Hauptrollen mit Nick Nolte und Martin Short besetzt wurden - und da Martin Short für mich etwa so witzig ist wie Ingolf Lück, behaupte ich mal, dass die Besetzung von Dinner for Schmucks ungleich besser gelungen ist.
Paul Rudds Karriere besteht zu großen Teilen aus Rollen, die man wie folgt beschreiben kann: Karrieretypen, die schnell von etwas angenervt sind, und ein Faible zum Losertum haben. Eine seiner frühen Rollen war immerhin der Paris in Baz Luhrmanns Romeo + Juliet: Ein vielversprechender Junggeselle aus der Oberschicht, der im Film immerhin ein glimplicheres Ende nimmt als im Shakespeare-Original. Und seine anderen Rollen sind ganz ähnlich: In The Forty-Year-Old Virgin einer der Kumpel von Carell, der nur im direkten Vergleich nicht wie ein Loser rüberkommt. In Knocked Up ein vermeintlich glücklicher Ehemann, der kaum ein Fettnäpfchen auslässt. In Role Models auch so jemand, der zwischen Karrierestreben und dem (gefühlvollen) Nachlaufen seiner großen Liebe zerrissen ist. Selbst seine Winzrollen in Walk Hard (John Lennon) und Year One (Abel) oder seine Sprechrolle in Monsters vs. Aliens (der Verlobte jener Frau, die kurz vor der Hochzeit riesengroß wird) lassen sich ohne große Probleme in dieses Schema einfügen. Mittlerweile hat sich der sympathische Darsteller immerhin zu Hauptrollen hochgearbeitet.
Steve Carell konnte sich als Darsteller liebenswerter Spinner auch ohne den Vorteil seiner US-Fernsehkarriere (u. a. in der US-Version von The Office, einer Serie, deren Eindeutschung als Stromberg das Interesse der Fernsehanstalten am Original komplett verschwinden ließ) in Deutschland durchsetzen.
In Dinner for Schmucks spielt Paul Rudd Tim, einen dieser Anzugträger, die mit Börsengeschäften und der Liquidation von Firmen für die Weltwirtschaftskrise verantwortlich waren. Aber er hängt in diesem Dog-eat-Dog-Business noch in einer der tieferen Etagen fest und bekommt durch eine nerdige Idee erstmals die Chance, zu den ganz großen (und ganz fiesen) aufzuschließen. Wenn er bei einem monatlich stattfindenden Essen als Begleitung den größten Idioten mitbringt. Natürlich passt das nicht mit seinen Hochzeitsplänen mit Julie (Stephanie Szostak) zusammen, die er deswegen anlügt, während er insgeheim mit seiner Zufallsbekanntschaft Barry (Carell) schon einen veritablen Kandidaten entdeckt hat, der nur etwas anhänglich ist, und innerhalb kürzester Zeit diverse Katastrophen verantwortlich, darunter auch dafür, dass Julie Tim verlässt. Dieser Teil der Filmstory, der natürlich damit endet, dass Tim Julie zurückgewinnt, indem er zwar sein Losertum zugeben muss, aber sich gleichzeitig für die Ehrlichkeit entscheidet (vgl. Rudds Beziehung mit Elizabeth Banks in Role Models), ist nicht besonders spannend - und könnte auch witziger sein.
Doch was mich immens für den Film einnahm, waren neben Barrys Hobby, dem Ausstopfen von Mäusen, die er dann in liebenswerte Miniaturen einbaut (u. a. um seine gescheiterte Ehe zu verarbeiten), vor allem die Nebenfiguren, die durchweg ziemliche Chaoten sind, aber nur zu einem sehr geringen Teil beim erst spät im Film beginnenden Dinner auftauchen. Da wäre etwa der von Jemaine Clement (Eagle vs. Shark, Gentlemen Broncos) großartig gespielte Kieran, ein animalischer, viriler Künstler, der in Julies Galerie ausstellt (und natürlich hinter ihr her ist). Oder Tims Stalkerin Darla (Lucy Punch, ähnlich aufdringlich in Hot Fuzz und St. Trinian's), Barrys Boss und Nebenbuhler Thurman (Zach Galifianakis, bekannt aus The Hangover) oder die reichen Schweizer Geschäftsleute mit Namen Mueller, die sich natürlich komplett deutsch verhalten (inkl. des Akzents), aber auch, wenn dieser Fehler in der deutschen Synchro sicher korrigiert werden wird, können sie nicht halb so witzig sein wie im Original. Selbst Winzrollen wie die von Kristen Schaal (never heard of her before, aber in Going the Distance spielt sie auch mit) oder dem mir nur aus wenigen Episoden von Mad Men bekannten Patrick Fischler vergrößern den Spaß des Films und einige der Dialoge sind echte Klassiker (Barry: »I don’t wanna cramp your style!« – Tim: »It’s already cramped.«).
Wie die Focker- und Austin-Powers-Filme keine große Filmkunst, aber ein echter Laugh-a-thon. Und nahezu ohne geschmacklose Pipi-Kaka-Gags (sieht man mal von der einen mit Lippenstift geschriebenen Botschaft ab).