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Bildmaterial © Paramount Pictures International
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World War Z
(Marc Forster)
USA / Malta 2013, Buch: Matthew Michael Carnahan, J. Michael Straczynski, Drew Goddard, Damon Lindelof, Lit. Vorlage: Max Brooks, Kamera: Ben Seresin, Schnitt: Roger Barton, Matt Chessé, Musik: Marco Beltrami (performed by Muse), Supervising Art Director: John Billington, mit Brad Pitt (Gerry Lane), Mireille Enos (Karen Lane), Daniella Kertesz (Segen), James Badge Dale (Captain Speke), Matthew Fox (Parajumper), David Morse (Burt Reynolds), Fana Mokoena (Thierry Umutoni), Abigail Hargrove (Rachel Lane), Steling Jerins (Constance Lane), Ludi Boeken (Jurgen Warmbrunn), Fabrizio Zacharee Guido (Tomas), Elyes Gabel (Andrew Fassbach), Peter Capaldi, Ruth Negga, Moritz Bleibtreu (W.H.O. Doctors), Michiel Huisman (Ellis), Ernesto Cantu, Vicky Araico (Tomas' Parents), Ruari Cannon (Pharmacy Helper), 116 Min., Kinostart: 27. Juni 2013
Dass man den Roman-Bestseller von Max Brooks nicht mit Brad Pitt in der »Hauptrolle« verfilmen kann, stand von vornherein fest, denn im Roman wird die Entwicklung des Zombie-Weltkriegs wie in einem Dokumentarfilm rückwirkend aus Interviews mit Überlebenden zusammengesetzt, in gut drei Dutzend Kapiteln mit unterschiedlichen Protagonisten, eine Hauptfigur gibt es nicht. Und auch keinen Familienvater namens Gerry Lane, der die Welt beinahe im Alleingang zu retten versucht.
Wenn man aber akzeptiert, dass ein Film mit solch einem Budget weder als »Episodenfilm« (oder gar im Doku-Stil) zu finanzieren ist, noch ein vergleichbares Publikum erreichbar wäre, dann kann man immerhin erkennen, dass man abgesehen vom nicht unumstrittenen Ende des Films einiges aus der handlungstechnischen Entwicklung des Buchs übernommen hat (obwohl den Machern der einprägsame Titel wahrscheinlich wichtiger war als einzelne Kapitel). Wie bei Brooks sind die Spielorte großzügig über den Globus verteilt, wenn auch eindeutig verdichtet (statt Szenen in etwa zwei Dutzend Nationen im Buch (verteilt auf sämtliche Kontinente und Weltmeere zuzüglich der Antarktis) beschränkt man sich auf sechs oder sieben Stationen, die Brad Pitt bei seinem Abenteuer durchläuft. Von den zahlreichen politischen Implikationen des Buchs wurde zumindest die Episode um die Schutzmauer um Jerusalem clever und visuell einprägsam umgesetzt, und bei einer Übertragung in ein anderes Medium ist eine der wichtigsten Regeln, dass man die Geschichte den unterschiedlichen Stärken und Schwächen des jeweiligen Mediums anpasst. Und wo in einem Roman Interviewsituationen und zahlreiche Erzählperspektiven Abwechslung und ein breites Panorama schaffen, kann man sich in einem Film nur schwer alle acht Minuten auf einen neuen Erzähler und eine Flashback-Konstruktion einstellen, und so konzentriert man sich halt auf Action und eine stringente Handlung, die gemeinsam mit der von Pitt gespielten Figur versucht, die persönliche Flucht vor den Auswirkungen der Zombie-Pandemie mit der Suche nach den Ursprüngen (und einer möglichen Heilmethode) zu kombinieren.
Auch auf der Strecke blieben zwangsläufig viele der unterschiedlichen Kampfstrategien gegen die Zombies, denen man bei unterschiedlichem Terrain, Besiedlung, technologischem Fortschritt oder Klima halt auf unterschiedliche Art ausgeliefert ist – aber immerhin gibt es im Film auch mal eine Szene in einer spärlich besiedelten Gegend, wo sich Pitt mit einer Wolldecke bewaffnet durchschlagen muss. Das sind winzige Referenzen an die Buchvorlage, die Leser durchaus zu schätzen wissen dürften.
Doch betrachten wir den Film mal getrennt von seiner Vorlage. Von Beginn an ist klar, dass die Macher sich auch vor den Klassikern (zumindest den neueren) des Genres verneigen. Der Vorspann ist im bewährten Nachrichten-Potpourri gehalten, das erste Newsflashs über Viruserkrankungen paart mit urbanen Massenszenen und Tieraufnahmen, die neben zähnefletschenden Wölfen (die animalische Beißwut) auch Ameisen zeigt, was die ästhetisch größte Innovation des Films vorwegnimmt.
Die erste Spielszene des Films verdeutlicht bereits klar, was in diesem Film anders (und nicht unbedingt besser) als in anderen Zombiefilmen läuft: Man sieht durch eine Schlafzimmertür auf ein friedlich schlummerndes Paar, aus subjektiv zu interpretierender Perspektive öffnet dann eine Kinderhand diese Tür. Die Assoziation mit dem zunächst freundlichen Nachbarsmädchen in Zack Snyders Dawn of the Dead drängt sich auf, welches in der entsprechenden Szene gleich Sarah Polleys Gatten kräftig in den Hals beißt. In World War Z löst sich die Szene fast schneller, als man einen Vergleichsfilm assoziieren kann, in Wohlgefallen auf, in die zwei kleinen Töchter der Pitt-Figur, die ihre Eltern mit verspieltem Geschrei wecken. Man ist zwar nur eine Minute von der Szene entfernt, wo die eine Tochter, durch eine Nachrichtensendung inspiriert, fragt »Daddy, what is martial law?«, aber die Gefahr, dass es sich hier sozusagen um einen »Familienfilm« handelt, ist schnell allgegenwärtig. Zombiefilme, die zu pfleglich mit ihrem Personal umgehen, beispielsweise Zombieland, bei dem man spätestens nach einer halben Stunde sicher ist, dass der kleinen Abigail Breslin und ihrer Schwester Emma Stone nichts Schlimmes widerfahren wird, sind Genrefans generell suspekt, und man muss bei World War Z immerhin ähnliche Abstriche machen wie bei einem Film mit fast gleichlautenden Titel, Steven Spielbergs War of the Worlds, bei dem die Familienidylle um Tom Cruise allerdings dann doch noch um einiges unerträglicher ist als hier die etwas nervende Pitt-Gattin (Mireille Enos) und ihre nach Schmusedecken, Pfannkuchen oder dem Asthma-Inhalator kreischenden Mädchen.
Die durch Filme wie Cloverfield geschulten Drehbuchautoren liefern dann eine überzeugende »Ich-hänge-in-Rush-Hour-fest-und-irgendwas-kommt-von-dahinten-was-schneller-ist-als-der-Straßenverkehr«-Szene, die aber nach dem großartigen Auftritt des Polizisten, der dringend bittet, im Fahrzeug zu bleiben, weil man dort »sicherer« ist, zur ersten Schwachstelle des Films wird, denn einer Horde der bisher schnellsten Zombies der Filmgeschichte kann man mit zwei halbwüchsigen Töchtern an der Hand oder im Arm nicht wirklich glaubwürdig entkommen, und so muss der Film schon früh seine Glaubwürdigkeit strapazieren. Aber immerhin mit spektakulären Action-Szenen. Neben einem bereits früh eingebrachten Hinweis auf eine Besonderheit der Zombies ist den Autoren auch die vielleicht beste »Papi-ich-hab-mein-Kuscheltier-verloren«-Szene der Filmgeschichte eingefallen, denn das Tierchen ist auch eine per Schnur im Rücken aktivierte Zählhilfe, und so kann der Film recht clever etablieren, dass von der Bissinfektion bis zur Verwandlung in einen Zombie nur zwölf Sekunden vergehen. Immer noch langsamer als bei den Schwarzschlümpfen, aber sehr besorgniserregend – wenn auch aus Quarantäne-Gesichtspunkten hilfreich.
Bei den weiteren Stationen des Films soll hier nicht zu viel vorweggenommen werden, aber es gibt einige wirklich schöne Einfälle: die hilfreiche Zufallsbegegnung in der Medizinabteilung oder der sehr zielorientierte Polizist, der junge Experte aus Harvard oder jenes Fortbewegungsmittel, das man eher selten in Zombiefilmen sieht. Und beinahe jede Szene, in der jemand bis zwölf zählt. Natürlich gibt es im Gegenzug auch einige ärgerliche Momente wie manches, was im Passagierflugzeug passiert, aber letztlich überwiegen doch die positiven Eindrücke. Eine deutliche Abkehr vom Genre ist der nahezu komplette Verzicht auf appetitliche Bisswunden, Splattereffekte oder genüsslich zelebrierte Kopfschüsse, da dürfte sich Regisseur Marc Forster (Monster's Ball, Stranger than Fiction, Quantum of Solace) dann doch seines Mainstream-Publikums überdeutlich bewusst gewesen sein. Stattdessen konzentriert man sich auf wichtigeres, und wie schon das sehr schöne Teaser-Plakat andeutete, sind diese Zombies nicht nur schnelle Renner (außer Romero selbst scheint niemand mehr die irgendwie nachvollziehbar langsamen Old-School-Zombies zu verwenden) und infizieren sich so schnell, dass selbst eine ausreichende Anzahl von Alternativopfern einem guten Läufer keine besonders guten Chancen zu entfliehen einräumen. Das handlungstechnische wie insbesondere ästhetische Novum der WWZ-Zombies ist, dass sie wie Ameisen in ausreichender Stärke innerhalb kürzester Zeit selbst unüberwindbar erscheinende Hindernisse meistern. Wie sich hier die Scharen aufgebrachter Rennzombies fast wie eine etwas zähflüssigere Flutwelle bewegen, das ist ein visuelles Erlebnis, für das selbst Zuschauer, die Massenszenen aus dem Rechner normalerweise verpönen, auch gerne ins Kino gehen dürften.
Das Ende des Films ist wie gesagt nichts für Zombiefilm-Puristen und auch auf die Ausweitung auf eine Trilogie bei zu großem Erfolg können wir gerne verzichten, aber World War Z ist nach Warm Bodies bereits die zweite Bereicherung des Genres in diesem Kinojahr.