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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




23. Oktober 2012
Thomas Vorwerk
für satt.org

Cinemania-Logo 83:
Oktober 2012

Halloween ist noch ein wenig hin, aber einige dieser Filme sind aus anderen Gründen zum Gruseln ...


Sushi in Suhl

Sushi in Suhl
(Carsten Fiebeler)

Deutschland 2012, Buch: Jens F. Otto, Kamera: Gero Steffen, Schnitt: Monika Schindler, Kulinarische Beratung: Rainer Rassbach, mit Uwe Steimle (Rolf Anschütz), Julia Richter (Ingrid Anschütz), Ina Paule Klink (Giesela), Thorsten Merten (Hans Leutner), Michael Kind (Lothar Jäger), Deborah Kaufmann (Elke Malaschke), Gen Seto (Dr. Hayashi), Ernst-Georg Schwill (Otto Günther), Christian Tramitz (Ernst Kaltenhauser), Angelika Böttiger (Helga), Leander Wilhelm (Robert Anschütz), Hilmar Eichhorn (Erwin Anschütz), Axel Wandtke (Jochen Büttner), Alexander Hörbe (Hans Kremser), Nils Nelleßen (August Schwing), Marleen Lohse (Evi), 107 Min., Kinostart: 18. Oktober 2012

Die Kernidee des Films überzeugt: Ein Koch in den 1970ern in der DDR, der aufgrund seiner Fertigkeiten zum Günstling der Staatsführung aufsteigen könnte, sich aber in den Kopf setzt, ein Japan-Restaurant zu eröffnen - und sich gegen die meisten Schwierigkeiten durchsetzt. Das ist ein Biopic mit Zeitkolorit, eine anti-ostalgische Komödie und eine Geschichte über Durchsetzungsvermögen und Einfallsreichtum, wo Kellnerinnen zu Geishas werden und »ausgeliehene« Bademäntel zu beinahe authentisch asiatischen Kleidungsstücken.

Ein wenig seltsam ist die Erzählstruktur, die die Geschichte zunächst märchenähnlich aus der Sicht des zunächst sehr jungen Sohns des Kochs Rolf Anschütz erzählt, sich zwischenzeitig in der Beziehung dieses Sohns (Robert) mit dem Vater des Kochs, Erwin, verliert, und dann den Sohn und Erzähler irgendwann quasi komplett vergisst. Der Grund für dieses seltsame Prozedere findet sich noch am ehesten in dem Detail aus dem Nachspann, dass eine Tochter Anschützens (im Film nie erwähnt) das Filmteam unterstützte - und womöglich auf den Medienrummel verzichten wollte. Aber das bei Filmen allzu gern verliehene Prädikat »nach wahren Begebenheiten« (das mich persönlich eher abschreckt) verliert durch solche Aktionen natürlich schnell an Wert und Glaubwürdigkeit.

Wie auch die zunächst geradlinige Erfolgsgeschichte schon früh den Samen eines späteren Eheproblems mit sich führt (die über lukullische Experimente wie Maikäfersuppe wenig erfreute Gattin und die erstaunlich flexible Kellnerin) und gegen Ende des Films ansatzweise zu einem Problemfilm auswächst, sich dann aber doch wieder auf das Filmmärchen nebst metaphorischen Blütenfall und Happy-End besinnt.

In manchen Momenten wie beim Gastauftritt Christian Tramitz' oder dem obligatorischen Wasabi-Schenkelklopfer setzt der Film zu sehr auf Volkstümlichkeit und vergisst darüber seinen Sinn für das Exotische, für die Erweiterung des Horizonts, die eigentlich den Kern des Films und seiner Geschichte ausmacht, für den kleinsten gemeinsamen Nenner mit dem Publikum aber verraten wird.

Was umso trauriger wirkt aufgrund der vielen guten Ideen zu Beginn des Films, aufgrund des charmanten Aufbaus vieler Nebenfiguren, die eine genuine Kleinstadtatmosphäre entwickeln, innerhalb einer Zerreißprobe durch die DDR-Obrigkeiten, die zu keinem Zeitpunkt das Gefühl vermitteln, dass sie eigentlich wüssten, was sie wollen oder nicht wollen (was insofern dann doch wieder komödiantisch-ostalgisch wirkt).

Sushi in Suhl hat das Potential zu einem wirklich rundum gelungenen Film, aber im Detail, an den Ecken und Kanten, irgendwo zwischen dem »kulinarischen Kapitalismus« und dem »Kochen für den Weltfrieden« fehlt oft ein Stück, ähnlich wie bei den frühen Ersatzstoffen in der Küche von Anschütz, wo erhitzter Tokajer als Sake herhalten muss. Dass der Japan-Ausflug des Films ausgerechnet durch den Fukushima-Reaktorunfall ausfallen musste, ist ein trauriges Detail, das den Betrachter mit Anteilnahme für den Film erfüllt, die seltsamen ästhetischen Entscheidungen, die die Filmemacher zur Überbrückung des Problems anwenden, lassen aber den Einfallsreichtum der Suhler Küche vermissen. Insbesondere, wenn man bemerkt, mit vergleichsweise welchem (auch technischen) Aufwand einige 70er-Jahre-Settings erschaffen wurden. Nun mag das an der zeitlichen Abfolge der Dreharbeiten liegen, doch die Unverhältnismäßigkeit des Aufwand wiegt dadurch nicht geringer. Da überzeugte der thematisch, ostalgisch und komödiantisch ähnlich gelagerte Kleinruppin forever desselben Regisseurs stärker.

Wie in der japanischen Küche ist es auch hier so, dass weniger manchmal mehr ist - oder gewesen wäre.

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Bombay Beach

Bombay Beach
(Alma Har'el)

USA 2011, Kamera: Paula Present, Schnitt: Joe Lindqvist, Alma Har'el, Musik: Zach Condon, Bob Dylan, mit Benny Parrish, Doran »Red« Forgy, Cedric »Ceejay« Thompson, 80 Min., Kinostart: 27. September 2012

Bombay Beach, von seinem deutschen Verleih als »musikalischer Dokumentarfilm« angekündigt - aus unerfindlichen Gründen habe ich da etwas mit Bollywood erwartet - und ich hätte kaum falscher liegen können.

»Bombay Beach« ist nämlich kein Strand in Indien, sondern ein Ort in Südkalifornien. Mitten in der Colorado-Wüste hat man einst einen See angelegt, um privilegierte Touristen anzulocken. Mitte des vergangenen Jahrhunderts gaben sich hier die Prominenten die Klinke in die Hand, doch vom See blieb nur ein kleiner Tümpel mit toten Fischen, mittlerweile ist Bombay Beach heruntergekommen, nur die Ärmsten haben das Nest noch nicht verlassen, und diese dokumentiert der Film. Abgesehen von den üblichen Interviews gestalten die Protagonisten den Film aber auch aktiv (und nicht besonders dokumentarisch) mit, indem sie mit unterschiedlich komplexen Choreographien zu Songs von Bob Dylan, der Band Beirut und eigens erstellter Filmmusik (ich bin mir nicht sicher, wo die Unterscheidung zwischen Band und Bandleader Zach Condon greift) vor der Kamera tanzen.

Einerseits geht es natürlich um die Armut, um das Leben in einer zivilisatorischen »Twilight Zone«, doch die Bilder dazu (und das nicht nur bei den Musical-Einlagen) werden mit jedem irgendwie zur Verfügung stehenden Trick ästhetisch aufgewertet. Unschärfen, übersteuerte Farben, das Ganze erinnert oft eher an Musikvideos oder Werbe-Clips als an eine Doku, nach dazu mit einer solchen Thematik.

Die dargestellten Einzelschicksale (ein manisch-depressiver junger Waffennarr, ein farbiges Football-Talent, das freiwillig hierher zog, um der Bandenkriminalität in Los Angeles zu entfliehen, ein alternder Schmuggler »aus Leidenschaft«) sind auch durchaus interessant, doch zum einen habe ich die Tanzeinlagen als traumhafte Fantasien interpretiert, wodurch der utopische Eskapismus innerhalb des Films (und der Dreharbeiten) die eigentliche Problematik von »Bombay Beach« deutlich in den Hintergrund drängt (was durch die Ästhetisierung natürlich ebenfalls unterstützt wird). Und da ich zum anderen bei Dokumentarfilmen nach wie vor Purist bin, ärgert es mich dann auch noch doppelt, wenn Sequenzen wie ein Streit um eine Erpressung durch Bilder so offensichtlich inszeniert und nicht dokumentiert ist, dieses (aus meiner Sicht) Dilemma aber von den Filmemachern offenbar nicht einmal als solches wahrgenommen wird. Und wen wundert es eigentlich, bei dieser Herangehensweise?

Alma Har'el hat als nächstes Regieprojekt übrigens einen Sigur-Ros-Film mit Shia Labeouf in Angriff genommen, und mit diesem Wissen wird aus dem vermeintlichen Dokumentarfilm auch schnell eine Art »Bewerbungsvideo«. Wer aus so einer trostlosen Gegend einen unbestreitbar lebensfrohen Film machen kann, der dürfte auch Werbeclips für Anti-Kalk-Tabletten oder Hämorrhoiden-Cremes »ansehnlich« machen können.

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Mann tut was Mann kann

Mann tut was Mann kann
(Marc Rothemund)

Deutschland 2012, Buch: Hans Rath, Marc Rothemund, Lit. Vorlage: Hans Rath, Kamera: Martin Langer, Schnitt: Dirk Grau, Musik: Mousse T., mit Wotan Wilke Möhring (Dr. Paul Schuberth), Jasmin Gerat (Dr. Iris Jasper), Jan Josef Liefers (Guido Schamski), Bruno (Fred), Fahri Yardim (Bronko Steiner), Oliver Korittke (Günther), Karoline Schuch (Iggy), Friederike Kempter (Kathrin), Emilia Schüle (Sophie), Axel Stein (Bode), Fritz Roth (Hauptwachmeister Strasser), 106 Min., Kinostart: 11. Oktober 2012

Leider funktioniert ein Großteil deutscher Filmkomödien immer noch nach dem Gesetz, das in den 1980ern zum längerfristigen Niedergang des Genres führte: Alles, was erfolgreich ist, wird nachgeahmt. So war es damals nach Männer, so ist es heute etwa bei dieser genmanipulierten dritten Generation von Männerherzen (kein Zufall, sondern Programm, dass der Titel der Romanvorlage Man tut was man kann um zwei Buchstaben erweitert wurde). Nach wie vor geht es um Pleiten, Pech und Pannen einer größeren Anzahl männlicher Probanden, wobei ausgerechnet Wotan Wilke Möhring, gesichtstechnisch das glücklich gestaltete gemeinsame Kind von Marius-Müller Westernhagen und Franck Ribery, der in Männerherzen noch den ausgetickten (und nicht so recht in den Film passenden) Maniac gab, hier nun neben Klemmi Korittke, Ladies' Man Liefers und dem ganz auf Witzfigur gebürsteten Fahri Yardim hier den eigentlichen »Normalo« spielt, die Identifikationsfigur, die Hauptrolle. Und dies - nächste »Überraschung« im Casting - an der Seite von Jasmin Gerat, die neben Alexandra Maria Lara sowas wie die deutsche Keira Knightley für mich darstellt: theoretisch eigentlich hübsch anzusehen, praktisch aber unerträglich dauerfotogen, ein Retortengesicht, das die Emotionstiefe eines Werbespots beherrscht, sich aber stets in Ufernähe aufhält, weil sie weiß, dass sie mit ihrem Hundepaddeln an Gestik und Mimik in Gefilden, die wirkliche Schauspielkunst erfordern, jämmerlich absaufen würde.

Apropos »Hundepaddeln«: Abgesehen vielleicht von Jan Josef Liefers, den man aber auch nur bedingt ernstnehmen kann in seiner Virtuosität dessen, was er inzwischen wahrscheinlich schon schlafwandelnd abliefern kann, ist der beste Darsteller des Films klar der Hund Bruno (der hier den Hund Fred spielt), auch wenn dieser ein wenig darunter leidet, dass er fast durchgehend synchronisiert wurde und somit oft angeblich böse knurrt, während man bei anderer Kadrage sehen würde, dass er auf der andern Körperhälfte vor lauter Spieltrieb mit dem Hinterteil wackelt. Bruno (bzw. Fred) ist sozusagen die große Liebe der Hauptfigur Paul (Wotan Wilke Möhring), der im Verlauf des Films gern in Frauenbetten landet, die er aber dann immer vor dem Frühstück im gezielten Rückzug verlassen möchte. Nur nach einer sehr romantischen gemeinsamen Nacht mit Fred (bzw. Bruno) zeigt sich Paul allzu bereit, auch gerne etwas länger zum Kuscheln zu bleiben. Und gerade in diesem Moment taucht dann Jasmin Gerat als »so gut wie verheiratete« Tierärztin Iris auf (übrigens eine Besonderheit des Films: beide Hauptfiguren haben einen Doktortitel!) und drängt die Herrchen-Hund-Liebe mit der entschlossenen Autorität des Drehbuchs, das über solche Prioritäten entscheidet, in den Hintergrund. Nach einem durch aufdringliche Geigenmusik markierten »Liebe-auf-den-ersten-Blick«-Moment zwischen Paul und Iris (ursprünglich vor allem aus Pauls Perspektive) behauptet der Film immer wieder eine große Anziehungskraft zwischen »seinem« großen Liebespaar, die schließlich in dem »kein-Rendezvous«-Abendessen kulminiert, das nach einer gemeinsam entdeckten Vorliebe für Austern und anderthalb plätschernden Dialogen zu einer quasi endlosen »Good-Feeling«-Montage mutiert (natürlich mit der selben Plätschermusik, die ein Kritikerkollege »Vorhölle der heterosexuellen Grausamkeit« nannte), die nicht weniger als vier Angestellte eines Berliner Restaurants dazu verdammt, ihr Lokal im Dienste des Drehbuchs bis 3 Uhr nachts zu hüten (nein, bei diesem Film werde ich sicher nicht über Logik sprechen), nur um dann nach einem sehr seltsam inszenierten Kuss in einem vermeintlich romantischen ausgefallenen Koitus zu enden. Die Moral: wenn man mit jeder ins Bett steigt (und sei es nur, um den Freund eifersüchtig zu machen), dann ist es was ganz besonderes, wenn man bei einer beischlafbereiten Dame mal »nein« sagt, weil diese natürlich »die Richtige« ist. Übrigens ist dieser Film in Sachen »die oder der Richtige« so etwas wie ein Lottoticket mit sechs Richtigen plus Superzahl und mindestens noch fünf Endzahlen bei Spiel 77. Doch wo es bei Paul und Fred schon beim ersten Spaziergang unüberhörbar knistert (einem Rottweiler bringt man keine Flora zum Date mit, sondern lässt ihn höchstpersönlich die Fauna wie ein Sexersatz »pflücken«), haben die rein menschlichen Paare in diesem Film meistens den Vorteil, dass sie nur warten müssen, bis der Soundtrack unüberhörbare Signale sendet (oder während des Nachspanns die nervige Brautjungfer endlich auftaut), und schon - et voila! - steht »die Richtige« vor einem, man ist »so gut wie verheiratet« und der Film gnädigerweise dann auch irgendwann vorbei.

Nach diesen harten aber verdienten Worten muss ich allerdings auch erwähnen, dass ich mich trotz des immergleichen Schemas durchaus unterhalten fühlt. Wenn Wotan sich mit dem Spruch »Ich sage Dir: Wenn's in Deinem Leben eine große Liebe gibt, dann kämpfe dafür. Und zwar sofort!« um seine Mitfahrgelegenheit bringt oder sich mit den fast unsterblichen Worten entschuldigt »Tut mir leid, dass ich zu spät bin. Ich hab' vorm Kleiderschrank kurz die Nerven verloren« - das ist schon die ganz große Kunst der Komödie, die Regisseur Marc Rothemund selbst in Filmen wie Pornorama immer mal wieder durchblitzen lässt. Der Höhepunkt ist wahrscheinlich Jan Josef Liefers, der seine Fußbodenlage ganz nüchtern erklärt (»Ich hatte Rückenprobleme - und als ich dann lag, da ist mir der Kreislauf abgeschmiert«). Doch ein Dutzend großartige Pointen verteilt auf fast zwei Stunden, und angereichert mit einigen (auch inszenatorischen) Klischees, die wirklich wehtun - das mag für Platz 1 in den deutschen Kinostarts reichen, aber selbst Stefan Raab, der von Filmen nun wirklich keine Scheckung hat, hat begriffen, dass dies einfach nur ein Til-Schweiger-Film ohne Til Schweiger ist. Ob das besser oder schlechter als »mit Til« ist, kann jeder selbst entscheiden.

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Hotel Transsilvanien

Hotel Transsilvanien
(Genndy Tartakovsky)

USA 2012, Originaltitel: Hotel Transylvania, Buch: Peter Baynham, Robert Smigel, Schnitt: Catherine Apple, Musik: Mark Mothersbaugh, Production Design: Marcelo Vignali, Art Direction: Ron Lukas, Noelle Triaureau, mit den Originalstimmen von Adam Sandler (Dracula), Andy Samberg (Jonathan), Selena Gomez (Mavis), Kevin James (Frankenstein), Fran Drescher (Eunice), Steve Buscemi (Wayne), Molly Shannon (Wanda), David Spade (Griffin), Cee Lo Green (Murray), Jon Lovitz (Quasimodo), Brian George (Suit of Armor), Chris Parnell (Fly), Jackie Sandler (Martha), Sadie Sandler (Winnie / Young Mavis), Robert Smigel (Fake Dracula / Marty), Paul Brittain (Zombie / Hydra), Judith Sandler, Sunny Sandler (Additional Voices), 91 Min., Kinostart: 25. Oktober 2012

Von jenem Detail, dass bei jeder Beschreibung dieses Film im Original nicht fehlen darf, merkt man in der Synchronfassung natürlich gar nichts. Hotel Transylvania wurde nicht nur von Adam Sandler koproduziert, die Sprecher stammen auch allesamt aus seinem üblichen Dunstkreis: Sandler selbst in der Hauptrolle, Kevin James, David Spade, Steve Buscemi, insgesamt fünf Personen mit Nachnamen Sandler ... erstaunlicherweise fehlt Rob Schneider (nicht, dass ihn jemand vermissen würde). Und auch der typische Sandler-Humor trägt den Film: Es gibt eine Liebesgeschichte zwischen einer gutaussehenden Frau und einem seltsamen Nerd (okay, in diesem Fall ist der Nerd fast das einzige »Nichtmonster« aka Mensch unter diversen Vampiren, Wolfsmenschen, Mumien usw., aber er bleibt ein Nerd). Und jede Menge Slapstick und Furzwitze (um sich auf die noch angenehmsten Körperausscheidungen zu beschränken, was der Film nicht tut). Und wie in den meisten Adam-Sandler-Filmen ist auch ein locker eingestreuter Sparwitz wichtiger als eine nachvollziehbare Geschichte. Das kann man schon an einem kleinen Detail erklären: Hauptfigur Mavis (gesprochen von Selena Gomez bzw. Josephine Preuß) lernt man im Kleinkindalter im Jahre 1895 kennen, und nachdem die Geschichte in die Jetztzeit »vorspult«, steht Mavis' 118ter Geburtstag bevor, was wohl aus bestimmten Gründen etwas ganz besonderes ist, ähnlich der Volljährigkeit unter Menschen (es gibt auch Filmbeschreibungen, die als sie einen »Teenager« bezeichnen, was rein faktisch sogar korrekt ist, denn sie ist ja »onehundredandeightteen«). Wie bei Otfried Preußler und seiner kleinen Hexe (deren Geschichte sich aber auch eher in Wochen als in Jahrhunderten abspielte) erfährt man über die Entwicklungskurve des sich wie ein Teenager verhaltenden Mädchens fast nichts. Eben (ca. 1895) trug sie noch Windeln, schon (ca. 1895) kann sie sich in eine Fledermaus verwandeln und fliegen. Um ihre Reife zu demonstrieren, sagt sie irgendwann (im Teil, der in der »Jetztzeit« spielt) »Paps, ich bin nicht mehr 83!« Was irgendwie ganz spaßig ist, aber uns bei den dringenden Fragen bezüglich der Vampirentwicklung (Wann verlieren sie ihre »Milchzähne«?) kein Stück weiterbringt. Das ist jetzt jene Erbsenzählerei, für die ich längst bekannt bin, aber es demonstriert halt das Hauptprinzip des Films: Nicht denken, sondern lachen!

Es gibt ja öfters solche »Achterbahn-Filme«, aber Hotel Transylvania ist schon besonders in seiner komplett kontur- und größtenteils logik- und narrationslosen Vorwärtsbewegung von einem Gag zum nächsten. Was den Film aber in meinen Augen fast noch rettet, ist das durchgängige Beharren auf visuelle Stimulanz. Man braucht auf keine Geschichte achten, man braucht nicht einmal die Dialoge wahrnehmen und sich ganz auf das Bild konzentrieren - und das Ergebnis bzw. Erlebnis ist immer noch interessanter als die meisten Adam-Sandler-Filme. Dracula bewegt sich wie ein epileptischer Pantomime, jede Figur buckelt, schleicht, springt oder stolziert durch den Film und bei mancher Balkonszene oder einem Gang durch dunkle Gemäuer lohnt es sich, darauf zu achten, ob irgendwo eine Maus oder Spinne umherläuft. Aus Sicht der Animatoren befreit es wahrscheinlich auch, wenn man sich um keinen Spannungsbogen, charakterliche Wandlungen oder komplexe Emotionen kümmern braucht, und jede Figur (mit Ausnahme von Mavis) im Grunde vor allem eine Witzfigur ist. Wer sich also ganz mit Oberflächenreizen begnügen kann und sich auch nicht an oberflächlichen Scherzen stört, den könnte Hotel Transylvania zufriedenstellen. Man sollte nur nicht erwarten, dass man sich zwei Tage nach dem Film noch an allzu viel davon erinnert, oder wer weiß noch, welche Farbe die Zuckerwatte auf der letzten Kirmes hatte?

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Schönheit

Schönheit
(Carolin Schmitz)

Deutschland 2011, Buch: Carolin Schmitz, Kamera: Hajo Schomerus, Schnitt: Stefan Oliveira-Pita, mit Christin Röllich, Arnold Dircks, Doris Hauten, Fatima Valentic, Patricia Schmidt, Claudius Ulmann, Lilo Klinkhammer u.v.a., 81 Min., Kinostart: 4. Oktober 2012

Nach den Portraits deutscher Alkoholiker funktioniert der neue Dokumentarfilm von Carolin Schmitz eigentlich mit ähnlichen Mitteln: Die Protagonisten lassen das Kamerateam ins Wohnzimmer, und ohne Kommentare oder Erklärungen von außen tun sich Abgründe auf. Für mich war aber die Reaktion darauf aber eine komplett andere, und nachdem ich ein wenig darüber nachgedacht habe, kam ich auch zu einem Lösungsansatz, woran das liegen mag: Alkoholismus ist anerkanntermaßen eine Krankheit, man empfindet mit den Opfern dieser Krankheit mit. In Schönheit hingegen geht es um (ansatzweise auch mal ganz unterschiedliche) Personen, die jeweils Schönheitsoperationen an sich vornehmen ließen. Und da funktioniert mein Hirn einfach anders, statt »ach, die Armen!« denke ich da Dinge, die ich an dieser Stelle nicht wiedergeben möchte, weil Vorurteile ungern gesehen werden.

Kurz zusammengefasst: Wenn der Film im Fernsehen gelaufen wäre, hätte ich spätestens nach zehn Minuten abgeschaltet. Ich kann auch »Reality-Dokus« über Harald Glööckler oder ähnliches einfach nicht länger als eine Viertelstunde ertragen.

Um über eine Schönheits-OP überhaupt nachdenken zu können, bedarf es ja eines gewissen finanziellen Rückhalts, und das führt schnell zu einer Kombination von Eigenschaften: Eitelkeit und Erfolg. Das führt dieser Film auch recht deutlich vor Augen, etwa 80% der Protagonisten werden besonders unsympathisch durch die Angeberei, oft komplett unabhängig von einer realistisch wirkenden Selbstwahrnehmung.

Der Film betont dies indirekt nicht nur durch die jeweils per Make-Up aufgedonnerten Personen, sondern auch durch die Wohnungen und sehr inszeniert wirkenden Zurschaustellungen davon. Eine Frau betrachtet man eine Minute lang dabei, wie sie einen Glastisch putzt - und das ist nur eine Fortführung der vor dem Spiegel verbrachten Zeit, des Make-Up, der Enthaarungen, der OPs.

Es wird Leute geben, die diesen Film mit ganz anderen Augen sehen, als Informationsquelle. Für mich war er vor allem eine »Vorführung« von Personen, die sich gerne vorführen, die Spaß dabei empfinden, sich selbst darzustellen. Nur mir hat dies keinen Spaß bereitet. Ich habe mich nur von einem Moment des Films zum nächsten gehangelt, die mich entweder belustigt haben oder auch schockiert. Schockiert nicht aufgrund des Gezeigten (obwohl dies auch möglich ist), sondern aufgrund der vorgeführten Lebenseinstellungen. Ein Schönheitschirurg, der schon Frau und Tochter »unter dem Messer« hatte und vor laufender Kamera sagt, dass ihm die Brust seiner Frau nach der einen oder anderen ihrer drei Schwangerschaften nicht mehr gefiel, und das dann eben »gemacht« wurde. Etwas später erwähnt er - im Zusammenhang mit weiteren OPs seiner Frau - dass es auch Menschen gibt, die »gerne mit Falten leben«, »in Würde«. Dass er damit quasi die eigene »Unwürde« impliziert, scheint er nicht zu merken.

Von diesen Momenten, wo ich als Betrachter (zumindest innerlich) den Kopf schütteln musste, gibt es einige im Film, ich würde aber nicht behaupten, dass ich wegen solcher Momente einen Film sehen möchte. Eher im Gegenteil. Selbst die amüsanten (oder gut inszenierten oder geschnittenen) Momente müssen darunter oft leiden. Wenn eine OP-Anhängerin während ihrer Ausführungen über Brust-OPs Hackfleisch knetet und Fleischbällchen formt, so unterhält mich dies, und ich frage mich, ob dies ein glücklicher Zufall war oder die Regisseurin die Frau auf geschickte Art geleitet hat. Wenn dann aber die Frau weiterzählt von ihrem neuen Lebensinhalt, einem Schönheitsoperationen-Forum im Internet, dann schüttele ich wieder den Kopf, mein Interesse nimmt ab, und nur aufgrund meiner Rolle als Kritiker sehe ich weiter, denn das interessiert mich thematisch nicht, und filmisch gibt es zu wenig her. Wozu minutenlang eine Frau anstarren, mit der ich mich nicht verbunden fühle und deren Wortäußerung mich nicht interessiert (und sie steht jetzt nur beispielhaft für nahezu alle Protagonisten dieses Films. Und dann fängt sie an von ihren »Sister-Treffen« (ausgesprochen mit scharfem Anfangs-S, so wie Dieter Kosslick keinen Unterschied zwischen »Sex« und »sechs« macht), wo interessierte Frauen auf der Damentoilette »fühlen«, »anfassen«, »kneten«, »quetschen« und »Narben live sehen«. Oder Brüste, die »auch schon mal zwei Jahre alt sind«.

Leute, eure Probleme möchte ich haben!

Wer sich für Schönheits-OPs interessiert, soll sich den Film anschauen, wer sich für »Schönheit« interessiert, sollte es eher lassen.

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Für Elise

Für Elise
(Wolfgang Dinslage)

Deutschland 2011, Buch: Erzsébet Rácz, mit Jasni Fritzi Bauer (Elise / Elly), Christina Große (Betty), Hendrik Duryn (Ludwig), Annekathrin Bürger (Tante Gisela), Marie Anne Fliegel (Tante Helga), Katharina Eckerfeld (Kathi), Axel Schreiber (Benny), Maria Häuser (Evelyn), Tom-Aurelio Shiva Dubey (Edgar), Lotte Ohm (Lehrerin), 93 Min., Kinostart: 11. Oktober 2012

Ich weiß nicht genau, woran es liegt, aber für den deutschen Nachwuchsfilm habe ich momentan unverhältnismäßig viel Verachtung über. In früheren Jahren erfreute ich mich an Kleinigkeiten, entdeckte Potential und feierte den Schauspielnachwuchs - momentan schüttele ich meistens den Kopf oder fresse mir schnell eine gehörige Portion Hass an. Ist mir eine gewisse Gelassenheit abhandengekommen? Ist nur noch Platz für Kulturpessimismus? Ich denke nicht, denn nach wie vor verzaubern mich auch Filme, die anderswo nicht immer gut weg kommen (Karen llora en un bus, Die Farbe des Ozeans, Die Vermissten, L).

Aufgrund der Starttermin-Verschiebung von etwas über zwei Monaten ist Für Elise ein Film, den ich nicht mehr bis ins Detail präsent habe, aber das Gefühl der ... ja, nennen wir es ruhig Verachtung! ... ist mir sehr wohl noch präsent.

Jasna Fritzi Bauer, eine junge Schauspielerin, die vielen Zuschauern in Petzolds Barbara aufgefallen sein dürfte, drehte diesen Film bereits zuvor, und wahrscheinlich dürfte sie über die Hauptrolle hinaus auch die Herausforderung angesprochen haben. Was mich aber viel stärker interessiert, ist, weshalb Hendrik Duryn, wahrscheinlich am bekanntesten durch seine Titelrolle in der RTL-Serie Der Lehrer, der Meinung war, er müsse in diesem Film mitspielen...

Fräulein Bauer spielt Elise, die eigentlich immer Elly genannt wird, eine 15jährige Halbwaise, die nicht nur mit den üblichen Problemen in diesem Alter kämpfen muss, sondern auch mit ihrer 38jährigen Mutter Betty (Christina Große), die für Außenstehende wahrscheinlich vorbildlich wirkt. Alleinerziehende Mutter, Krankenschwester in der Intensivstation! Doch Betty sucht Liebe und findet größtenteils One-Night-Stands und selbstorganisierte Partys, die ihr schleichendes Alkoholproblem noch verstärken. Und sie verdrängt die meisten ihrer Probleme, wie die Mahnungen und Kontoauszüge, die sie einfach in eine Schublade stopft, um sie zu vergessen. Und Elly, die aufgrund so mancher Party auch zunehmende Schulprobleme hat, muss sich um die Haushaltfinanzen kümmern. Nicht, weil die Mutter es wünscht, sondern weil die Mutter so tut, als gäbe es gar keine Probleme.

In diese Situation kommt jetzt Ludwig (Hendrik Duryn), ebenfalls alleinerziehend und womöglich ein Idealmann für Betty, die ihm gegenüber ihre beste Seite nach außen kehrt, sich rührend um Ludwigs Kinder kümmert (sie will die offene »Stelle« in dieser Familie, ist qualifiziert), dabei aber Elly vernachlässigt und auch ihren Alkoholkonsum nicht langfristig vor Ludwig geheimhalten kann. Alles schon kompliziert genug, doch da Ludwig sich nun auch etwas stärker um Elly kümmert (u.a. weil er die Vernachlässigung miterlebt und die 15jährige ihre im Rausch fast bewusstlose Mutter nicht allein nach Hause schaffen kann), verliebt sich Elly in ihn, und was bisher ein durchaus interessanter Film mit einigen kleinen Inszenierungsschwächen war, wird zu einem Ärgernis. Denn auch wenn Ludwig durch die Situation fast so überfordert ist wie Elly und Betty durch die ihrigen, und er natürlich auch »nur ein Mann« ist, bewegt sich der Film weg vom Genre Problemfilm und in eine Richtung, bei der ich überfordert bin, Bezeichnungen zu finden, denn die könnten dem Film gegenüber womöglich unfair sein.

Mittlerweile kann man ja im Bereich Film alles zeigen. Man muss es aber nicht! Nicht, dass in Für Elise rein visuell etwas absonderliches vorgeführt wird. Nein, es geht mir nur um die Geschichte, für die ich irgendwann das Interesse verlor - gänzlich ungeachtet dessen, dass es wahrscheinlich ganz ähnliche Fälle in der Realität geben wird - und die dann aber dennoch zuende erzählt werden musste. Bis zu einem Punkt, wo ich das Kino als Aufenthaltsort verdammte. Und darüber hinaus, denn auch den positiven Blick in die Zukunft wollte man uns nicht ersparen, unabhängig davon, dass auf eine überflüssige und ärgerlich Szene dann noch eine schlecht geschriebene und hilflos agierte folgen musste. Da fällt es schwer, Potential wahrzunehmen. Für mich warf der Film vor allem eine Frage auf, die mich noch lange beschäftigte: Warum, Hendrik? Nur für's Geld? Weil es eine »Herausforderung« war? Warum? Warum? Okay, sonst hätte es halt jemand anderes gemacht, und - Vorsicht, verstecktes Lob! - es wäre vermutlich noch schlimmer geworden.

Ach ja: Ich finde es übrigens auch etwas schwach, wenn man als Drehbuch-Autorin Erzsébet mit Vornamen heißt (ungarische Version von Elisabeth) und seine beiden weiblichen Hauptfiguren Elly und Betty nennt.

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Demnächst: Auch im November wird es wieder ein Cinemania geben (hoffentlich etwas zeitiger), dann u.a. mit Kritiken zu Dredd, Omamamia und Possession - Das Dunkle in dir. Und zu Pieta oder Das Schwergewicht (wird noch entschieden).