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1. Dezember 2008
Ronald Klein
für satt.org

 Station B05

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  Veljanov: Porta Macedonia
Veljanov: Porta Macedonia
Veljanov/Soulfood

Veljanov: Porta Macedonia

Das Duo “Deine Lakaien” zählt seit ihrer Gründung 1985 zu den wenigen deutschen Ausnahmeformationen im Bereich des Dark Wave. Handelt es sich bei Ernst Horn um einen klassisch ausgebildeten Komponisten und Multiinstrumentalisten, so brilliert der Theaterwissenschaftler Alexander Veljanov mit seiner charismatischen Stimme. Nach sieben Jahren legt Veljanov sein mittlerweile drittes Soloalbum vor. Absolut geschmackssicher lässt der in Deutschland und Großbritannien lebende Künstler eine Vielzahl von musikalischen Einflüssen anklingen. Der Opener „Der Kongress“ macht es dem Hörer bewusst nicht leicht. Das Chanson mit der eigenwilligen Leierkasten-Orchestrierung bleibt auch nach einigen Durchläufen gewöhnungsbedürftig. Aber genau diese Vielzahl des Hörens braucht es, um die liebevollen Details der gelungenen Kompositionen zu erfassen. Klassische Rockinstrumente treffen auf Streicher, Bläser und byzantinische Krummhörner und eine Hirtenflöte. Über vier Jahre erarbeitete Veljanov die elf Songs mit dem mazedonischen Musiker Goran Trajkovski. Von den Klischee-Balkankapellen bleiben die Musiker glücklicherweise so weit entfernt wie Deine Lakaien vom Gothic-Mainstream. Stellt auch „Königin aus Eis“ mit einem sehr tanzbaren Beat eine kleine Konzession hinsichtlich der Clubtauglichkeit dar, so besticht „Porta Macedonia“ mit einer Eigenwilligkeit, die künstlerische Reife beweist und das Album zur längerfristigen Rotation im CD-Player befähigt.


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  Bohren und der Club of Gore: Dolores
Bohren und der
Club of Gore: Dolores
Pias

Bohren und der Club of Gore: Dolores

Lautlos und unbemerkt wirbeln feine Staubteilchen durch den Raum. Nach einer knappen Minute fällt ein Lichtstrahl auf den fragil anmutenden Tanz kleinster Schwebstoffe. Das Schlagwerk setzt ein, das jedoch nicht das Tempo akzentuiert, sondern im Gegenteil die Entschleunigung des Eröffnungstracks „Staub“ illustriert. Das aktuelle Album offeriert zahlreiche Änderungen im Repertoire der Slowmo-Könige aus Mühlheim an der Ruhr. Im Gegensatz zum Vorgänger „Geisterfaust“ (2005) brillieren die zehn Kompositionen in einem Gewand aus Knappheit und Überraschungen in den Arrangements. So integrieren sich harmonisch Orgel und Vibraphon in den Klangkörper, der traditionsgemäß rein instrumental funktioniert. Lediglich die Songtitel vermitteln eine Ahnung der inhaltlichen Intention. Die Cartoon-Assoziationen „Schwarze Biene (Black Maja)“ oder „Unkerich“ (eine Figur aus den Lurchi-Comics) vermitteln eine Drolligkeit, die man einer Band, deren Musik ihre Fans als „Horror-Jazz“ titulieren, nicht zwangsläufig zutraut. Dabei veröffentlichten die Mühlheimer bereits vor Jahren eine Motto-Replik auf das Statement der peinlichen Falsett-Metaller Manowar „Other Bands Play, Manowar Kills“: „Other Bands Play, Bohren Bores“. Eigentümliche Antworten und Abwandlungen des etablierten Kulturbetriebs ziert auch das Artwork: Anleihen an Munchs „Schrei“ werden ebenso deutlich wie anatomische Kupferstich-Skizzen. Die Doppelbödigkeit fällt ebenso im Album-Titel auf: Bedeutet „dolor“ „Schmerz“, so erinnert der Frauenname an heißblütige Kellnerinnen aus B-Western. Die Verbeugung vor dem Kino bleibt auch auf dem reifsten und ausgewogensten Bohren-Album erhalten. Eine knappe Stunde taucht der Hörer in die faszinierende Welt des Downbeat-Ambient-Kosmos ein. Unvermeidlich danach: das Drücken der Repeat-Taste. Auch wenn Bohren & Der Club of Gore, wie im Presseheft angegeben, sich mittels eingängigerer Arrangements und kürzerer Songs dem Pop-Kosmos annähern, so bleibt dies wirkliche Kunst. Und zwar richtig große!


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  Die Art: Funeral Entertainment
Die Art: Funeral Entertainment Upart

Die Art: Funeral Entertainment

Nur ein Jahr nach „Alles was Dein Herz begehrt“ melden sich die Leipziger Die Art mit einem neuen Studio-Album zurück. Die darin enthaltenen sieben Songs spiegeln verdichtet wider, was die Mannen um Sänger Makarios in den letzten Jahren zu einer Kult-Band reifen ließ: melodischer Gitarren-Rock, mal treibend und dann wieder melancholischer ausgeprägt. Begleitet von Makarios’ charismatischer Stimme und den musikalischen Anleihen an Post Punk, Wave und Gothic entsteht so ein einmaliges Konglomerat, das sich kaum mit anderen Acts vergleichen lässt. Diese mangelnde Vergleichbarkeit erwies sich in den letzten 20 Jahren oftmals als PR-Nachteil. Denn in den großen Musikgazetten tauchte die Band nur selten auf. Zu Unrecht! Denn auf jedem Album befanden sich Hits, die die Tanzflächen der Clubs zum Glühen brachten. Auf dem aktuellen Album reiht sich Knüller an Knüller. Bereits der Opener „Obsession is Sad Passion“ schraubt sich unweigerlich in die Gehörgänge, wo sich auch „Swimming in Dirty Water“ sofort festbeißt. Neben den hymnischen Midtempo-Songs, peitscht „Mark’s Song“ regelrecht los und offenbart die Wurzeln im Punk-Umfeld, als die Band noch „Die Zucht“ hieß. Das abschließende epische Meisterwerk „Pale“ illustriert eine weitere Seite der Band, die hier beweist, dass sie auch auf 15 Minuten Länge einen Song absolut dicht gestalten kann und den Vergleich mit internationalen Größen wie Godspeed You Black Emperor! Nicht scheuen muss. Auch dank der exzellenten Produktion eines der besten Die-Art-Alben: sieben meisterliche Kompositionen ohne eine Minute Redundanz.


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  Orplid: Greifenherz
Orplid: Greifenherz Prophecy/Soulfood

Orplid: Greifenherz

Die Hallenser Formation gilt neben „Ernte“ als Urgestein des deutschen Neofolks. Während auf dem letzten Album „Sterbender Satyr“ (2006) fragile Momente, flankiert von epischen, elektronischen Soundteppichen, dominierten, kündigt die Plattenfirma „Greifenherz“ als „martialisch“ an. Das klingt wie eine Rückkehr zu den Wurzeln. Aber das Zurückgreifen auf Altbewährtes würde nicht automatisch einen ästhetischen Gewinn bedeuten. Doch während manche Labels in den Presseinformationen verbal so hohe Erwartungen produzieren, dass die Bands scheitern müssen, funktioniert es bei dem süddeutschen Auerbach-Team genau anders herum: Orplid präsentieren sich wie auf dem Vorgänger als gereifte Künstler, die bewusst Genregrenzen umschiffen und einen ganz eigenen Klangkosmos erschaffen. Lyrisch manifestiert sich eine geringer werdende Hoffnung auf das Ende des Krieges. Somit passt es hervorragend, ein Gedicht Erich Mühsams zu vertonen, nachdem auf den letzten Alben bereits auf Schiller oder Droste-Hülshoff zurückgriffen wurde. Regelrecht außergewöhnlich erscheint „Traum von Blashyrkh“ mit weiblichen Vocals. Der Song funktioniert als Diptychon. Stellt er einerseits eine Remisessenz an die norwegischen Black-Metal-Pioniere Immortal dar, so erinnert die Lyrik ebenfalls an Heiner Müllers „Glückloser Engel“. Die literarische Konnotation schwingt bei Orplid zwangsläufig mit, denn neben dem Rückgriff auf zahlreiche Autoren ist der Bandname selbst Teil der (romantischen) Lyrik: konkret einem Gedicht Mörikes entnommen. Insgesamt erscheint „Greifenherz“ als ein ebenso mutiges, wie entschlossenes Werk. Die Komplexität der Kompositionen erschließt sich erst nach einigen Durchläufen, wobei sich mit „Schlaf im Mohn“ so etwas wie ein Hit auf der Scheibe befindet.


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