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© 2010 Sony Pictures Releasing GmbH
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Machete
(R: Robert Rodriguez,
Ethan Maniquis)
USA 2010, Buch: Robert Rodriguez, Rodriguez, lvaro Rodríguez, Kamera: Jimmy Lindsey, Schnitt: Robert Rodriguez, Rebecca Rodriguez, Musik: Chingon (u. a. Robert Rodriguez, Carl Thiel), John Debney, mit Danny Trejo (Machete Cortez), Jessica Alba (Sartana Rivera), Jeff Fahey (Michael Booth), Robert De Niro (Senator John McLaughlin), Michelle Rodriguez (Luz), Steven Seagal (Torrez), Cheech Marin (Padre Cortez), Don Johnson (Von Jackson), Lindsay Lohan (April Booth), Alicia Marek (June Booth), Daryl Sabara (Julio), Gilbert Trejo (Jorge), Tom Savini (Osiris Amanpour), Vic Trevino (Federale Officer), Shea Whigham (Sniper), Electra Avellan (Nurse Mona), Elise Avellan (Nurse Lisa), Marci Madison (Nurse Fine), Tina Rodriguez (Tristana), Nina Leon (Machete’s Wife), Edgar Arreola (Dishwasher #1), Tommy Nix (Dishwasher #2), Nimród Antal (Hungarian Bodyguard), 105 Min., Kinostart: 4. November 2010
In der Nacht zu Halloween wurde ich zum zweiten Mal Zeuge der auf Pro 7 ausgestrahlten »Scream Awards«. Hier schaukelt sich ein Teilbereich Hollywoods gegenseitig die Eier, man hält Shutter Island für einen Horrorfilm und Kick-Ass für Fantasy, die Fans selbst (die während der gesamten Verleihung kreischen wie 12jährige bei einer Tokio-Hotel-Signierstunde) entscheiden über die Preisträger (also jede Menge Twilight- und True-Blood-Zeugs), und die Preisträger werden nicht müde, sich immer wieder bei ihren Fans zu bedanken (James Cameron: »Insbesondere bei denen, die Avatar mehrfach im Kino sahen«), »ohne die sie es ja nicht geschafft hätten«.
Zu den Kategorien bei diesem seltsamen Event gehören etwa die »Holy Shit! Scene of the Year«, das »Best Worst Movie«, die »Most Memorable Mutilation« (im Gegensatz zum Vorjahr sah man hier die Nominierten nicht mehr in Filmausschnitten), und die größte Perversion von allem, das »Most Anticipated Movie«, wo Ryan Reynolds (!) sich den ersten Filmpreis für Green Lantern abholte, der im Juni 2011 in den Staaten starten soll.
Man muss nicht erst auf Elton, Paris Hilton und Daniela Katzenberger verweisen, um klarzumachen, dass Nerds und Trash heutzutage längst salonfähig sind, und sich ähnlich wie in manchen Hochglanz-Klatschillustrierten und Fernsehsendern auch im Filmbusiness eine Spaßkultur entwickelt hat, die Hand in Hand mit dem Business, professionellen Bloggern, Presseagenturen und vermeintlichen Rebellen (was zum Teufel ist am »Troublemaker« Robert Rodriguez noch rebellisch abgesehen von den Namen seiner Söhne?) eine Unterhaltungsmaschinerie füttert, die Zombies bald ins Kinderprogramm bringt, James Cameron zu einem Visionär hochstilisiert und Mickey Rourkes Auftritt in Iron Man 2 als eine schauspielerische Glanzleistung darstellt.
Es gibt zwar immer noch Gegenbeispiele wie Snakes on a Plane, aber im Grunde wird alles, was die Fans selbst sozusagen ins Leben riefen (ein sehr dehnbarer Begriff), bereits im Vorfeld schon abgefeiert, und wenn das amerikanische Publikum für Grindhouse noch vermeintlich zu dumm war, so hatte man inzwischen Zeit genug, sich über die Hintergründe des Fake-Trailers zu Machete zu informieren (früher brauchte man dafür Underground-Fanzines, heute reicht Wikipedia), und so wird der neue Film von Robert Rodriguez (und Co-Regisseur Ethan Maniquis, der sich wie ein Praktikant in den »Troblemaker Studios« nach oben gearbeitet hat) sein Publikum schnell finden.
Ich persönlich sehe Nerdiness und Trash nicht schon als Qualitätsmerkmal, doch bin ich durchaus geneigt, mich von einem Kino, das sich selbst nicht ganz so ernst nimmt, auch amüsieren zu lassen, und in den ersten zwei Dritteln hat mich Machete durchaus überzeugt.
Danny Trejo ist einer jener großen Nebendarsteller, die sich wie Jack Elam oder Marty Feldman schon über ihre Physiognomie nicht als Held auf dem Filmplakat anbieten. Wie es ein Kollege vor dem Film formulierte: »Ein Film mit Danny Trejo in der Hauptrolle kann per se nicht schlecht sein.« Naja ...
Rodriguez spielt in seinem ersten Machete-Langfilm (laut Abspann sollen Machete Kills und Machete Kills Again folgen) erstmal alles auf Nummer Sicher. Der Vorspann und die Dramaturgie bauen ganz auf Sin City und Planet Terror auf, die Figuren ebenso. Leichtgeschürzte Krankenschwestern, verdammenswerte Politiker, an die mexikanische Grenze verschobene Groschenheft-Plots. Und Machete hat offensichtlich soviel Sex-Appeal, dass er sich im Gegensatz zu Marv (Mickey Rourke in Sin City) seine Gespielinnen nicht kaufen muss, er kann sich ihrer Avancen kaum erwehren, und glücklicherweise wird seine Gattin auch gleich zu Beginn des Films bereits geköpft, um ihm den Racheauftag der folgenden anderthalb Stunden zu liefern.
Doch das anzusehen macht in der Tat Spaß. Robert DeNiro als rassistischer Senator, auf den ein Attentat verübt werden soll - um seine Beliebtheit voranzutreiben. Danny Trejo als Tagelöhner, den nur sein Killerinstinkt von einem Film wie Nacho Libre unterscheidet. Steven Seagal und Don Johnson (als »Von Jackson«!) als durchtriebene Oberschurken (und der preiswertere Jeff Fahey als Mittelschurke »Booth« mit weitaus mehr screen time). Außerdem Jessica Alba, Michelle Rodriguez und Tom Savini (inzwischen wahrscheinlich bekannter als Jim Sheridan). Und ungeachtet des Filmtitels jede Menge innovative Waffen vom Korkenzieher über den Weed Whacker (so eine rotierendes Stück Wäscheleine, nennt man das hierzulande »Rasentrimmer«?) bis hin zur Pistole in Feindeshand am Ende eines abgetrennten Armes.
Es gibt coole Sprüche (»Machete don’t text.«), kleine Regelverletzungen (»Blood of Christ! Tastes like Merlot to me.« oder ein unhygienisches Handy-Versteck) und nach einem fachmännischen Gespräch über die Länge der menschlichen Eingeweide ein Umsetzen der neu erlangten Information, wenn man in Die-Hard-Manier in das darunter liegende Stockwerk »umziehen« muss.
Doch nachdem der Film durchweg immer wieder neue Figuren einführte, die man sich aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate aber nicht alle merken musste, wird es im letzten Drittel immer absurder und haltloser. Dass Michelle Rodriguez irgendwann mit Augenklappe auftreten wird, weiß man vom Filmplakat, wie es dazu kommt, überzeugt aber nicht im Ansatz. Lindsay Lohan (die offensichtlich ziemlich heruntergekommen sein muss) macht auch eine trashige Wandlung durch, die noch unmotivierter herüberkommt, dann gibt es noch einen blöden Massenshowdown mit unzähligen quietschbunten frisierten Automobilen, die herumhüpfen wie mexikanische Springbohnen, und der Film erinnert immer mehr an das Fiasko Planet Terror, das wie jüngst Piranha 3D (Scream-Award »Best Worst Movie«) die goldene Regel für Filmemacher außer acht ließ, dass man nicht jede Schnapsidee auf die Leinwand bringen sollte.
Denn während man den vermeintlich politischen Inhalt des Films, der die kubanische Revolution sozusagen nach Mexiko verlegt (inklusive der mythischen Revolutionsführerin »Shé«), noch aufgrund seiner parodistischen Spielfreude gutheißen kann (»We didn’t cross the border, the border crossed us.«), gerät der Film gegen Ende einfach nur noch zur Materialschlacht ohne jeden Sinn und mit immer weniger Unterhaltungswert. Rodriguez »kann« quietschbunten Trash für Kinder (Machete tauchte ja zuerst bei den Spy Kids auf), aber bei »echtem« Trash könnte er noch viel von John Waters oder Jared Hess lernen.
Laut imdb.com soll Oscargewinner Chris Cooper (Adaptation, Capote) eine Rolle im Film nach Lektüre des Drehbuchs abgelehnt haben: »It’s the most absurd thing I’ve ever read.« Und wenn das nicht so werbewirksam wäre, hätte man es wahrscheinlich längst wieder gelöscht.