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14. Februar 2018
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Shape of Water - Das Flüstern des Wassers (Guillermo del Toro)


Shape of Water -
Das Flüstern
des Wassers
(Guillermo del Toro)

Originaltitel: The Shape of Water, USA 2017, Buch: Guillermo del Toro, Vanessa Taylor, Kamera: Dan Laustsen, Schnitt: Sidney Wolinski, Musik: Alexandre Desplat, Kostüme: Luis Sequeira, Production Design: Paul Denham Austerberry, Creature Vocals: Nathan Robitaille, mit Sally Hawkins (Elisa Esposito), Michael Shannon (Richard Strickland), Richard Jenkins (Giles), Michael Stuhlbarg (Dr. Robert Hoffstetler), Doug Jones (Amphibian Man), Octavia Spencer (Zelda Fuller), David Hewlett (Fleming), Nick Searcy (General Hoyt), Stewart Arnott (Bernard), Nigel Bennett (Mihalkov), Lauren Lee Smith (Elaine Strickland), Martin Roach (Brewster Fuller), Allegra Fulton (Yolanda), John Kapelos (Mr. Arzoumanian), Morgan Kelly (Pie Guy), 123 Min., Kinostart: 15. Februar 2018

Ich bin erst 2004, also mit Hellboy, zum Kreis der Guillermo-del-Toro-Fans gestoßen, und habe es bisher nicht geschafft, irgendeinen seiner früheren Filme nachzuholen. Kenne aber seine produktivste Phase und habe meine Erwartungen schon etwas angehoben - was bei Pacific Rim (2013) und Crimson Peak (2015) bereits zu Enttäuschungen führte. The Shape of Water könnte sich zu einem echten Höhepunkt seines Schaffens entwickeln (die zahlreichen Oscarnominimierungen sind ja kaum zu ignorieren), doch meine Ansprüche sind schon so hochgeschraubt, dass mir der Film schon nicht mehr ausreicht.

In den ersten Sätzen des Film hört man u.a. folgende Satzteile: »In the last days of a fair prince's reign« [...] »the monster who tried to destroy it all«. Wer hier der Märchenprinz ist, darüber dachte ich eigentlich nach (vermutlich JFK), aber dass mit dem »Monster« keinesfalls der von Doug Jones gespielte amphibische Mann gemeint war, sondern Michael Shannon, war für mich durch die Sichtung anderer Del-Toro-Filme offensichtlich. Doug Jones ist dieser häufig unter vielen Make-Up- und Latex-Schichten auftretende Darsteller, der schon Abe Sapien in den Hellboy-Filmen spielte, eine ganz ähnliche, filigrane und sanfte Figur, die sich aber, in die Ecke getrieben, auch verteidigen kann. Und das etwas »hölzerne« Fabelwesen Pan in El laberinto del Fauno. Sowie ferner den weniger faszinierenden Silver Surfer im Fantastic-Four-Sequel. Michael Shannon indes ist der weitaus bekanntere Schauspieler, der ungeachtet seiner Rollen in Filmen wie Revolutionary Road, Take Shelter oder Elvis & Nixon bevorzugt immer wieder als Bösewicht gecastet wird, etwa in Premium Rush oder Man of Steel und seinem Sequel.

Shape of Water - Das Flüstern des Wassers (Guillermo del Toro)

© 2017 Twentieth Century Fox

Dass Shannon hier einen echten Vorzeige-Amerikaner im adretten Anzug spielt, dem die Doug-Jones-Figur fast gleich zu Beginn des Films einen Finger abbeißt, änderte daran nicht das geringste. Einfach, weil ich mich inzwischen ein wenig im del-Toro-Universum auskenne. Und somit auch den erzählerischen Schlenker von Anfang an als Finte identifizierte.

Dies verhinderte auch in gewisser Art, dass ich den Umstand, dass der Vorzeige-Ami in diesem zirka 1963 spielenden Erwachsenen-Märchen den Antagonisten spielt, während die positiven Figuren allesamt von Außenseitern vertreten werden, als derart genialen Punkt wahrnahm wie viele Guillermo-Novizen.

Sally Hawkins (Maudie) als stumme Putzfrau, Octavia Spencer als schwarze Kollegin, Richard Jenkins (The Visitor) als alternder Schwuler, Michael Stuhlbarg (A Serious Man) als russischer Spion und last but not least der ebenfalls fast stumme Doug Jones, der nicht einmal mehr menschlich ist.

Shape of Water - Das Flüstern des Wassers (Guillermo del Toro)

© 2017 Twentieth Century Fox

Die zahlreichen Traumwelten des Films, die Film-Musical-Welt, die Elisa (Hawkins) und ihren Nachbarn Giles (Jenkins) fasziniert, Elisas unter Wasser stehende Wohnung aus der Intro, die auch ihre Erfahrung und ihre Wünsche repräsentiert ... wenn ich nie zuvor einen del Toro geshen hätte, würde mich das womöglich stärker weggeblasen haben.

Doch ich kenne das Faible des mexikanischstämmigen Regisseurs, der sich immer wieder durch imposantes Production Design auszeichnen, das er ins seinen gelungeneren Filmen auch genial der jeweiligen Handlung unterordnet. Und wie schon in Crimson Peak war mir das auch hier einfach eine Spur zu dick aufgetragen.

Shape of Water - Das Flüstern des Wassers (Guillermo del Toro)

© 2017 Twentieth Century Fox

Der Film heißt The Shape of Water, beginnt mit Unterwasseraufnahmen und einem in Grün gehaltenen Titel - und diese Farbe (mit einigen Türkis- und Blau-Tönen - »not green, it's teal!«) prägt den Film dann wie nichts anderes. Ob Giles' bevorzugte key lime pie, die Arbeitskleidung der Putzfrauen, die Gelatine auf Giles' Werbegemälde, die bitte grün sein soll - oder unzählige andere Details, die mir irgendwann schon auf den Senkel gingen: ich weiß den schöpferischen Moment ja zu schätzen, aber hier lenkte das eher von der Geschichte ab, statt sie zu unterstützen.

Da die Zeit, in der The Shape of Water spielt, nie genau ausgesprochen wird, erinnerte mich auch das - wie man später dem Presseheft entnehmen kann - minutiös auf männliche Attraktivität ausgerichtete creature design für Doug Jones allzu sehr an Jack Arnolds Creature from the Black Lagoon, auf den man sogar im Drehbuch zu verweisen schien (»the natives in the amazon worshipped it like a God«).

Auch die unerwartet explizite love story, Shannons spezifisches Interesse an Elisa, Giles' eindrückliche Diner-Szene oder die Figur von Octavias Gatten: im nachhinein wusste ich diese fein aufeinander abgestimmten Elemente durchaus zu schätzen, aber innerhalb des Films war ich seltsam underwhelmed.

Shape of Water - Das Flüstern des Wassers (Guillermo del Toro)

© 2017 Twentieth Century Fox

Wenn man erst mal den bevorzugt freihändig pinkelnden Karrieretypen Strickland mit den Augen einer Putzfrau sieht, fällt es einem auch schwer, den russischen Spion Dimitri als wirkliche Bedrohung wahrzunehmen. Das ganze Setting hatte für mich was von Kubricks The Shining: Wenn man schon weiß, dass Jack Nicholson so durchgedreht wie eine Scheißhausratte ist, funktioniert die langsame Madness des Jack Torrance nicht mehr. Und wenn man die tiefen Abgründe von Michael Shannon kennt (und del Toro versucht nie, die Figur wirklich positiv zu zeichnen), sind alle anderen Figuren automatisch etwas menschlicher. Wie Grand Moff Tarkin, der nicht gegen Darth Vader anstinken kann.

Auch Sally Hawkins hat man schon zu oft als schüchterne Leisetreterin gesehen, um ihre stumme Vorstellung als so bemerkenswert wahrzunehmen, wie sie letztlich ist.

Letztlich ist das Schicksal eines Kritikers ja oft, dass man irgendwann schon zu viel Gutes (und schlechtes übrigens auch) gesehen hat, um ohne weiteres so in Euphorie versetzt zu werden, wie es mal als Achtjähriger war, als noch nahezu jeder neu gesehene Film der »beste Film aller Zeiten« war.

Ich freue mich, wenn andere Menschen sich von The Shape of Water zur Begeisterung hinreißen können. Mir selbst ist es irgendwie nicht vergönnt. Del Toro muss sich mehr anstrengen, um mich noch so zu verblüffen, wie es etwa in El laberinto del Fauno geschah.