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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen

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Samstag, der 6. April 2002

Nachdem nun die ersten Tage vergangen sind, hat uns Clemens heute ein äußerst intimes Geständnis gemacht: Er schreibt gerade zum ersten Mal Tagebuch. Als weibliches oder männliches Kid hat Clemens nie gewusst, wozu man so etwas machen soll, vielleicht weil man immer nur Verkürzungen und Vergröberungen dessen aufschreibt, was einem so passiert. Wie soll ich denn meine erste Verliebtheit aufschreiben? An diesen und ähnlichen Hürden war das Scheitern vorprogrammiert, und deswegen eben die Entscheidung, kein Tagebuch zu schreiben, damals. Damals hat Clemens auch noch nicht gewusst, was er/sie mit der Sprache alles anstellen kann, wie man da genau und differenziert an was rankommen kann, vielleicht eben grade deswegen, weil man es nicht be- oder aufschreibt. Das, erzählt uns Clemens, hat er erst in den letzten 10 Jahren gelernt, na ja so richtig kennengelernt eben, seit er auch? welch Zufall? die Lisa kennen gelernt hat und auch ihre Texte, und dann ein wenig später auch die Ilse und den Fritz und deren Texte. Weil, und dann hat sich ein langes Gespräch über solche und ähnliche Probleme entwickelt, das in der Musik und beim Komponieren ja alles doch ein wenig anders sich darstellt. Vielleicht ein kleines Resümee wäre, dass Clemens einfach nichts vom Beschreiben hält, weil er sich damit an nichts annähert, die Dinge bleiben immer »die Sprache weit entfernt«. Und schwupps müssen wir uns schon wieder selber loben, weil wir in unserem neuen und ersten Gemeinschaftsbuch »Stellwerk 1« zumindest versucht haben, einiges zwar nicht zu beschreiben aber doch einzukreisen zu kriegen (das Buch kommt demnächst in der edition ch in der Reihe chARGE heraus).

Tja, sagt die Lisa, das Thema des Buches wäre außerdem die Devianz im allgemeinen und unsere ganz spezielle, wobei über diese gesagt werden muss, dass Fritz für gewöhnlich etwas anders deviant zu sein pflegt als seine normalsterblichen Devianzessen. Und der Fritz in uns ist jeweils aller Fritz wie auch die Ilse in uns unser aller Außenbordgewissen und Zweitidentifikans ist. Clemens war heute auch sehr speziell deviant: Er hat im Rahmen einer Zitat-Art-Aktion seiner Herzallerliebsten rote Rosen nach Hause gebracht. Und selbige hat sich natürlich auch außerhalb von Zitat-Art ganz romantisch zu fühlen begonnen.

Hoppla, heute ist außerdem ein wirklich guter Tag, wenn wir bedenken, dass DE CHAMÄLAEON, die ganz persönliche Zeitung der Lisa, wie ich übrigens gerne immer wieder genannt werde, sich dem Stadium des in Papier gepackt Werdens sehr angenähert hat. Ja, Papier ist eine feine, irgendwann verrottende Sache, die auch verschenkt und in Zeitungs- oder Buchform bestellt werden kann. Ilse und Fritz haben in diesem Sinn auch eben für nächstes Jahr den dritten Teil ihrer wunderbaren und unnachahmlichen Autobiografie in Aussicht gestellt, weshalb das Jahr 2003 schon einmal zu einem wirtschaftlich sehr erfolgreichen Jahr zu werden verspricht. Und da dünstet die Forelle in der Pfanne mit Frühlingszwieberln, Ingwer, Cocktailtomaten, Pfeffer, Salz und indischem Ghee, was ein ayurvedisches Butterreinfett ist und uns wieder ganz saftige Denkanstöße geben wird, auch das eine interessante Perspektive. Als nicht weniger interessant bzw. empfehlenswert sei schließlich noch ein anderes Ingrediens dieses Tages, also eine anregende Trouvaille erwähnt: Der neue Playmobilkatalog (Playmobil 2002). Denn hier wie überall empfiehlt sich sehr das Erlernen des Chamälidioms (»Das Symbol Schiff zeigt zum Beispiel, dass der Artikel im Wasser richtig schwimmt«), aber davon vielleicht morgen mehr. Ilse verordnet nämlich für heute noch das Lesen sämtlicher von ihr gesammelter Materialien über verschieden Oulipo-Devianzen, was (die Ilse in uns allen) uns etwaige mühsame Überlegungen zur Spätabendgestaltung abnimmt. Danke Ilse, sagt Ilse, und wir schließen uns an.



 
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