daily satt
- daily wien -Dienstag, der 23. April 2002
Sägegeräusche, Gehämmer, Schleifgequietsche dröhnt durch unsere Wohnung.
Sägemehl und feiner Staub fliegen durch die eben gereinigten bezw.
hallenartigen Räume unserer 2 1/2 Zimmerwohnung und legen sich als fahl
schmeckender Belag auf Zähne und Zunge, der nicht einmal durch Trinken
weg zu bekommen ist. Unsere gemeinsame Lisa ist am Werken und Basteln.
Allerdings gibts hier ein kleinen Tagebuchproblem, das schwer zu lösen
ist: Ilse und Fritz geht das alles gar nichts an, was da gewerkt wird,
sie haben nämlich bald höhere Festtage zu feiern, für die es gilt,
kleine Geschenke zu fertigen. .Also müssen die beiden erstmal aus dem
Tagebuchschreiberaum verschwinden, was natürlich bei der stark
ausgebildeten Neugier vor allem unserer Ilse zu viel Geraunze und
Gejammer führt. Auch mit Schnütchen Ziehen, also einem Vorschieben der
Unterlippe bei gleichzeitigem Aufsetzen eines ach fast unwiderstehlichen
Blickes, wird nicht gespart. Aber, welch ein Glück, jetzt hat unsere
Bastel-Lisa das oder die Werkstücke blicksicher verstaut und wir können
anfangen, ernsthaft von unserem Tagewerk zu erzählen. Angefangen hats
mit dem Aufsetzen eines? leider bis morgen schon wieder geheimen?
Schriftstückes für unseren guten Geist Carsten, von dem wir aber noch
nicht viel erzählen können, eben wegen der strengen Vertraulichkeit
desselben. HiHi, wir sind für eine kurze Zeit also zum Geheimbund
avaciert, die Roben, Talare und so weiter sparen wir uns aber.
Schließlich dient das Ganze Brimborium nur der Steigerung der Lust und
Freude für den Moment, wo wir die geheimen Dokumente und anderen Sachen,
dann der Öffentlichkeit preisgeben und somit ihrer Bestimmung zuführen
(zum Beispiel morgen Abend und am Freitag). Das fällt fast unter Lisas
große Devise der umfassenden Chamäleonisierung, weshalb ja ihre Zeitung
den klingenden Namen »de chamäleon« bekommen hat: So tarnen wir uns im
Umfeld großer Menschen als solche, wo doch Wissen Macht ist und sowas,
was wir ablehnen. Also: Wissen antäuschen und Ohnmacht zum Basteln
erklären. Oh je, der Madeirawein kitzelt die Ganglien ruckartig. Aber
der Frühling hat heute für kurze Zeit seine Tarnung (nasskaltes
spätherbstliches Wetterungetüm) aufgegeben, endlich, was uns direkt zu
einem der absoluten Höhepunkte unseres Tages bringt: Der erste Kaffe
dieses Jahres im Freien. Lisa aber trinkt heiße Schokolade. Sei niemals
kalt, lautet die Devise. Oder besser, der erste Frühlingstag dieser Art
in unserem geliebten Café »Sperlhof«, welches einen hierzulande so
genannten Schanigarten besitzt. Mit Garten ist aber eh klar nichts, die
Tische und Bänke stehen ganz einfach, wie ja fast überall auf der Welt,
auf dem Gehsteig, Trottoir oder Bürgersteig. Und der erste Kaffee wars
auch nicht, gabs doch schon im Jänner einmal zwanzig Grad, was uns in
den Prater gelockt hat, wo wir dann in einem tatsächlichen Garten
gesessen und wunderbare Getränke genossen haben. In unserem kleinen
Lokal ist auch noch weitergearbeitet worden. 1.) Einen Arbeitstisch für
Carsten zusammengebaut, 2.) haben wir begonnen, eine Präsentierbox für
die verschiedenen CDs aus unserer und unserer Freunde Produktion zu
fertigen. Also: die Leisten sind drin, fehlen daher nur die
Auflageflächen. Zweimal ziert noch eine Aufschrift das gute Stück:
Heimatwerk Vöcklabruck. Wir werden uns da also noch von Mondrian
inspiriert im Eckerlmalen üben wollen (Griechenlandblau?). Außerdem
haben wir im benachbarten Second-Hand-Laden (ja, Kitsch hoch zwei ist
der Name) Besteck samt Lade um ein wenig neues Geld erstanden.
Schließlich müssen wir ja gewappnet sein, wenn da unten (nur von Lisas
und Clemens' und Carstens' Wohnungen aus gesehen) auch mal jemanden (zb.
von uns) der Hunger überfällt. Ja, ganz seriös klingen wir heute und
sind schon vollkommen, daher erledigt. Lisa hadert bereits wieder mit
dem Verlag, der ein rechter Schreibzeitfresser ist. Ilse und Fritz
werken an ihrer interessantesten aller Homepages, die zu besuchen wir
Euch heftig empfehlen <http://www.dfw.at/>, andererseits wir
Euch direkt ein nicht vollständig ausgeschöpftes Freudepotential
attestieren müssten, das Euer Leben Euch anbieten würde, wenn. Übrigens:
Die schönsten aller Rechnungen könnt Ihr kriegen bei Kitsch hoch zwei in
der Großen Sperlgasse in Wien: Jede auf einem recyclierten und gelochten
Zettel geschrieben, handschriftlich klar, Stempel drauf, immer schöne
die Rückseite bewundern, wir empfehlen Euch, ein letzter Akt heute der
Chamäleonisierung: Kauft Euch da was, dann kriegt Ihr ein Gratisunikat
von Rechnung dazu, und in ein paar Jahrzehnten seid Ihr reich, nicht
wahr? Mit diesen guten Aussichten schöne Träume …