daily satt
- daily wien -Freitag, der 12. April 2002
Lisas schlechtes Gewissen nimmt Ilsesche Ausmaße an. Denn Clemens, im
Beinamen der Bewundernswerte genannt, musste heute in Auroras
Rosenblüte, die sich noch dazu regenverhüllt anzukündigen pflegt in
dieser verschleierten Frühlingszeit, nach Graz aufbrechen. Clemens, im
Beinamen auch der Unnachahmliche genannt, hat nämlich gemäß seiner ihm
angeborenen Art der Zeitverteilung vor Jahren beschlossen, dass einen
Tag in der Woche in Graz zu unterrichten besser sei, als mehrere
dortselbst zu verbringen, was ihn allerdings meistenteils nötigt,
jeweils zehn Stunden am Stück und ohne Pause seine unvergleichliche
Weisheit und Milde (Clemens) vor die Perlschweinchen von Studierenden
der dortigen Hochschule für Musik und darstellende Kunst zu schütten.
Ja, aber Lisa hat nix Gscheits glernt. DAS ORCHIDEENSTUDIUM IST IN
ÖSTERREICH EIN VIEL DISKUTIERTE GRÖSSE, DIE ALLERORTEN ZUVIEL PLATZ
EINNIMMT. Dessenthalben hat Clemens sich geeinigt (sic), dass es weitaus
besser wär, sein Einkommen gemeinsam zu verschleudern, während die Lisa
die ihr sehr willkommenen Aufgaben des Bürokratischen, Schriftlichen und
Anfallenden übernimmt. ABER WAS IST DENN DAS FÜR EIN HEIMCHEN AM
SCHREIBTISCH, FRAGT SICH LISA BEIM EINSACKELN VON WERBEPOSTKARTEN, die
die neuesten Schandtaten der .werkschaft in aller Welt bekannt machen
werden. Friederike Mayröcker kennt noch die Handtasche, in der ihre
Identität ist. Doch nennen wir den Reisepass jetzt Reispass, und der
steckt nur selten in einer Handtasche, etwas öfter schmiegt er sich
vielleicht noch an Gesäßbacken, aber wir weichen vom Thema ab, was auch
besser ist, weil wir sonst wieder in eine unserer Krisen kreiseln, in
denen prinzipiell die gesamte Existenzberechtigung, mikrokosmologisch
jedoch vor allem die Berechtigung einer Existenz als nicht besonders
Erfolg versprechende Schreibende, Verlegende, Veranstaltende in Frage
gestellt wird, während außerhalb derselben Krise nichts sinnvoller
erscheint, als die das Glück der Menschheit an unserem Beispiel
befördernde Tätigkeit von besonders sympathischen Schreibenden,
Verlegenden, Veranstaltenden usw. fortzusetzen. Ist das Mountainbike für
diese unsere menschliche Existenz wichtiger als ein Buch? Beides kann
Zeit vertreiben oder Zeit erst zu einer solchen machen. Behauptung.
Klar. Ilse und Fritz haben sich auf einen Fünfjahresplan geeinigt, was
heißt, dass eins der beiden jeweils fünf Jahre lang Geld auftreiben
soll. Oh, wie hoch entwickelt ist die Frilse-Zivilisation gegenüber der
weit archaischeren von Clemisa. Auch rauchen wir zuviel. Meist raucht
eins von uns zeitweise weniger, doch selbst das tugendhafte Lieschen hat
nach eineinhalb Monaten Nichtrauchen die Hoffnung auf ein Nichtrauchen
der anderen Drei aufgegeben. Sind wir rauchend doch immer so spritzig
und so. Heute raucht vor allem selbiges Lieschen zu viel. Und wir
begrüßen daher sehr spritzig um 21 Uhr 2 Min. am Anrufbeantworter die
von uns allen geliebte Malena Menzel, die unsere erste sich geoutet
habende Tagebuchlesende ist. Herzlichen Dank für das Lob und die
aufmunternden Worte! Und danke auch für den hervorragenden Portwein, der
das Schreiben des Tagebuchs ungemein inschpiritiert und beschleunigelt!