Die Unglaublichen 2
(Brad Bird)
Originaltitel: Incredibles 2, USA 2018, Buch: Brad Bird, D.O.P. (Camera): Mahyar Abousaeedi, D.O.P. (Lighting): Erik Smitt, Schnitt: Stephen Schaffer, Musik: Michael Giacchino, Kostüme: Bryn Imagire, Production Design: Ralph Eggleston, Graphics Art Director: Josh Holtsclaw, Supervising Animator: Tony Fucile, Art Sculptor: Greg Dykstra, und den Originalstimmen von Craig T. Nelson (Bob Parr / Mr. Incredible), Holly Hunter (Helen Parr / ElastiGirl), Sarah Vowell (Violet Parr), Huck Milner (Dashiell »Dash« Parr), Catherine Keener (Evelyn Deavor), Bob Odenkirk (Winston Deavor), Samuel L. Jackson (Lucius Best / Frozone), Eli Fucile (Jack-Jack Parr), Jonathan Banks (Rick Dicker), Isabella Rossellini (Ambassador Selick), Michael Bird (Tony Rydinger), Brad Bird (Edna »E« Mode), Sophia Bush (Voyd), Paul Eiding (Reflux), Phil LaMarr (Krushauer / Helectrix), John Ratzenberger (Underminer), Nick Bird (Monster Jack-Jack), 118 Min., Kinostart: 27. September 2018
Wo sich bei Disney die Zeigt der im Animationsbereich mittlerweile obligaten Schnellschuss-Sequels (Ice Age 4, Shrek 4 etc.) noch in der Zukunft abzeichnet (zu Frozen und Ralph Wrecks nähern sich die Starttermine der Fortsetzungen), hat man leider beim eingemeindeten Pixar-Studio längst den Eindruck, dass die Zahl der Sequels die der eigenständigen Neuproduktionen zu erdrücken droht. Fast alles, was besonders erfolgreich ist (bei Pixar schaffen ja scheinbar selbst die »Flops« wie A Bug's Life oder The Good Dinosaur spielend die 100-Millionen-Dollar-Einnahmen-Grenze), bekommt zumindest nach etwa einem Jahrzehnt den Update-Film, der den Merchandise-Staffelstab an die nächste Kinder-Generation weitergibt: Toy Story 3, Cars 3, Finding Dory, Monsters University und jetzt auch Incredibles 2. Ich hoffe inzwischen, dass Ratatouille, Wall·E, Up und Brave allesamt auf nicht so viel Bettwäsche und Cornflakes-Kartons gelandet sind, so dass diesen Filmen der Nachschlag erspart bleibt. Das Wiedersehen und Weitererzählen ist ja meist ganz nett, aber für mich hat ein alleinstehendes Meisterwerk (bei Brave zumindest im Ansatz) einfach einen größeren Appeal als ein sich regelmäßig erweiterndes Franchise, dass selbst bei größten Ambitionen irgendwann auch mal einen Qualitätshänger mit sich bringt. Insbesondere bei einer Filmreihe wie Cars, die mich schon beim Originalfilm allenfalls in Maßen begeisterte und die durch den zigsten Aufguss kaum gewinnen konnte.
© 2018 Disney · Pixar. All rights reserved.
Bei den Incredibles war es so, dass der Ursprungsfilm nicht nur den Ruf von Regisseur Brad Bird (The Iron Giant, längere Phase bei den Simpsons, Ratatouille, später auch den Realfilm Mission: Impossible - Phantom Protocol sowie Tomorrowland) zementierte und ihn fast in den Legendenbereich von Pixar-/Disney-Mastermind John Lasseter hochschoss, damals machte der Animationsbereich erstmals auch den Superhelden-Comicverfilmungen ernsthafte Konkurrenz - wohlgemerkt ohne Comic-Vorlage! Mittlerweile sind Superhelden in Animationsfilmen nichts besonderes mehr (Bolt, Big Hero 6), inzwischen haben selbst die Superschurken dort ihre eigene Nische (Despicable Me, Megamind).
Und auch, wenn es mich freut, dass Brad Bird darüber zurück zum Animationsfilm fand, kann auch Incredibles 2 nur in Maßen mit dem Vorgänger mithalten. Man dreht die Geschichte so um, dass diesmal vor allem ElastiGirl in den Fokus kommt (obwohl natürlich der Familienzusammenhalt weiterhin wichtig ist) und begeistert mit dem jüngsten Spross der zweiten Superhelden-Generation (Jack-Jack wird zum screne stealer auf Scrat-Niveau, ist aber etwas besser in die Gesamtgeschichte eingebunden).
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Die eigentliche Superhelden-Geschichte kann es aber nicht mal im Ansatz mit dem innovativen Schurken aus The Incredibles aufnehmen... Wie hieß der unangenehme Kerl mit dem großen S noch? Nein, nicht Scrotum, Syndrome! Diesmal setzt man direkt am Teaser-Schurken aus dem letzten Film an (der Name blieb auch nicht hängen, der Maulwurf mit dem Riesenbohrer hieß »Underminer«), der dann aber nach der Einstiegs-Action gleich wieder vergessen wurde.
Der zentrale Schurke von Incredibles 2 wirkt zunächst noch sehr interessant, weil die Prämisse von einer Abstraktion lebt, die zum Metier der CGI-Animation vorzüglich passt. Mit etwas absichtlicher Verzögerung scheint es so, als habe man es mit so etwas wie einem »virtuellen« Superschurken zu tun. Das gab es in ähnlicher Konstellation zwar bei den »richtigen« Comic-Verfilmungen schon mehrfach (Vision, diese Apocalypse-Quasi-Roboterschergen), aber weil es so vortrefflich zum CGI-Umfeld des Films passt, wirkt es besonders clever.
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Bis man diesen Ansatz nahezu komplett fallen lässt und bei vergleichsweise ausgelutschten Standard-Variationen des Genres landet. Incredibles 2 funktioniert (oder begeistert sogar), solange man im Kinosessel sitzt, aber im Nachhinein betrachtet, ist der Film eher gutes Mittelmaß. Quasi das Standard-Marvel-Erlebnis (was ja erschreckenderweise Millionen von Kinogänger komplett auszureichen scheint).
Meine Erwartungen an einen Pixar-Film sind aber höher, und ich bilde mir nach wie vor ein, dass dies bei den Projekten, die sich vom Sequel-Zwang lösen, leichter möglich ist (Inside Out und Coco fungieren nicht auf dem Level von Monsters, Inc., Ratatouille oder Up, aber sie sind für mich interessanter und lohnender als selbst das gelungenste Pixar-Sequel - also vermutlich Toy Story 3).
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Dennoch kann man den Film empfehlen, weil allein Jack-Jack den Kinoeintritt wert ist (solange man nicht am Samstag zur 3D-Version geht). Ein winziger Dialog kann hier sehr hübsch wiedergeben, was ich nicht im Detail vorwegnehmen will:
»I missed Jack-Jack's first power...?« - »You missed the first 17!«
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Nicht unerwähnt bleiben soll der mal wieder recht anspruchsvolle und erzählerisch fast schon komplex zu nennende Vorfilm Bao - kein allumspannender crowd pleaser, aber inmitten der Pixar-Kurzfilme (und die sind vielfach oscar-prämiert und zum Teil echte Innovationen) klar im besseren Drittel.
Ach ja, und den besten Jobtitel seit Jahren hat (im Nachspann) jemand, der sich »Global Technology Supervisor« nennen darf. Dass »Global« ein Firmenname ist, macht das Ganze etwas weniger hochtrabend, aber ich find's immer noch toll. Würde ich mir definitiv aufs Tieschört drucken!