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März 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Juno (R: Jason Reitman)
Juno (R: Jason Reitman)
Juno (R: Jason Reitman)
© 2008 Twentieth Century Fox
Juno (R: Jason Reitman)
Juno (R: Jason Reitman)
Juno (R: Jason Reitman)

Juno
(R: Jason Reitman)

USA 2007, Buch: Diablo Cody, Kamera: Eric Steelberg, Schnitt: Dana E. Glauberman, Musik: Mateo Messina, Songs: Kimya Dawson, mit Ellen Page (Juno MacGuff), Michael Cera (Paulie Bleeker), Jennifer Garner (Vanessa Loring), Jason Bateman (Mark Loring), Allison Janney (Bren MacGuff), J. K. Simmons (Mac MacGuff), Olivia Thirlby (Leah), Eileen Pedde (Gerta Rauss), 96 Min., Kinostart: 20. März 2008

Eine der Oscar-Kategorien, bei der ich total falsch lag, war das Originaldrehbuch. Dies wird nicht nur an meinem Favoriten Ratatouille gelegen haben, sondern daran, dass Diablo Cody, die mit Juno ihr Drehbuch-Debüt abliefert, in den Staaten offenbar aufgrund von Zeitungsartikeln, Fernseharbeit, einer illustren Karriere in den Bereichen Versicherung und Telefonsex, und ihren berüchtigten Memoiren Candy Girl: A Year in the Life of an Unlikely Stripper einen Bekanntheitsgrad erreicht hat, den man hierzulande schlecht einschätzen kann, wenn man sich um solche Details nicht kümmert.

In Juno geht es zwar um eine Teenage-Schwangerschaft, aber die Titelfigur scheint verglichen mit der Drehbuchautorin eine recht behütete Kindheit zu absolvieren. Juno MacGuff (Ellen Page, manchem vielleicht aus Hard Candy bekannt) weiht den Zuschauer gleich zu Beginn des Film ein, auf welchem Wege es zu dieser Schwangerschaft kam, der Vater namens Paulie Bleeker (Michael Cera aus Superbad) entspricht keinesfalls irgendwelchen sich aufdrängenden Klischees junger Männer, sondern ist eher die charmantere Version eines Napoleon Dynamite, verrückt nach orangen TicTacs, und zumeist in einem auffälligen gelben Sporttrikot gewandet (“Deine Shorts sind heute aber besonders golden” - “Meine Mutter benutzt Color-Waschmittel”). Statt einer sehr jungen Kleinfamilie oder gar Abtreibung entscheidet Juno sich dafür, ihr Kind liebenden Eltern zukommen zu lassen. Eltern, die sie selbst auswählt, und die Lorings (Jennifer Garner & Jason Bateman) erscheinen ihr zunächst wie die guthabenden, aber dennoch sympathischen Bilderbucheltern, die ihrem Kind die Zukunft garantieren können, die ihm bei Juno selbst kaum möglich wäre. Soweit die Prämisse des Films, wie sich das ganze weiterentwickelt, mögen geneigte Kinobesucher selbst erfahren.

Neben dem durchaus gelungenen Buch und der bewährt hauchzart abgedrehten Inszenierung von Jason Reitman (Thank you for Smoking) zieht der Film seine Kraft vor allem aus den Darstellern. Ellen Page wurde nicht aus Spaß für den Oscar nominiert, Michael Cera ist einfach entzückend, Jennifer Garner kann ihre leicht nervenden Tendenzen endlich mal in den Dienst einer Rolle stellen, Jason Bateman, den man am ehesten aus kleinen Rollen in Ben Stiller und / oder Vince-Vaughn-Vehikeln kennt (Dodgeball, The Break-Up, Starsky & Hutch), zeigt hier echtes Karriere-Potential, und J. K. Simmons (J. Jonah Jameson in den Spider-Man-Filmen) überzeugt als Jonahs Vater ebenso sehr wie Allison Janney (spielte immerhin in American Beauty, The Ice Storm und The Hours mit) als Stiefmutter Bren.

Innerhalb der momentan sehr angesagten US-Independent-Komödien um leicht kaputte Familien oder Familienwerte (The Squid and the Whale und vor allem Little Miss Sunshine haben hier wohl die Welle ins Rollen gebracht) sticht Juno dadurch heraus, dass der Film nicht irgendwelche erfolgreichen Muster nachäfft, sondern sich ganz auf seine Figuren konzentriert. Und die Herzlichkeit und menschliche Wärme, die der Film verbreitet, wirkt hier nicht so aufgesetzt wie in anderen Indie-Produktionen, trotz teilanimiertem Vorspann, wie er direkt von MTV stammen könnte. Figuren, die Herschell Gordon Lewis verehren und das Carpenters-Cover Superstar von Sonic Youth ihren Lieblingssong nennen, sind aus meiner Sicht einfach interessanter als irgendwelche Gestalten aus King of California, Jersey Girl oder Garden State.