Che: Revolución
(R: Steven Soderbergh)
Originaltitel: Che: Part I, Frankreich / Spanien / USA 2008, Buch: Peter Buchman, Vorlage: Ernesto “Che” Guevara, Kamera: Peter Andrews, Musik: Alberto Iglesias, Schnitt: Pablo Zumárraga, mit Benicio del Toro (Ernesto “Che” Guevara), Rodrigo Santoro (Raúl Castro), Demián Bichir (Fidel Castro), Catalina Sandino Moreno (Aleida March), Yul Vázquez (Alejandro Ramírez), Jorge Perugorría (Joaquin / Vilo), Kahlil Méndez (Leonardo Tamayo Núñez / Urbano), Unax Ugalde (Vaquerito), Julia Ormond (Lisa Howard), Jon De Vries (Senator Eugene McCarthy), Victor Rasuk (Rogelio Acevedo) u. v. a., 134 Min., Kinostart: 11. Juni 2009
Nach dem positiven Einspielergebnis von Kill Bill (und vielleicht auch von Lord of the Rings) werden immer mehr Filme auf zwei Teile konzipiert, und oft genug (beispielsweise beim siebten und achten Teil der Harry-Potter-Filmreihe) spielen wirtschaftliche Gründe stärker in die Entscheidung hinein als künstlerische. Steven Soderbergh hat sich nach seinen rein künstlerischen Anfängen immer mehr zu einem Grenzgänger zwischen Kunst und Kommerz entwickelt, seine Ocean’s 39-Reihe alterniert mitunter mit ausgeprägtem Kassengift, solang jeder zweite Film genug einspielt, kann er sich zwischendurch ganz persönliche Projekte erlauben, und dazu gehört wahrscheinlich auch die zweiteilige Che-Biographie, denn auch wenn überlange Biopics mit vielen Untertiteln mitunter im Rennen um die Oscars bessere Chancen haben, seinen Cineplex-Saal füllt man damit nur selten.
Leider ist es nicht immer so, dass das, was Steven Soderbergh als große Filmkunst sieht, auch die Kritiker begeistert, man erinnere sich an The Good German, Solaris oder Kafka. Und nun präsentiert er uns die insgesamt ca. viereinhalbstündige Geschichte des Che Guevara (Benicio del Toro sei sein Darstellerpreis in Cannes gegönnt), und trotz allem guten Willen, trotz spanisch sprechender Schauspieler und viel Willen zu Authentizität und Recherche wirkt der erste Teil zunächst mal wie eine Selbstbeweihräucherung des Regisseurs. Völlig unnötig benutzt er wieder seine seit Traffic zum Markenzeichen gewordene Aufteilung der Geschichte in leicht auseinanderhaltbare Handlungsstränge, bei denen Schwarz-Weiß-Fotografie oder sehr ins bläuliche oder rötliche gehende Bilder überdeutlich auseinander halten, was halbwegs wache Zuschauer auch so getrennt hätten. Dabei bedient er sich erneut seines Lieblingskameramanns, des lernresistenten Herrn Peter Andrews (seine Freunde nennen ihn Steven), der beispielsweise den völlig unsachgemäßen Einsatz von Filtern demonstriert und offensichtlich immer noch stolz ist, dass er den Trick mit den blaustichigen Bildern kapiert hat. Unterstützung findet Soderbergh durch seinen vielgerühmten Drehbuchautoren Peter Buchman, dessen spanische Dialoge sich irgendwie sehr englisch anhören, und der besipielsweise das Kunststück vollbringt, der Interviewerin im überflüssigen Rahmen der Geschichte die geniale folgende Frage stellen zu lassen: “How old were you in January of 1959?”. Der Informationsverteilung mag dies zuträglich sein, wie so eine Journalistin einen Interviewtermin mit Che Guevara bekommen hat, bleibt mir schleierhaft.
Positiv zu bewerten ist es, dass man öfters Dinge angekratzt hat, die den Zuschauer dazu animieren, selbst weiterzurecherchieren (was ja heutzutage mithilfe des Internets ein leichtes ist). Wie aber beispielsweise extrem konventionell Ches love interest (Catalina Sandino Moreno) in den Film eingeführt wird, wie (bei verfilmten Memoiren nicht verwunderlich) die Hauptfigur fast immer im positiven Licht erscheint und die zweite Hälfte des Films fast komplett zu einem Kriegsfilm um die Einnahme einer Stadt (inklusive wenig überzeugendem Zugunglück) gerät, das gibt einem nicht einmal ansatzweise das Gefühl, dass man Zeuge des “ultimativen” Films über Ernesto Guevara wurde. Auch der Einsatz diverser voice-overs und Jump-Cuts unterstreicht nur, dass Regisseur und Autor des Themas nicht ansatzweise Herr werden konnten, vielleicht wäre eine Fernsehserie die bessere Lösung gewesen, aber für sowas ist sich Herr Soderbergh sicher zu schade (und die Untertitel hätte er dabei nie durchsetzen können). Man bekommt innerhalb der ersten, sich sehr ziehenden zwei Stunden auch nicht unbedingt Appetit auf den zweiten Teil, in dem dann Lou Diamond Phillips, Matt Damon und Franka Potente mal durchs Bild hüpfen dürfen.
Bezeichend ist der Link auf der imdb-Seite zu einer T-Shirt-Verkaufsstelle. Die Revolution ist ausverkauft, daran kann Soderbergh nichts ändern, er ist nur eine Begleiterscheinung des Phänomens.