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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen





4. Februar 2010
Felix Giesa
für satt.org


Comics am Stück
  1. Orang #7
  2. Plaque #2
  3. Spring #5
  4. Panik Elektro #6
  5. Ich/ I/ Je/ Io
  6. Ballroom Blitz
  7. MOME #11-12
  8. Strichnin #2
  9. Argh! #5
  10. Blutt #8
  11. PlusPlus #4
  12. Spring #6
  13. Orang #8
  14. Aua! Aua! Heiss! Heiss! #2
  15. Triebwerk #4
  16. Orang #9

Comics am Stück 13

  Orang #8: Neverending Stories
Orang #8: Neverending Stories
Reprodukt/ Kiki Post 2009
120 S., Softcover, € 15,00
» Reprodukt
» orang-magazin.net
» amazon


Der Text und ein Interview des Autoren mit den Herausgebern Sascha Hommer und Arne Bellstorff findet sich im aktuellen „ICOM Jahrbuch 2010“.



Orang #8:
Neverending Stories
Von A bis Z

„Wenn die Unendliche Geschichte
sich selbst enthält,
dann geht die Welt
in diesem Buch zunichte!“

[Der Alte in Michael Endes „Undendliche Geschichte“
zur Kindlichen Kaiserin.]

Und wie bei Michael Endes Klassiker, so findet sich auch in der aktuellen Ausgabe von ORANG ein steter Wechsel zwischen realem und phantastischem Erzählen. Reich ist der Ideenkosmos, aus dem die Beiträger sich dafür bedienen und bietet so ein buntes Potpourri des Erzählens von Geschichten.

Das erste Mal seit Nummer 5 (2005) findet man wieder eine Geschichte von Line Hoven. In gewohnt feiner Schabtechnik gestaltet, ist „Forever Yours“ eine doppelte Liebesgeschichte, die in ihrer jeweiligen Aussichtslosigkeit im Möbiusband auf der Bildebene eine symbolische Entsprechung findet. Eine junge Frau liebt einen Mann, von dem sie nur die tätowierten Unterarme kennt. Um diesem wenigstens teilweise nah sein zu können, beschließt sie, sich ebenso wie er, die Endlosschleife tätowieren zu lassen. Das es sich bei der Tätowiererin, die sie aufsucht, um die Mutter des ersehnten Mannes handelt, offenbart sich dabei nur dem Betrachter. Die angedeutete ödipale Beziehung von Mutter und Sohn, stellt die zweite Liebesgeschichte dar. Und eine dritte (und vielleicht eine vierte) deutet Line Hoven dann sogar noch am Ende an. Eine ganze Spur phantastischer sind dagegen großteils die Comics der asiatischen Beiträger. So etwa die surrealen Traumabenteuer eines anthropomorphen Elefantenjungen in den Bildern des jungen Chinesen Yan Cong. Die Zeichnungen bieten trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer klaren Linie und der streckenweise flächigen Darstellung der Figuren eine Verspieltheit, die überrascht. Dabei sind Träume, Geschichten und sogar ein Computerspiel so stark erzählerisch miteinander verwoben, dass schwer auszumachen ist, wo diese endlose Geschichte’ ihren Anfang haben mag.

Einen klaren Kontrast hierzu bietet etwa Shintaro Kagos „Rubik’s Cube“. Der Japaner ist ein routinierter Mangazeichner, dessen Stil an traditionelle Science Fiction-Mangas erinnert. So muss man bei seiner grotesken Interpretation des Zauberwürfels unwillkürlich an die Kurzgeschichten Katsuhiro Otomos (AKIRA) denken, der sich ebenfalls immer wieder in die Abgründe der menschlichen Psyche vorwagte.

Die größte Neuentdeckung dieser Ausgabe im deutschsprachigen Raum dürfte unbestreitbar die Südkoreanerin Ancco sein. Auch stellt ihr eher alltäglicher Bericht um ein abendliches Beisammensein dreier Freundinnen einen erzählerischen Gegenpol zu den sonstigen Phantasmen der Anthologie dar. Ihre flüchtigen Zeichnungen, die leicht kantigen Figuren sind eine wundervolle optische Wiedergabe der poetischen Geschichte über das verfahrene Leben der Postadoleszenten. Das deren Situation sich global sehr gleicht, versinnbildlicht Ancco auf sehr eindrückliche Weise.

Ansonsten sind natürlich auch wieder all die anderen üblichen Verdächtigen mit im Boot. Moki, Verena Braun, Till D. Thomas, Marjipol und Herausgeber Sascha Hommer behaupten ein weiteres Mal ihre Ausnahmestellung im deutschsprachigen Comicraum und offerieren eine augenöffnende Schau dazu, was Comic alles noch sein kann. Zu Recht gab es in diesem Jahr dafür auf dem Comic Festival in München den ICOM Sonderpreis für die Ausgabe 7 „The End oft he World“.

„Jede wirkliche Geschichte ist eine Unendliche Geschichte.“
[Der Antiquar Karl Konrad Koriander am Ende der „Unendlichen Geschichte“.]