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21. September 2008
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Felix Giesa
für satt.org |
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3 Spring 5: Alter Ego... und immer wieder Hamburg! Zumindest muss man das denken, da regelmäßig neue Comicsammelbände aus der Hansestadt erscheinen. Hat ein Teil des Comiczeichnerinnen-Kollektivs Spring soeben erst mit „Pomme d’amour“ eine inhaltlich wie gestalterisch ansprechende Anthologie zum Thema Liebe vorgelegt, so war das Gesamtkollektiv nicht minder fleißig. Das Ergebnis ist die bisher umfangreichste Ausgabe von „Spring“. Thematischer Schwerpunkt ist dieses Mal das „Alter Ego“ – es dürfte wohl schwer sein, ein Thema zu finden, dass dem Comic mehr immanent ist, als das Alter Ego. Angefangen bei Batman und dessen alternativem Ich Bruce Wayne, bis hin zu den Comic-Ichs zeitgenössischer autobiographischer Zeichner, wie Flix oder seine Seite) oder Mawil. Dabei leben sie die unterdrückten, bösen Verlangen aus, wie bei den „Sechshundertsechsundsiebzig Erscheinungen von Killoffer“ oder kompensieren die eigenen, vermeintlich mangelhaften, Eigenschaften. Und so finden sich in den vorliegenden kurzen Geschichten auch eine Vielzahl von Ansätzen, seinem anderen Ich – und damit sich selbst – auf die Schliche zu kommen (und das ohne eine Batman-Geschichte). So unterschiedlich die einzelnen Ansätze der Geschichten sind, so vielfältig sind die Umsetzungen. Verstärkt wird der Variationsreichtum noch durch die Tatsache, dass Spring nicht ausschließlich Comics versammelt, sondern ebenfalls Design und Illustration in der Grauzone zum Bilderbuch oder der illustrierten Erzählung. So etwa gleich die erste Geschichte von Stephanie Wunderlich, mit dem programmatischen Titel „Ich bin ein anderer“. Ihre kräftigen, scherenschnittartigen rot-schwarzen Bilder berichten von einem „stetigen Begleiter mit äußerst schlechten Umgangsformen“, dessen sich der Erzähler gerne entledigen würde. Ihre freud’sche Allegorie ist zwar ebenso wie das Ende etwas zu offensichtlich, jedoch stimmen die Bilder den Leser gut auf das Weitere ein. Einen Einblick in den Entstehungsprozess gibt Larissa Bertonasco: „Me, drawing me drawing“. Sie erkennt, dass sie als zeichnende Person nicht die gleiche Kontrolle über sich hat, wie gewohnt. Ein bewusster Prozess ist lediglich die Entwicklung einer Idee; die Umsetzung erfolgt dann in einem Bewusstseinsstrom, der sich jeglicher Kontrolle der Zeichnerin entzieht. Dabei ist das Ergebnis mal erfreulich, mal „Scheiße“. Solche Einblicke in die Textproduktion sind aus der Literatur schon bekannt, die hier stattfindende Ergänzung um Bilder ist eine sehr erfreuliche. Und das Produkt als solches ist näher am Menschen, als es vergleichsweise ein Interview sein könnte. Einen Comic, der formal sehr geschickt gestaltet ist, steuert Barbara Yelin mit „Die andere Seite“ bei. Bereits letztes Jahr hat sie einige Zeichnungen der Bilderserie „Transalpina“ auf ihrer Internetseite veröffentlicht und sich dem Thema Berge graphisch genähert. In der vorliegenden Ausgabe von „Spring“ bettet sie ihre Geschichte nun erneut in einen alpinen Kontext. Dabei bilden immer doppelseitige Illustrationen den Hintergrund, vor dem sie die eigentliche Geschichte in kleinen Panelfolgen erzählt. Die erschreckende Größe und Majestätik der Berge und der davor schrumpfende Mensch finden in dieser Form der Darstellung ihr perfektes Abbild. Ein absolutes Novum für „Spring“ stellt claire Lenkovas Comic dar, da hier erstmals ein Mann an der Produktion beteiligt war. Jan-Frederik Bandel, der unter anderem das Skript für den Strip der Frankfurter Rundschau „Im Museum“ liefert, und Frau Lenkova exerzieren vier mögliche Treffen ihrer gezeichneten Alter Egos an einer Bushaltestelle durch. Das Ergebnis dieser Treffen reicht von Buch-in-die-Fresse bis zu träumerischer Harmonie. Dabei lässt der Titel mit dem Hinweis „6 Szenen mit 3 x 2 Alter Egos“ durchaus die Vermutung zu, dass eins der Treffen tatsächlich ist und somit vielleicht den Grundstein für den Strip legte ... Das erfreuliche an einer Anthologie aus immer demselben Zeichnerinnen-Stamm ist, dass man die Arbeit der einzelnen Künstlerinnen schätzen lernt, man die Entwicklung und Fortschritte nachvollziehen kann. Da bleibt es nicht aus, dass einem die einen lieb werden und die anderen weniger; und gerade von diesen wird man dann manchmal total überrascht. Beides sind Gründe die Springerinnen weiterhin im Auge zu behalten und zu hoffen, dass der Nährboden des Kollektivs auch weiterhin fruchtbar bleibt.
Spring # 5: Alter Ego Abbildungen aus Spring # 5: Eine Illustration entsteht, und während die Zeichnerin noch darüber grübelt, gewährt sie uns einen Einblick in ihr Schaffen. (© Larissa Bertonasco) Eins von vier möglichen Treffen, ob es wohl das echte ist? claire Lenkova gelingt es, durch ihren skizzenhaften, aber strengen Stil, das Geschehen unwirklich, wie einen Entwurf, eine Probe für das ,echte Leben’, aussehen zu lassen. (© claire Lenkova) |
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