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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen





7. Juli 2011
Felix Giesa
für satt.org


Comics am Stück
  1. Orang #7
  2. Plaque #2
  3. Spring #5
  4. Panik Elektro #6
  5. Ich/ I/ Je/ Io
  6. Ballroom Blitz
  7. MOME #11-12
  8. Strichnin #2
  9. Argh! #5
  10. Blutt #8
  11. PlusPlus #4
  12. Spring #6
  13. Orang #8
  14. Aua! Aua! Heiss! Heiss! #2
  15. Triebwerk #4
  16. Orang #9

Comics am Stück 16

  Orang #9: Atlas
Orang #9: Atlas
Kiki Post/ Reprodukt 2011
168 S., Softcover, € 15,00
» Reprodukt
» Orang
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Der Atlas der Gegenwart

Mit der aktuellen Ausgabe der Comic-Anthologie Orang kehrt Herausgeber Sascha Hommer zu den Anfängen des Magazins zurück. Fanden sich in den letzten Ausgaben eine Vielzahl internationaler Comiczeichner, die sich aufgrund ihres alternativen und, wenn man denn so will, avantgardistischen Stils problemlos ins Orang-Kollektiv einbanden, so bietet die nunmehr neunte Nummer wieder eine Plattform für deutschsprachige Comiczeichner. Das ändert natürlich an der inhaltlichen Ausrichtung nichts, weiterhin sind die Arbeiten experimentell, angenehm ›unmainstreamig‹ und dabei doch nicht trashig. Ebenso wie zu den Anfängen bietet Orang nach wie vor dem Nachwuchs einen Platz, der so über Fanzines und Eigenproduktionen hinaus einer Öffentlichkeit bekannter wird. Besonders auffällig sind hier die Arbeiten der zwanzigjährigen Zwillinge Jannis und Michel Esselbrügge, die bisher wohl nur durch ihr Zine Biologisch abbaubare Illusionen in Erscheinung getreten sind. Beide wirken von naturalistisch-esoterischen Themen inspiriert; die bei Jannis klaren, geschwungenen Zeichnungen, bei Michel düsteren Bilder lassen einen Einfluss aus dem italienischen Canicola-Umfeld vermuten. Was für junge Zeichner auf der Suche nach einem eigenen Strich sicher nicht der schlechteste Einfluss ist. Nicht mehr wirklich Nachwuchs, aber auf dem besten Wege, sich zu etablieren, sind Aisha Franz und Carolin Walch. Für beide ist Orang #9 sicherlich ein Teaser für die diesjährigen ersten eigenen Publikationen. Während Franz‘ Alien (Reprodukt) bereits vorliegt, wird Walchs Roxanne & George (Reprodukt) erst diesen Oktober folgen.

Es ist besonders Carolin Walchs Beitrag, der das Thema der aktuellen Nummer, Atlas, auf eine zeitgenössische und damit überzeugende Art aufgreift. Walch, die als Teil des Geschwister-Kollektivs The Royal Walchs mit ihrer mangaesken Serie Magic Mütze in der Paper Theatre-Reihe des Schwarzen Turms einen regelrechten Indie-Hit vorlegte, zeigt sich in ihren sonstigen, häufig auch photografischen, Arbeiten von einer komplett anderen Seite. In ihren Bildern fängt sie Momente des Alltäglichen ein, dabei ist sie Begleiterin und gleichwohl Dokumentarin mode- und stilbewusster Rock-Fans. Als Bloggerin und Netzwerkerin ist sie in die performativen Prozesse dieser Szene eingebunden, wie etwa als Herausgeberin von Ballroom Blitz, und nimmt an ihr teil. Ihr Beitrag Fuck Yeah Van Halen ist nun die Kondensation all dessen und bringt so das Kartographische des Atlas-Themas auf den Punkt, deutet den soziologischen Verlauf unserer persönlichen, neuen Weltkarten auf vier kinderleicht erscheinenden Seiten aus. Die Idee einer globalen Vernetzung, einer unbegrenzten Ideenlandkarte, beginnt hier mit dem Foto einer eben im Szeneplattenladen gefundenen Van Halen-Platte (das es sich hierbei um die 5150 von 1986 handelt, mit einem den Globus stemmenden Titanen Atlas, ist fast schon zu offensichtlich). Das Foto gelangt via tumblr.com an die Web-Öffentlichkeit, wird auf facebook.com gemocht und auf als auf ebay.com ein Van Halen-T-Shirt gekauft wird, ist der Trend schon Mainstream. Die folgende Van Halen-Party wird auf Facebook entsprechend auch als »Scheiße« bewertet, nur »Copycats« wären unterwegs gewesen.

Es ist schon ein paar Jahre her, dass Scott McCloud in Reinventing Comics das World Wide Web als die Zukunft für den Comic weissagte. Besonders in Blogs hat sich mittlerweile eine eigene Comicszene herausgebildet, die besonders durch ihre Kreativität begeistert; den Comic neu erfunden haben sie jedoch noch nicht. Denkt man jedoch die Bildwelten des Internets als eine große, multipel variierbare Erzählung in Bildern, wäre es eine spannende Überlegung, das Internet selber als Revolution der Bildgeschichte zu denken – mit allen Usern als potentielle ›Erzähler‹. Carolin Walch hat es nun mit einem ganz traditionellen Comic geschafft, die beeinflussenden Wege des Internets anschaulich zu machen. Das sie dabei als Kennerin ihrer Szene dieser gehörig auf den Zahn fühlt, lässt für ihre angekündigte Publikation Gutes erhoffen. Die Wartezeit darauf kann man sich wie immer gut mit dem Orang verkürzen.