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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen





18. Dezember 2008
Felix Giesa
für satt.org


Comics am Stück
  1. Orang #7
  2. Plaque #2
  3. Spring #5
  4. Panik Elektro #6
  5. Ich/ I/ Je/ Io
  6. Ballroom Blitz
  7. MOME #11-12
  8. Strichnin #2
  9. Argh! #5
  10. Blutt #8
  11. PlusPlus #4
  12. Spring #6
  13. Orang #8
  14. Aua! Aua! Heiss! Heiss! #2
  15. Triebwerk #4
  16. Orang #9

Comics am Stück 8

  Strichnin. Das Comicmagazin der FH Augsburg

Es kann immer nur ein Cover und ein Backcover geben. Für „Strichnin # 2“ ist das nun besonders relevant, denn es wurde ein Wettbewerb für die Covergestaltung abgehalten. Und weil da viel Gutes eingereicht wurde, finden sich in der Buchmitte noch zwölf weitere Coverentwürfe.



Strichnin 2

Die Straße zwischen Rinnsteinen

Im Oktober letzten Jahres habe ich meine erste Rezension auf satt.org lancieren können, mit einem Text über Anthologien aus dem Hochschulumfeld. Dabei ging es jeweils um die ersten Nummern von „Two Fast Color“ und „Strichnin“. Nun, nach einem Jahr, liegen von beiden Reihen zweite Nummern vor. Das ist toll, bedeutet es doch, dass sich das Comiczeichnen an den Hochschulen als Ausbildungsinhalt mittlerweile ganz gut macht. Das die dabei entstandenen Arbeiten nicht in der Schublade verschwinden, sondern als wunderschön aufgemachte und solide Comicbände veröffentlicht werden, dass kann man ganz aktuell an der neuen Nummer von „Strichnin“ sehen.

„Die Straße – darauf, darunter, daneben“ lautete der thematische Überbau für die Fachklasse Illustration von Professor Mike Loos (Augsburg) im Wintersemester 2007/ 2008. „Und die Studenten haben einen tiefen Griff in die Wunderkiste der sequenziellen Kunst getan“, wie Carmen Dollhäubl, Lehrbeauftragte der Uni Augsburg, in ihrem Vorwort schreibt. (Gut geschriebene Vor- und Nachwörter sind eine tolle Sache, ich freue mich jedes Mal darüber!) Das überhaupt Themen vorgegeben werden ist natürlich eine Hilfe für die ZeichnerInnen, denen so ein leichterer Einstieg ermöglicht werden soll. Dass aber schlussendlich die neun vorliegenden Geschichten ein so großes Spektrum inhaltlicher und gestalterischer Art aufweisen, ist überraschend. Bereits in den Buchdeckeln vorne und hinten verbergen sich zwei Funny-Strips von David Kremer, dem mit „Strassenkehrer Fred“ sicherlich das Maskottchen zur Ausgabe gelungen ist. Fred ist die noch ruhigere Ausgabe von Momos Freund Straßenkehrer Beppo. Darum wird er auch von einem Philosophen begleitet, der, wie Oskar, in einer Mülltonne lebt, und die Erkenntnisse eines Lebens auf der Straße in akademisches Kauderwelsch übersetzt. Seine Erkenntnisse sind sicherlich eher trivialer Natur, aber das ist zum einen ja auch ein Motto von „Strichnin“ („visuell, trivial, narrativ“), und zum anderen sind die Anbiederungen der „Hochkultur“ an die Gosse zumeist eh hinfällig. Grafisch geht Kremer hingegen sicherlich keine neuen Wege, sein Stil entspricht dem im Funnybereich üblichen; vielleicht ein bißchen wie „Die kleinen Mutterficker“ der Gebrüder Dinter.

Strichnin. Das Comicmagazin der FH Augsburg

Anemone Kloos’ Sträfling hat genug davon, eingeengt zu sein: es lebe die Freiheit der Seite!

Doch die Studierenden bleiben nicht bei formal altbekannten und es fällt auf, dass besonders die Studentinnen das herkömmliche Panelschema des Comics aufbrechen, damit spielen oder sogar hinter sich lassen. Wie auch bei Arbeiten in „Orang“ oder „Strapazin“ verschwimmen dabei schließlich die Grenzen zur Illustration, dass Narrative des Comics jedoch bleibt erhalten. Besonders eindrucksvoll gelingt das Anemone Kloos mit „Freiheit“: „Ich lasse mich nicht mehr einsperren, in kein Gefängnis ... und von keinen Kästchen!“ schreit ihre Figur dem Leser von der Seite entgegen, packt die Panelumrandung und zieht sich in die Freiheit der offenen Straße. Auf der Flucht vor den „Kästchen“ nutzt Kloos reichliche Möglichkeiten der Buchgestaltung und so muss der Comic immer wieder gedreht und gewendet werden. Eva Krusche geht in „Ulf“ noch einen Schritt weiter: hier gibt es von vornherein keine Panels mehr. Gegenständliches schwebt frei im Raum, vor einem zerknitterten Hintergrund montiert. Doch es wird viel weniger eine Handlung vorgeführt, als eher ein Bericht mit den Mitteln des Comics veranschaulicht: Ulf wurde verlassen und findet sich „zerstückelt in 3 Teile“ in einer Kiste wieder und der Schmerz lässt ihn „stumm wie ein Fisch“ werden. Die Zeichnungen folgen dabei einem Niedlichkeitstrend, wie man ihn etwa entfernt in den Bilderbuchillustrationen von Bernd Mölck-Tassel oder auch den Comics von Jule K. finden kann. Warum es gerade die Zeichnerinnen sind, die altvordere Traditionen hinter sich lassen, mag der Spekulation anheim gestellt sein. Vermutlich liegt es an der Comiclesesozialisation, die bei Jungs stärker ausgeprägt sein dürfte. Auch wenn jetzt bereits die ersten Jahrgänge an die Hochschulen gelangen, die ausschließlich Mangas verschlungen haben.

Ob die Studierenden denn nun Comics westlicher oder östlicher Provenienz brauchten, um zum Comic zu gelangen, ist schlussendlich egal. Zählen tut lediglich, dass sie in der Klasse von Mike Loos gelandet sind und dort ihren eigenen Comicweg gehen dürfen, der hoffentlich bald eine gut gepflasterte Straße sein wird.

Strichnin. Das Comicmagazin der FH Augsburg

Christian Schläffer hat sicherlich nicht nur Mangas in seiner Zeit gelesen: Sein „Straßenkämpfer“ ist ein Marathonmann im herkömmlichen Sinne. Der hyperrealistische Zeichenstil, die klassische Panelaufteilung, welche bis auf die Figuren leer sind, transportieren die Einsamkeit des Läufers auf der Straße sehr eindrucksvoll.



Mike Loos (Hrsg.):
Strichnin. Das Comicmagazin der FH Augsburg
Ausgabe 2: „Die Straße – darauf, darunter, daneben“
Augsburg: FH Augsburg 2008. 96 S. € 8,50
» www.strichnin-comic.de