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Mascha Kurtz
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Juni 2002
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- daily kurtz -


Freitag, der 28. Juni 2002


Was tun mit der Landschaft?

4

Der Himmel legt sich über die Hügel als wollte er sie ersticken. Alle Bäume triefen wie nasse Hunde. Ein Wind versucht, etwas vor sich herzuschieben, ist aber zu schwach. Der Weg schleppt sich dahin unter diesem Himmel. Ich spüre jede Tonne der Erde unter meinen Füßen. Meine Schuhe bleiben im Lehm stecken; er saugt an mir und will mich in hinabziehen, dorthin, wo blasse Würmer sich durch die Dunkelheit winden. Am Wegrand liegt eine halb verweste Krähe: aufgeweichtes Fleisch, ein harter Schnabel zwischen den Federn.

Oder:
Die Landschaft strahlt, als leuchte sie aus sich selbst heraus. Ein Weizenfeld glüht grüngelb, auf der anderen Seite des Tals lacht ein Rapsfeld. Die Bäume winken mit den Zweigen, die Blätter flattern wie kleine Flügel. Die Luft bettet alles in Wärme, Hitze glasiert die Straße. Die Landschaft öffnet sich nach allen Seiten, weit und klar. Grüne Schatten unter den Bäumen. Alles ist Bewegung. Hügel, Bäume, Straßen, Felder, in Partikel zerlegt, pulverisiert, ordnen sich neu an, als entstünden sie in jeder Sekunde aufs Neue.

Oder:
Die Wolken saugen sich voll mit Schwärze. Am Saum franst der Himmel aus und zerläuft wie Eiweiss. Die Felder zittern. Ein Blitz spaltet den Himmel. Die Landschaft duckt sich vor dem ersten Donnerschlag. Ein Maul verschluckt die Häuser und Straßen. Vom Horizont rollt eine Walze aus Dunkelheit über die Landschaft hinweg. Blitze pflügen die Erde um, Bäume werfen sich in den Sturm. Der Himmel hallt wie eine riesige Glocke, schwingt und vibriert. Alles wird durcheinandergeworfen, nichts bleibt am selben Ort.

Der Landschaft eine Seele zuzumuten, tut der Beschreibung nicht gut.

 
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