daily satt
- daily knörer -
19. Tag: Rathausstraße (Lichtenberg)
Besichtigung: Sonntag, 19.5., 17 Uhr 30 bis 17 Uhr 45
Bei so scheußlichem Nieselwetter will ich gar nicht vor die Tür, suche den Stadtplan ab in nächster Umgebung nach einem vertretbaren R. Rathausstraße, okay, klingt erst mal nicht so glamourös, ist aber doch schon in Lichtenberg. Kaum mehr als zehn Minuten zu Fuß, aber hinaus über die Ring-Center-Doppelmall, die mit einem Fuß diesseits, mit dem anderen jenseits des S-Bahn-Rings steht, gerate ich eher selten. Ein paar Straßen weiter ist die Ex-Stasi-Zentrale und für architektonische Schönheiten ist Lichtenberg nicht gerade bekannt.
Auch nicht für Internationalität, aber da, wo die Rathausstraße von der Frankfurter Allee abgeht, findet sich ein Wirtshaus Fünfländereck. Nun ja, der gute Wille zählt. Direkt gegenüber die Egon-Erwin-Kisch-Stadtteilbibliothek, die ihr Antlitz seit Wendezeiten nicht verändert haben dürfte. Dann wieder zurück auf die andere Seite, unerwartet und auch, wie sich das für diese Kette gehört, wenig einladend: ein Best-Western-Hotel. Darauf folgt erstaunlich viel Grün: eine Polizei-Station, ein kleiner Platz, ein kleiner Park, Bäume am Straßenrand. Am Ende der Straße, in rotem Backstein ziemlich schmuck das Rathaus.
Ich bin dann, ich gesteh's, auf direktem Wege nach Hause geeilt unterm Regenschirm, bin seltsam melancholisch geworden beim Blick in den sonntäglich ausgestorbenen real im Ring-Center und habe mir gedacht, dass nichts trauriger ist als die ihres einzigen Existenzzwecks, der Kaufbarkeit, beraubte Ware. Der Blick von draußen aufs verlassene Regal (nicht im Schaufenster, natürlich) hat was Obszönes, kein Wunder, dass die Supermarktarchitektur ihn in aller Regel nicht erlaubt. Mit der Rathausstraße aber hatten diese Gedanken nichts zu tun, nur mit dem Wetter.