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28. Tag: Xantener Straße (Charlottenburg)
Das Zwischendeck des U-Bahnhofs Adenauer Platz ist, auch wenn das Foto einen ganz anderen Eindruck macht, grell und gelb gekachelt, wie das Bühnenbild einer Inszenierung, die die 80er Jahre nachstellen will. Das passt, denn bis heute ist der Kudamm, dem die Xantener Straße (übrigens die einzige Berliner Straße mit X ) auf kurzer Strecke parallel läuft, seiner Vormauervergangenheit treu, von ein paar nicht gerade kosmetischen Eingriffen vor allem auf Höhe des Kranzlerecks mal abgesehen. Auch die Xantener Straße dürfte sich seit den 80ern kaum verändert haben, es riecht nach selbstzufriedener, dem Glamour ebenso wie dem Interesse am Unbekannten herzlich abgeneigter Westberlin-Mentalität.
Jedes zweite Haus hier, naja, nicht ganz, ist ein Hotel. Vom Xantener Eck im Mietskasernenflair über das Agon, das sozialistischem Stil nachzueifern scheint, dazwischen und daneben kleinere und größere Pensionen. Zwei Friseursalons, von denen der eine, Tonis, überquillt, von außen gut sichtbar, von Pokalen, die man sich erschnitten hat und Urkunden, die auf Preise hinweisen, im Schaufenster ein fünfter Platz bei der Weltmeisterschaft. Ein Museum des eigenen Erfolgs: da muss es jemand sehr nötig haben. Am Ende der Straße ein vorübergehend oder auf immer verlassenes Restaurant, das sich auf sich selbst werbend einen Reim macht: Champagner! Sei's in Torten und Pralinen, das Kaiser-Eck wird Sie verwöhnen. Immerhin, man wird gesiezt, aber diese echt alt-berlinische Werbereimerei ist auch so eine Pest.