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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




3. August 2014
Thomas Vorwerk
für satt.org


Groundhog Day: Heidi II

Besser als Titanic IV

Der Titel des jüngst angelaufenen Sequels 22 Jump Street wirkt auf den ersten Blick etwas rätselhaft. Wird aber schon recht schnell im Film erklärt. Der geheime Treffpunkt der verdeckten Polizeiermittler, eine koreanische Kirche, hat die Adresse (Hausnummer / Straßenname) 21 Jump Street. Im Sequel zieht man auf die gegenüberliegende Straßenseite, wo eine vietnamesische Kirche steht. Und schon früh sieht man auch, dass in der Straße gebaut wird: Coming soon: »23 Jump Street Condomiums«. Das Spiel mit den Sequels treibt der Film im Abspann auf die Spitze, wo unsere Helden wie in einer kaum endenden Fake-Trailershow in immer wieder neuen schulähnlichen Institutionen unterkommen. Ob diese wirklich im Zickzackrhythmus einen größeren Straßenabschnitt abdecken (bis 41 Jump Street geht es), wird hier nicht weiter thematisiert (zumindest der Filmtitel »2121 Jump Street« spricht dagegen) …

Grund genug, mal kurz die Filmgeschichte Revue passieren zu lassen, auf welche Arten man sein Sequel innovativ benennen kann. Einige wiederkehrende Herangehensweisen konnten wir ausmachen:

Selbst wenn man nicht mit der 1 (oder, wahrscheinlicher: keiner Nummer) beginnt, kann man im Sequel immer eins draufsetzen. Aus Ocean's Eleven wird Ocean's Twelve und Ocean's 13, aus The Whole Nine Yards The Whole Ten Yards, und bei den 101 Dalmatians gesellt sich noch ein gepunktetes Fellknäul hinzu: 102 Dalmatians.

Das ohnehin lautmalerische Franchise Splash bot den Zuschauern erstmals eine Zugabe namens Splash, too!, eine Taktik, die man u.a. bei Look who's talking too oder Teen Wolf Too übernahm. Aktuell startet bald Think like a Man too. Gerade bei einem zweiten Teil kann man da viel machen, 2 Fast 2 Furious benutzt zwar die Zahl, aber impliziert das »too« als Steigerung. Die zweite Heimat von Edgar Reitz konnte sich bei den späteren Sequels nicht durchsetzen, weil die zusätzliche Bedeutung des Titels nur hier funktioniert. Schon ganz großes Tennis ist das sehr literarische Wortspiel Garfield: A Tale of Two Kitties. Einerseits bei Charles Dickens stibitzt, andererseits mit den gleichlautenden Vokabeln für »Schwanz« und »Geschichte« gespielt. Relativ weit weg vom Original Chinatown ist The Two Jakes, ansatzweise auch ein Beispiel für die Rubrik »Mehrzahl oder mehr«. Vermutlich Zufall ist es aber bei Lord of the Rings: The Two Towers. Der knuddeligste Oger weit und breit übernimmt diese Vorgehensweise gleich in zwei Sequels: Shrek the Third hat tatsächlich ein Zahlwort, das hier aber auch Handlungsbedeutung hat. Und Shrek Forever After hat die 4 sehr kreativ eingebaut und ein wenig versteckt. Zwar herkömmlich durchnumeriert, aber mit dem multilingualen Anschein von internationalem Flair gibt sich Hot Shots! Part Deux, wobei man aber im Endeffekt nur die stolze amerikanische Ignoranz gegenüber Frankreich als Teil von »Old Europe« (und etwaigen Kulturansprüchen, die der Film nicht erfüllt) thematisiert. Diese Überheblichkeit hat man in den Staaten schon seit Chuck Jones' Pepe Le Pew kultiviert: Europa ist nicht nur so alt, dass es stinkt, die sprachliche Eleganz erschöpft sich auch in ein paar aufgeschnappten Brocken (immer wieder schön, wenn »femme« falsch ausgesprochen wird), hier minimalisiert in einem einzigen Artikel: Die Zeichentrickserie um ein Stinktier mit Datingproblemen spielte zwar in Paris, für das amerikanische Publikum erschöpfte sich aber die sprachliche Varianz in Schildern wie »Le Hospital« oder »Le Cemetery«. Entsprechendes gibt es auch mit deutschen Artikeln, aber ich schweife ab.

Eine Variation zum Durchnumerieren ist die Anbringung einer Jahreszahl. Oft sind das keine waschechten Sequels, sondern gerade in der Frühzeit nutzte man Filmtitel wie Gold Diggers of 1933 bzw. Gold Diggers of 1935, um dem Kinopublikum (DVDs und Fernsehauswertung waren da noch nicht so wichtig) die Aktualität eines Films deutlich zu machen. Wenn der Originalfilm schon eine Jahresangabe hatte, drängt sich diese Herangehensweise natürlich auf, beispielsweise bei 2010, dem Sequel zum Kubrick-Film (Dar Jahr, in dem wir »Kontakt aufnehmen«, lag seinerzeit 1984 immer noch in weiter Ferne). Heutzutage sind solche Titel eher selten, weil die Folgeauswertung gerade durch die betonte schnell verloren gehende Aktualität scheitern könnte. Am ehesten eignen sich Jahreszahlen mit Bedeutungscharakter, etwa bei Blues Brothers 2000 oder Fantasia 2000. Ein bemerkenswerter Einzelfall, bei dem man sich sogar absichtlich auf ein vergangenes Jahr bezieht, kam 2003 in die deutschen Kinos. Marco Petrys Die Klasse von '99 – Schule war gestern, Leben ist jetzt bezog sich auf einen Film von 1999, dessen Titel Schule im neuen, etwas umständlich langen Zusatztitel beinahe versteckt wirkte. Piranha 3DD

Das Prinzip »schneller, größer, weiter« wurde schon recht früh umgesetzt, bei For a Few Dollars More, der Fortsetzung zu A Fistful of Dollars. Mit einer Steigerung arbeiten Die Harder, Grumpier Old Men oder Dumb and Dumberer. Aliens ist zunächst noch der Plural von Alien (und es geht tatsächlich um mehrere Weltraummonster), beim dritten Film bemühte man dann sogar eine Potenz (Alien?), obwohl die Handlung bei der reinen Anzahl der Inflation entgegenwirkt. Das selbe Prinzip hat man auch bei den Predators angewendet, kurz gefasst erlauben mehr Monster auch mehr Splattereffekte. In die selbe Richtung gehen Big Mommas: Like Father, Like Son oder Anacondas: The Hunt for the Blood Orchid. Mein liebstes Beispiel für eine smarte »Vergrößerung« ist aber klar (auch, wenn der Film schlimmer Mist ist) Piranha 3DD. Wenn man sich schon in der dritten Dimension befindet, lässt man halt die Körbchengröße anwachsen.

Immer sklavisch 1, 2, 3 und 4 hat man ja schon oben zu umgehen versucht. Es geht aber auch so: Naked Gun 2 1/2: The Smell of Fear gefolgt von Naked Gun 33 1/3: The Final Insult. Man erkennt noch vage, um welchen Teil es geht, der Zusatztitel steht für markige Absurdität innerhalb des parodierten Genres. Anstelle einer Zahl oder etwas zahlähnlichem kann man auch andere Worte benutzen. Etwa Another 48 Hrs. oder Another Stakeout (historischer Vorläufer: Another Thin Man), aber es gibt auch Worte, die sich im Verlauf der Filmgeschichte langsam zu Sequel-Markierern entwickelten: Beliebt sind etwa familäre Beziehungen wie in Bride of Frankenstein (ein echter Klassiker) oder Bride of Re-Animator (für jede der nachfolgenden Ansätze gibt es reichlich Beispiele), es funktioniert aber genau so gut mit dem Sohn wie bei Son of the Mask. Oder so etwas wie The Curse of the Cat People oder Curse of Chucky. Relativ offensichtlich ist die Rückkehr als Sequel-Indikator: Return to the Blue Lagoon, Cocoon: The Return oder meinetwegen auch Return of the Jedi. Als schleichenden Übergang zur nächsten Kategorie bietet sich die Pink-Panther-Serie an: Revenge of the Pink Panther, Trail of the Pink Panther, Curse ..., Son ... usw. Man kombiniert einfach ein sequeltaugliches Wort mit der Bezeichnung für's Franchise (obwohl es in den Filmen nie wieder um den Edelstein geht und auch nur in den Credits um die Zeichentrickfigur, sondern immer um Inspector Clouseau). Einige weitere Beispiele dieser Kategorie: Mr. Bean's Holiday, Tron: Legacy, Johnny English Reborn, Alien Resurrection, Fletch Lives, Machete Kills, Rugrats Go Wild.

Ziemlich clever, weil es nicht nur auf die eigene Sequelhaftigkeit hinweist, sondern auch auf ein anderes Sequel, dem man nacheifert, war Jay and Silent Bob Strike Back, nebenbei auch ein Beispiel für die folgende Kategorie.

Der Titel der Franchise kann oft auch ein Name sein, der im Originalfilm gar nicht Titelbestandteil war. Mein liebstes Beispiel: Rooster Cogburn (so hieß die von John Wayne gespielte Hauptfigur in True Grit, die noch einen zweiten Film bekam), weitaus bekannter sind aber Indiana Jones [and ...], die Hauptfigur aus Raiders of the Lost Ark (der später im Heimvideosegment manchmal umbenannt wurde) sowie die Serie um Rambo, der ursprünglich im Filmtitel First Blood auch nicht vorkam. Der zweite Film der Serie hätte ja auch »Second Blood« heißen können, wäre aber schnell reichlich lachhaft geworden. Sylvester Stallone hat in seiner Spätphase auch die Idee gehabt, sich vom Durchzählen abzusetzen, indem er den vermeintlich »ultimativen« Film liefert, der dann John Rambo oder Rocky Balboa heißt. Ähnlich ist auch die Entwicklung von Pitch Black über The Chronicles of Riddick zu Riddick. Wenn man zu Beginn den Erfolg noch nicht antizipiert, kann es später kompliziert werden, insbesondere bei den Riddick-Filmen ist die Reihenfolge für Uneingeweihte nicht offensichtlich.

Namensvariationen sind auch sehr hübsch bei Dirty Harry, bei dem erste Sequel Callahan hieß (Harrys Nachname), ehe man sich doch dafür entschied, die Bekanntheit des Spitznamens voll auszuschlachten.

Einen Spitznamen als Sequelindikator gibt es übrigens auch bei John Updikes »Rabbit«-Büchern, wobei er auch noch mit wohlklingenden Alliterationen arbeitete: Run, Rabbit, Run, Rabbit Redux, Rabbit is Rich und Rabbit at Rest. Dawn of the Dead

Eine der schönsten Kategorien im Sequelbenennungsgeschäft sind die »Signalworte«. Die Namen wurden schon abgehandelt, aber es bedarf viel weniger. Das simpelste aller Signalworte ist »Dead«. Vier popelige Buchstaben, die die geamte Zombier-Reihe von George A. Romero zusammen hält. Es begann mit Night of the Living Dead, auf das »living« verzichtete man dann in Dawn of the Dead und den Folgefilmen Day of the Dead (Tageszeiten erschöpfen sich schnell), Land of the Dead, Diary of the Dead und Survival of the Dead. Ich warte immer noch darauf, dass jemand meine Idee für ein Zombie-Musical aufgreift, das die beliebten Anfangsworte »The hills are alive with the sound of music« (die filmische Herkunft sollte offensichtlich sein) in »the streets are alive with the sound of the dead« umschreibt.

Das Problem mit den Tageszeiten hat auch Richard Linklater mit Before Sunrise, Before Sunset und Before Midnight, wie gut die Sache mit den Signalworten funktioniert, kann man auch schön hier belegen: American Pie, American Wedding, American Reunion. Dürfte eigentlich nicht funktionieren, weil das Signalwort (insbesondere in den USA) so allgegenwärtig ist, aber es klappt irgendwie doch. Powaqqatsi (Nachfolger zu Koyaanisqatsi) baut darauf, dass man bereits das »-qatsi« wiedererkennt.

Manchmal nimmt man auch zwei Signalworte: Aus 28 Days Later wird 28 Weeks Later (der Nachfolger floppte ausreichend, um uns »Monate« und »Jahre« zu ersparen). Oder man variiert das Signalwort: Meet the Parents, Meet the Fockers, Litttle Fockers.

Manchmal ist es auch ein ganzer »Signalsatz«, in dem nur ein Wort verändert wird: I know what you did last summer, I still know what you did last summer, I will always know what you did last summer – Interessant ist hierbei, dass der Sommer immer halbwegs aktuell bleibt (man könnte ja auch wissen, was sich vor vier Sommern abgespielt hat).

Auch möglich ist ein langer Satz, in dem man ein Signalwort und die handlungsbestimmende Satzstruktur aufgreift: Honey, I shrunk the Kids, Honey, I blew up the kids und Honey, we shrunk ourselves

Weitere Beispiele für Signalworte: Analyze That (Sequel zu Analyze This), Wrath of the Titans (zu Clash of the Titans) und Shanghai Knights (zu Shanghai Noon). Die Shanghai-Kiste ist besonders wackelig, weil man nach dem gelungenen Wortspiel im Original (High Noon ist der Originaltitel des Westernklassikers 12 Uhr mittags, der Begriff wird öfters mal im Zusammenhang mit Showdowns verwendet) ein eher schwaches Wortspiel folgen lässt (aus Mittag wird Nacht, aus Cowboys werden Ritter).

An American Werewolf in London zieht nach Paris um, Deux jours à Paris wird mit 2 Days in New York fortgesetzt und auf Escape from New York folgt Escape from L.A.. Möglich ist aber auch eine Kontinentalverschiebung: Deuce Bigalow: American Gigolo wird Deuce Bigalow: European Gigolo. Oder eine Variation wie das Westworld-Sequel, das nach einer bestimmten Sektion des Vergnügungspark, in diesem Fall Futureworld, benannt wurde. Big-Top Pee Wee

Fast Five ist eine Verkürzung auf ein Signalwort (»Furious« fiel weg), ergänzt durch eine »normale« Numerierung, wirkt aber durch die Alliteration besonders schnittig.

Die Hard 4.0 (nicht der offizielle Titel, aber der bessere) bringt gut den Handlungspunkt Computerhacking rüber.

The Final Destination emanzipiert sich durch den bestimmten Artikel von der durchnumerierten Serie, will den »ultimativen« Film der Serie liefern. Wenn man für den deutschen Titel einfach eine 4 hinten dran pappt, wirkt das natürlich schwach, aber spätestens, als dann Final Destination 5 folgte, sah man, dass Warner Bros Deutschland seherische Fähigkeiten gehabt haben muss.

Halloween H20: 20 Years Later impliziert ein wenig, es sei bereits der zwanzigste Film der Reihe.

Und die vielleicht am subtilsten angedeutete Filmreihe ist meines Erachtens L'auberge espanole, Les poupées russes und Casse-tête chinois. Jeweils ein Nationalitäten-Adjektiv am Schluss, die Filmtitel sind innerhalb der Filme auch Buchtitel der Hauptfigur, eines Schriftstellers, und wenn man es nicht weiß oder durch einen Hinweis auf dem Plakat drauf hingewiesen wird, merkt man es nicht.

Ein Text, der (abgesehen von der Inspiration) abseits der aktuellen Kinostart-Berichterstattung stattfindet, ist schon etwas besonderes. Falls dies dem werten Leser (oder der hochgeschätzen Leserin) zusagt, so bittet der Filmredakteur alle Facebook-User, doch mal auf facebook.com/satt.org vorbeizuschauen, und das »Gefällt mir!«-Häkchen für die Seite zu setzen.