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20.04.2003 Lyrik.Log Die wöchentliche Gedichtanthologie (2003-2005). Herausgegeben von Ron Winkler. 99: Oswald Egger 98: Arne Rautenberg 97: Achim Wagner 96: Uljana Wolf 95: José F.A. Oliver 94: Maik Lippert 93: Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki 92: Kurt Drawert 91: Holger Benkel 90: Brigitte Fuchs 89: Uwe Tellkamp 88: Tobias Grüterich 87: Uwe Kolbe 86: Clemens Kuhnert 85: Gerhard Falkner 84: Franzobel 83: Wojciech Izaak Strugala 82: Lutz Rathenow 81: Iain Galbraith* 80: Nicolai Kobus 79: Jürgen Theobaldy 78: Rainer Stolz 77: Wilhelm Bartsch 76: Nico Bleutge 75: Mikael Vogel 74: Raphael Urweider 73: Eberhard Häfner 72: Andrej Glusgold 71: Joachim Sartorius 70: Björn Kuhligk 69: Christopher Edgar* 68: Crauss 67: Denise Duhamel 66: Richard Pietraß 65: Norbert Hummelt 64: Nikola Richter 63: Richard Dove 62: Volker Sielaff 61: Günter Kunert 60: Hendrik Rost 59: Lydia Daher 58: Thomas Böhme 57: Florian Voß 56: Franz Hodjak 55: Adrian Kasnitz 54: Marcel Beyer 53: Steffen Brenner* 52: Rotraud Sarker 51: Sabina Naef* 50: Morten Klintø* 49: Renatus Deckert 47: Jan Wagner 46: Emma Lew 45: Gintaras Grajauskas 44: Matthias Göritz 43: Paulus Böhmer* 42: Birte Wolmeyer 41: Christian Lehnert 40: Daniela Danz 39: Hauke Hückstädt 38: Ilma Rakusa 37: Gerald Fiebig 36: Anna Hoffmann 35: René Hamann 34: Oskar Pastior* 33: Tom Schulz 32: Monika Rinck* 31: Mirko Bonné 30: Said 29: Daniela Seel 28: Olga Martynova » Internodium 27: Helwig Brunner* 26: Lutz Seiler 25: Ulf Stolterfoht 24: Nick Riemer 23: Elke Erb 22: William Stone 21: Daniel Falb 20: Raoul Schrott* 19: Ulrike Draesner* 18: Stan Lafleur 17: Silke Scheuermann 16: Jörg Schieke 15: Jan Volker Röhnert 14: Marion Poschmann* 13: Anne Beresford* 12: Lars-Arvid Brischke 11: Bert Papenfuß 10: Volker Braun 09: Cornelia Schmerle 08: Guy Helminger 07: Michael Hamburger* 06: Hartwig Mauritz 05: Jürgen Nendza 04: Maren Ruben 03: Frans Budé 02: Friederike Mayröcker* 01: Andreas Altmann* * mit Anmerkungen Die Rechte an den Texten liegen, soweit nicht anders gekennzeichnet, bei den jeweiligen Autoren. (Betrifft den Zeitpunkt der Veröffentlichung) |
Lyrik.Log 13Anne BeresfordIm SchwebenDer Pilot sagt uns wir sind zum Take-off bereit. Zeit, Abschied zu nehmen von den Bergen, dem See mit seinen vielen Säumen und Freunden, die uns noch gestern küssten. Erinnerung verliert sich im Straßengewirr übermäßig besuchter Städte. Eben vergeht sie in Wolkenfetzen. Alle Reisen sind zweischneidig, alle Landungen, weich oder rüttelnd, tragen einen Zug von Angst. Gott weiß wohin wir als nächstes fliegen – wir setzen auf etwas Ruhiges und Nettes: wo Schafe friedlich grasen können und Bäume rezitieren Poesie. AirborneThe Pilot tells us we are ready for take-off. Farewell to the mountains, the lake with its many borders and friends who kissed us yesterday. Memory loses its way in the crowded streets of towns visited too often. Now it fades in swirls of cloud. All journeys are double-edged – all landings, whether smooth or bumpy, hold an element of fear. God knows where we’ll fly to next, we hope somewhere calm and pleasant where sheep may safely graze and trees recite poetry. Anne Beresford geboren 1929, lebt im englischen Middleton, Suffolk. Zuletzt publizierte sie die Lyrikbände No Place for Cowards (Katabasis, London 1998) und Hearing Things (Katabasis, 2002). Zudem erschien 1997 bei Agenda Editions Selected and New Poems. Übertragungen ins Deutsche finden sich in Charm with Stones. Zauberspruch mit Steinen (konkursbuch Verlag, Tübingen 1993). Die Übersetzung von Airborne besorgte Ron Winkler. Crauss schreibt über das Gedicht: there is no pilot!
Gott weiss, wohin wir als nächstes verweht werden. wozu also brauchen wir einen captain. reisen ist ein zweischneidiger spiegel. nach vorn gehn und nach hinten sehn. sich nach der vergangenheit wenden und das zukünftige konkav erblicken. please extinguish all cigarettes. we are about to attempt a crash landing. es ist zeit, abschied zu nehmen, schon beim start. da erst recht. wir haben uns wohl gefühlt bei den freunden, die uns gern küssten, am see mit den vielen säumen – versäumnissen –, den überbordenden möglichkeiten. das ufer ist eine entscheidung. wir konnten die zeit verstreichen und unsern reiseführer für eine weile einen guten mann sein lassen. erst als es herbst wurde, begannen wir, weiter zu wehen. wir haben vieles und wir selbst wurden versäumt; der see ein spiegel, der uns bereits die wolken blicken liess, die unsere erinnerung zerfetzte, bevor sie überhaupt einsetzte. put your hands over your eyes. i’ve got a funny feeling, i’ve seen this all before. der bewusstseinsfluss verliert sich auf der speicherkarte, irgendwo in einer auslagerungsdatei; cityscape hinterhof: da unten sollen wir vorgestern noch gewesen sein? niemals. Gott weiss, wo wir landen und wie. vom flug bekommen wir garnichts mit. sind wir denn eingenickt, erinnerungen nachgehangen? put your hands over your eyes. jump out of the plane. there is no pilot. all journeys are double-edged, nicht nur, wenn wir in bewegung sind, sondern erst recht an jedem einzelnen punkt der strecke. dennoch: zurück gehts nicht. die landung ist weich, darauf vertrauen wir. etwas ruhiges, nettes: wo schafe friedlich grasen. schlafwesen, in deren körpern nacht hängt und entpflichtung. das lasen wir bei Ron Winkler über Poschmanns grund zu schafen. das fanden wir wahr. wenn wir zwischen den schafen schlafen, sind wir der abgehangenen gedanken ledig. wenn wir unter bäumen landen, werden uns neue eingeflüstert. die festen bäume, die den schafen einen grund geben und uns einen halt. bis zum nächsten herbst. wer einem baum begegnet, beendet die reise. bäume gehen in die zeit, nicht in den raum. nicht mehr nötig zu wissen, ob es überhaupt einen piloten gab auf der reise ins jetzt. from the air kommen wir her, sagt Laurie Anderson. |
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