Lyrik.Log 63

In den Untiefen liegen wir, suchen
im stinkenden Schwefel das ewige Leben
(auf jedem Nachttisch zuhause liegt Wellness,
Boethius’ neuester Ratgeber-Hit).
Libellen huschen an Schläfen vorbei.
Ein Killerdog streift mein Knie
und lächelt lammfromm in die Runde.
Die Brücke, verfallend, führt noch hinüber
ins sprießende Jenseits
("da wo die Toskana am unberührtesten ist").
Bei dieser Hitze geht die Seele
mühelos über in andere Dinge:
The great chain of being (Arthur O. Lovejoy),
Du atmest aus und ein und beim Sterben
atmest du eben nur aus (Dalai Lama).
Hinter mir spreizt sich ein Pfauenrad aus Metapunks
und tauscht sich mit Touristen aus:
Er hat 15 Kampfhunde – keiner beißt.
In Deutschland ist das nicht möglich – sofort Gefängnis.
Der am stärksten Tatöwierte (Typ Aztek) schaut sich
kurz mein Buch an, als er vorbeigeht
mit der nächsten leeren Bierflasche.
"Was ist das?" Ich halt’s ihm hin. Er liest zwei Wörter
und Beileidsschlaf getragen in den limpiden Mittag.
"Das kommt von weit her" sagt er. "Das ist gut", erwidere ich.
Und dann ergänzt seine Stimme hinter den vielfachen Piercings
"Ich bin eine weibliche Fee!" "Ist auch gut" tönt mein Mund.
Spricht man so mit einem Schamanen?
Später, als es schon zu spät ist, möcht ich noch wissen,
wie auf ihn anderes aus jenem Band
Mayröckerscher Gedichte wirkt:

(Um die Nüstern das schrullig Kursive: ICH..)


Richard Dove