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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




6. Juni 2008
Kirsten Reimers
für satt.org

Mordsmäßig1

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Allerfeinster Schund!
Hard Case Crime in deutscher Sprache bei Rotbuch.

Seit 2004 geben Charles Ardai und Max Phillips in ihrer viel beachteten Reihe Hard Case Crime hard-boiled Romane heraus. Darunter finden sich alte Schätze aus den 60er oder 70er Jahren, aber auch aktuelle Neuerscheinungen, alle hübsch als Taschenbuch mit grellen Schundliteraturcover. Rotbuch hat die deutschsprachigen Rechte erworben und bringt (hoffentlich) alle Romane der Reihe heraus – inzwischen immerhin mehr als vierzig.

Den Auftakt machen drei Bücher von vier Autoren, die im angloamerikanischen Raum zum Teil sehr populär, hierzulande aber nur wenig bekannt sind: „Abzocker“ von Lawrence Block, „Flop“ von Ken Bruen und Jason Starr sowie „Abschied ohne Küsse“ von Allan Guthrie.

Lawrence Block: Abzocker

Die ersten beiden spielen mit dem klassischen Dreiecksplot: ein Liebespaar mit einem Ehepartner zu viel. Bei Lawrence Block („Abzocker“, Originaltitel: „Grifter’s Game“, aus dem Jahr 1961), ist es die junge Mona. Sie ist verheirate mit einem alten, reichen Kerl und bandelt mit dem jungen, mittellosen Gigolo Joe Marlin an. Bald ist klar: Mona will das Geld und den Jüngeren (das behauptet sie zumindest), eine Scheidung kommt nicht in Frage, denn wir befinden uns in den späten 50er Jahren und im gnadenlosen Milieu des Drogenhandels. Die Lösung? Eindeutig: Der Alte muss fort, und zwar endgültig. Die Schmutzarbeit übernimmt Marlin. Es kommt, wie es kommen muss: Mona hat ihren Lover nur benutzt und lässt ihn eiskalt fallen. So weit, so gut, so bekannt. Aber dieser derart oft durchgenudelte Plot gewinnt bei Block eine neue Qualität. Denn wer die Dynamik dieses Beziehungsgeflechts wirklich zu Ende denkt, so wie es die Hauptfigur des Romans macht, der weiß, was wirklich zu tun ist. Was auf den ersten Blick so konventionell wirkt, entwickelt sich zu etwas beunruhigend Abgründigem. Hoffnungen, Enttäuschungen, Konsequenzen, Leidenschaften – und doch bleibt der Ton des Romans elegant, durchdacht, geradezu höflich. Ein wunderbares Werk.

Ken Bruen, Jason Starr: Flop

Ken Bruen und Jason Starr wählen eine andere Variante der Geschichte. In ihrem Roman „Flop“ (Originaltitel: „Bust“, von 2006) ist es Max Fisher – reich, alt, schmierig –, der für seine Geliebte – jung und heiß – die Ehefrau – alt und störend – los werden will. Also engagiert er einen Killer. Dumm nur, dass dieser ein unkontrollierbarer Psychopath und der Geliebte der Geliebten ist. Um das Kleeblatt perfekt zu machen, kommt ein Erpresser mit geheimnissprengenden Fotos hinzu. Alle vier verfolgen ein Ziel: Geld. Und sie haben keine Skrupel, sich gegeneinander auszuspielen – am besten hübsch endgültig. Das ist alles sehr schön überspannt, fast bis zur Hysterie ausgereizt. Die Figuren sind prall lebendig, eine unmoralischer, skrupelloser und hinterhältiger als die andere, dass es eine wahre Lust ist, diesen wunderbar witzigen, respektlosen und beißenden Roman mit einer geradezu widerwärtigen Freude zu lesen. Spitzenschund!

Allan Guthrie: Abschied ohne Küsse

Im Vergleich zu den beiden Ehebruchsszenarien fällt Allan Guthries Rachedrama „Abschied ohne Küsse“ (Originaltitel: „Kiss her goodbye“, aus dem Jahr 2005) etwas ab. Ein Vater sucht den Schuldigen am Selbstmord seiner Tochter. Da ihm auch noch der Mord an seiner Ehefrau unterschoben wird, hat er jede Menge zu tun und muss sich gegen verschiedene Seiten verteidigen. Die Hauptfigur ist nicht uninteressant: Joe Hope hat mal studiert, bevor er für seinen Freund Cooper zum baseballschlägerschwingenden Schuldeneintreiber wurde. Darum ist da eine Restintelligenz und Reflexionsfähigkeit, die ungewöhnlich für das Figurenklischee ist. Aber das hilft leider nicht viel. Denn es gibt andere Stereotype, die viel zu ungebrochen bedient werden und die viel zu kuschelig sind für diese harte Reihe. Da ist die Hure mit dem goldenen Herzen, da ist der raubeinige Kerl, der im weichen Kern doch eine Menge Sensibilität versteckt hält – und letztlich wird dann doch fast alles gut. Obendrein weiß man schon verhältnismäßig bald, worauf das hinausläuft und wie alles zusammenhängt. Der Roman ist nicht schlecht, doch im Rahmen dieser Reihe ist das Kriminellenmilieu, in dem die Geschichte spielt, viel zu heil und restmoralisch. Hier fehlt der Abgrund, der die beiden anderen Romane zu virtuosen Seiltänzen verführt. Hier ist das Land platt. Schade.



Lawrence Block: Abzocker
Aus dem Englischen von Ludwig Nage
Rotbuch 2008, 220 Seiten, € 9,90
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Ken Bruen, Jason Starr: Flop
Aus dem Englischen von Richard Betzenbichler
Rotbuch 2008, 288 Seiten, € 9,90
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Allan Guthrie: Abschied ohne Küsse
Aus dem Englischen von Gerold Hens
Rotbuch 2008, 285 Seiten, € 9,90
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