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29. Januar 2015 | Kirsten Reimers für satt.org |
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7101 | 02 | 03 | 04 | 05 | 06 | 07 | 08 | 09 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 »Für Sie immer noch Lady Bag!«
Die Pennerin mit dem Hund – so wird sie genannt, und so nennt sie sich auch selbst. Die Obdachlose, die nach einer ausreichenden Menge vom algerischen Roten kontrovers mit ihrer Hündin Elektra diskutiert, hat nicht immer auf der Straße gelebt. Bis vor ein paar Jahren war sie in gehobener Stellung in einer Bank tätig – bis sie sich auf krumme Geschäfte einließ, die gesamte Schuld auf sich nahm und ins Gefängnis ging. Alles aus Liebe. Wieder draußen, fand sie keinen Weg zurück in die bürgerliche Gesellschaft und lebt nun auf der Straße. Bis sie eines Tages auf den Straßen Londons den Mann wiedertrifft, der ihr Liebe schwor, sie ausnutzte und dann wegwarf. Sie folgt ihm – dem Leibhaftigen, Ashomdai, dem Herren über Spinnen und Fliegen – und gerät in ein Netz aus Gewalt, Mord, Diebstahl. »Lady Bag« spielt am Rand der Gesellschaft, konsequent geschildert aus der Perspektive der Hauptfigur. Die Figuren leben in einer Parallelwelt, die nach sehr eigenen Regeln funktioniert – Regeln, die auf die harte Tour erlernt werden müssen. Die Hauptfigur, die Baglady, hat viel verloren, doch nicht ihren Stolz – »Für Sie immer noch Lady Bag!« –, ihr großes Herz, ihren kritischen Geist und ihren Humor. Angst, Gewalt und Freundschaft Der Mord, den die Baglady aufklärt, klammert das Geschehen zusammen, ohne wirklich zentral zu sein. Weit mehr geht es in Liza Codys Roman um das Leben auf der Straße, um die Angst und Gewalt, um die Demütigung und Kriminalisierung von Menschen, die nicht den gängigen Normen entsprechen. Und um die wenigen Momente von Freundschaft und Sicherheit, die sofort wieder wegbrechen können. Einer ihrer wenigen Vertrauten ist Schmister (der Name ist eine Mischung aus Schwester und Mister), eine Transe mit fataler Vorliebe für üble Männer. Die Baglady liebt und hasst ihn/sie gleichzeitig, besonders dann, wenn sich Schmister zum Opferweibchen macht, statt eine starke und eigenständige Frauenrolle anzustreben – denn schließlich hat er/sie die Wahl hat, wie und was er/sie sein möchte. Temporeich, mit dunklem und sagenhaft komischen Witz, der nie ins Zynische kippt, ohne rührselige Sentimentalitäten und Schuldzuschreibungen, dafür mit einem Gespür für absurde Situationen und gesellschaftliche Abgründe legt Liza Cody nach so vielen Jahren endlich wieder einen Krimi vor – und was für einen! Hochverdient auf Platz 2 des Deutschen KrimiPreises (Kategorie International).
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