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13. Juli 2012 | Kirsten Reimers für satt.org |
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6901 | 02 | 03 | 04 | 05 | 06 | 07 | 08 | 09 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 Im eiskalten Haifischbecken
Viel tiefer geht’s nicht: Detective Constable Nick Belsey erwacht verkatert, dreckig und blutig zerkratzt im Hampstead Heath, einem Park im Norden Londons. Auf dem Parkplatz steht der Streifenwagen, den er am Abend zuvor im Vollrausch gestohlen und zu Schrott gefahren hat. Nach Jahren der Spielsucht und dank eines ausgewachsenen Alkoholproblems ist der Polizist nun so pleite, dass er sogar aus der heruntergekommenen Absteige, in der er zuletzt gewohnt hat, hinausgeworfen wurde. Eigentlich ist er vom Dienst suspendiert, doch bislang konnte er das vor seinen Kollegen und sogar vor seinem direkten Vorgesetzten verbergen. Als die Meldung hereinkommt, dass ein russischer Milliardär vermisst wird, ergreift Belsey die Chance: Er nimmt die Identität des Vermissten an, schläft in dessen Haus und versucht, dessen Konten zu plündern, um sich ins Ausland abzusetzen – und zwar in ein Land ohne Auslieferungsabkommen mit Großbritannien. Seine Kenntnisse als Polizist und seine Kontakte zu verschiedenen Ermittlungseinheiten sind ihm bei seinem Vorhaben eine große Hilfe. Doch Belsey muss feststellen, dass er nicht der Einzige ist, der sich für den verschwundenen Oligarchen interessiert – und dass der Milliardär offensichtlich in reichlich krumme Geschäfte verwickelt war. Schnell, schwarz, abgründig »London Killing« ist das überraschende Debüt von Oliver Harris – schnell, unvorhersehbar, unverfroren und schnoddrig, mit einer großen Portion schwarzer Ironie. Mit wenigen Worten zeichnet Harris atmosphärisch dichte und aussagekräftige Bilder der City of London und seiner geldgetriebenen Gesellschaft. Seine Hauptfigur ist kein charmantes Schlitzohr, sondern ein abgewrackter Kerl mit fragwürdiger Moral und handfesten Problemen. Allerdings ist er nicht korrupt wie viele andere in Polizeiapparat und Stadtverwaltung. Belsey nimmt nur Geld von Menschen, denen das nicht weiter wehtut. Darin wirkt er fast rührend naiv, denn seine Gegenspieler sind um Längen skrupelloser. Im eiskalten Haifischbecken des internationalen Finanzplatzes London ist Belsey nur ein kleiner, unerfahrener Fisch – allerdings ein ziemlich dreister. In der Ich-Perspektive geschrieben, werden Belseys Betrügereien weder entschuldigt noch verurteilt. Das verleiht dem Buch eine grandiose Abgebrühtheit, einen sehr lakonischen Ton und einen scharfzüngigen Witz. In seinem Bemühen, verborgene Konten aufzuspüren und Kapital aus dem aktuellen Großprojekt des Milliardärs zu schlagen, deckt Belsey nach und nach – und eher ein wenig unwillig – die Hintergründe eines riesigen Betrugs auf, in den russische wie chinesische Glücksspielkartelle, saudische Prinzen, das FBI sowie Londoner Honoratioren und Banker verwickelt sind. Ein komplexes Konstrukt, in dessen Herz sich aber doch sehr menschliche Sehnsüchte finden: Gier und der Wunsch nach Anerkennung. Damit ist Oliver Harris’ Kriminalroman auch ein treffender Kommentar zur Finanzbranche und ihren Triebfedern.
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