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3. Juli 2011 | Kirsten Reimers für satt.org |
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6401 | 02 | 03 | 04 | 05 | 06 | 07 | 08 | 09 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 Das Morden im Walde
Kurz vor Einbruch des Winters erreicht ein Fremder ein abgelegenes Tal irgendwo hoch oben in den Bergen. Seiner Bitte um Quartier kommen die wortkargen Talbewohner nur widerwillig nach. Es ist eine sehr isolierte Gemeinschaft, beherrscht vom Großbauern Brenner und seinen sechs Söhnen. Mit dem ersten Schnee ist das Tal von der Außenwelt abgeschnitten und wird es bis zur Schmelze im Frühjahr bleiben. In dieser Abgeschiedenheit sterben kurz hintereinander zwei der Brenner-Söhne. Zunächst scheint es sich um Unfälle zu handeln, wie sie in dieser rauen Umgebung unvermeidlich sind. Doch nach und nach wird deutlich: Es steckt viel, sehr viel mehr dahinter. Der Bauer schaute Greider ins Gesicht und sagte: »Die wer’n zu uns kommen.« Und das war – mehr die Bekundung einer Furcht – eine Anklage und eine Herausforderung des Fremden. Thomas Willmanns Debütroman ist eine sehr finstere, sehr archaische und sehr spannende Rachegeschichte, angesiedelt im späten 19. Jahrhundert und stark beeinflusst von Ludwig Ganghofer, Sergio Leone, Cormac McCarthy und Quentin Tarantino. Gekonnt mixt der Autor Elemente der Heimatliteratur und des Italowesterns, um eine klaustrophobische Atmosphäre, geprägt von Gewalt und harschen patriarchalen Strukturen, zu schaffen – und das vor der Kulisse einer weitgehend unberührten und vollkommen ungerührten Natur. In Stil und Ausstattung, in ungeheuer dichten und stimmigen Bildern fängt Willmann das 19. Jahrhundert souverän ein, und dank der gelungen eingesetzten Filmzitate erhält das abgekaute Genre des Heimatromans einen bitter-ironischen Dreh. Unerwartet brüchige Figuren unterwandern drohende Klischees, unterstreichen das bestechende Konzept eines Heimatwesterns und bewahren das Buch davor, in die belanglose Kitschkiste zu rutschen. Stattdessen wird offenbar, was sich dahinter verbirgt: ganz grandioser Trash.
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